AW: DER Thread für politisch Interessierte
Oje. Ja natürlich, wenn wir erst einmal alles dereguliert haben und die freien Kräfte des Marktes walten, wird jeder reicher werden. Unglaublich, dass jemand diesen neoliberalen Schrott noch vertreten kann. Hast du die letzten 30 Jahre im Komma verbracht?
Die Grenzen des Wachstums in den Industriestaaten sind seit vielen Jahren erreicht. Es wird höchste Zeit, dass wir dieses unsinnige Wachstumsparadigma, das ganz nebenbei unseren Planeten zerstört, über Bord werfen und endlich beginnen uns in Richtung einer shared economy zu entwickeln. Hierzu ist eine Umverteilung des Wohlstandes eine zwingende Voraussetzung, denn anders wird unsere spätkapitalistische Ordnung sehr bald nicht mehr akzeptiert werden. Ihr größtes Versprechen zu einem beständigen Wachsen der Mittelschicht beizutragen, erfüllt sie nämlich spätestens seit Reagan und Thatcher nicht mehr.
In der Tat hat auch in den letzten dreißig Jahren eine Umverteilung stattgefunden. Eine Umverteilung, die u.a. durch die Deregulierung der Finanzmärkte und die Senkung des Spitzensteuersatzes das Vermögen des wohlhabenden 1% auf neue Rekordhöhen schießen ließ, während sich die 99% durch Verschuldung vor dem sozialen Abstieg zu retten versuchen, denn ein Netto-Anstieg ihres Lohnniveaus fand ja nicht mehr statt.
Und was wäre so schlimm, wenn der Staat reicher werden würde? Gott bewahre, er könnte im Falle der USA tatsächlich einmal Geld in ein vollkommen verkommenes Bildungssystem und eine Infrastruktur pumpen, die sich langsam auf 3-Welt-Niveau befindet. Was für ein Alptraumszenario!
Weißt du, welche Zeit die Amerikaner als das "Golden Age of Capitalism" bezeichen. Die 50er-70er Jahre, als sich niemand traute die Errungenschaften von FDRs keynesianischer Wirtschaftspolitik anzurühren. Unter diesem bösen Sozialisten betrug der Spitzensteuersatz übrigens 90%. Eisenhower sah jedoch keine Veranlassung dies zu ändern. Die Amerikanische Mittelschicht wuchs beständig und hatte tatsächlich so etwas wie Arbeitnehmerrecht. Das konnten das Kapital natürlich nicht ewig tolerieren. Seit Ende der 70er Jahren die konservative Wende eingeleitet wurde und die Chicagoer Schule um Chefökonom Milton Friedman zunehmend Gehör an den Unis, in Washington und London fand, hieß es dann: The Empire strikes back!
P.S: Eigentlich hast du in deinem Statement nur Stellung zur Gesundheitsversorgung genommen. Dass die amerikanischen Studenten nach ihrem Studium mit 100.000 Dollar in der Kreide stehen, ist in Ordnung für dich? Oder dass eine Milliardär-Klasse unbegrenzt Geld in Kandidaten pumpen kann um ihre Interessen durchsetzen zu können (siehe Musterbeispiel Koch-Brothers). Das ist natürlich auch super für ein demokratisches System, oder?
Geändert von Marc.Konstanzer (21.09.2015 um 16:31 Uhr)
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