Im HTTV-Forum gab es schon einmal eine
kontroverse Diskussion zu Geschlechtertrennung mit Blick auf Förderung und Spielbetrieb der weiblichen Tischtennisspielerinnen. Dort sind einige (auch gegensätzliche) Argumente nachzulesen, die sich hier noch nicht wiederfinden. Dieser Thread bezog sich allerdings auf die damalige WO im HTTV (aber auch am Ende schon mit Blick auf die neue einheitliche WO). Neben dem Spielbetrieb sind auch einige sehr grundlegende Gedanken zu Geschlecht, Diskriminierung, Förderung und "Männer sprechen für Frauen" nachzulesen.
Für meinen Geschmack waren die
Regelungen im HTTV mit einer begrenzten Öffnung für den Herrenspielbetrieb (DES, begrenzter Einsatz in nur einer Mannschaft) zielführender für die Stärkung von Mädchen-/ Damenstrukturen als die fast komplette Öffnung durch WES. Ziel war, ab einer gewissen Anzahl von Damen diese auch Damenteams bilden zu lassen. Durch die Möglichkeit, Damen fest in Herrenteams als WES einzuplanen (wenn noch jemand sechstes mit 2 Spielen zur Sollstärke beiträgt), wird der Anreiz gesenkt, Damenteams zu bilden.
Ich hätte mir das anders gewünscht und bin mir (leider) relativ sicher, dass sich dadurch relativ bald die Anzahl der Damenteams insgesamt reduziert. Es ist für einen Verein eben einfacher, gerade als unterste Mannschaft eine gemischte Mannschaft zu bilden, als ein reines Damenteam zu stellen.
Auch in unserem Verein sind wir diesen Weg gegangen, den wir ohne diese Öffnung durch die Neue WO garantiert nicht gegangen wären - und mit aller Kraft versucht hätten, ein drittes Damenteam zu stellen - jetzt spielen eben drei Spielerinnen "fest" bei einer gemischten Herrenmannschaft mit und die verbleibenden beiden Damenteams spielen teils mit mehr Spielerinnen, als zur Sollstärke beitragen. Auch das ist individuell betrachtet eine tolle geschlechtergemischte Mannschaft und die Damen haben ihren Spaß, führt aber strukturell mit Helikopterblick zum abschmelzen der Damenteams insgesamt in Summe und schwächt somit weiter den Damenspielbetrieb.
Beim Nachwuchs haben sich viele kompetente Trainer_innen und Funktionär_innen mit der Frage beschäftigt, wie man mehr Mädchen für unsere Sportart gewinnt. Egal ob Breitschsport- und Schulsportmaßnahmen oder hin zum Spielbetrieb - alle Maßnahmen bauen darauf auf, dass man Mädels besser für den TT-Sport gewinnen kann, wenn sie erst einmal unter sich spielen und neben dem reinen Leistungsmessen auch andere Skills eine Rolle spielen. Für die Leistungsstärkeren führt dann der Weg oft in gemischte Nachwuchsteams hin zu höherklassigen Damenteams. Für diese Spielerinnen ist dann natürlich ein Mitwirken in Herrenteams auf Bezirks-/ Verbandsebene eine echte Alternative bei vielleicht geringeren Anfahtszeiten. Das mag dann individuell gut sein, doch schwächt natürlich auch das insgesamt quantitativ den Damnespielbetrieb.
Es gibt also ein abschmelzen von oben UND unten.
Gleichzeitig gibt es aber auch viele Damen, die den Damenspielbetrieb eindeutig dem gemischten bzw. Herrenspieltbetrieb vorziehen. Das mag einmal was mit Gruppendynamik oder Geschmack zu tun haben. Aber auch mit dem Verhalten der männlichen Sportler. Das geht von höflichen Komplimenten über Schmeicheleien über sich nicht als Sportlerin ernst genommen fühlen bis zum plumpen Sexismus (Stichwort Busenbach). Manchen toughen Damen ist das alles egal und sie stellen sich einfach der Situation oder haben sogar Spaß daran, andere denken sich "sowas brauche ich nicht in meiner Freizeit". Andere möchten ähnlich wie beim Nachwuchs einfach lieber unter sich ihrem TT-Sport nachgehen.
Was ich mit den verschiedenen Beispielen zum Ausdruck bringen möchte, ist, dass z.B. eine Auflösung von Damen und Herren hin zu einem gemeinsamen Spielbetrieb auch keine Lösung ist, weil auch dadurch viele Damen der Sportart verloren gingen. Wir waren, sind und bleiben vermutlich auch eine stark männerdominierte Sportart und sollten uns sehr ernsthafte Gedanken machen (Frauen und Männer!), wie wir Tischtennis als Frauensportart gezielt fördern können. Und da bedarf es m.E. wohl bedachte sinnvolle Fördermaßnahmen. Und wenn in dem Kontext dann Männer aufschreien "Ich will gleichberechtigt sein", würde ich mir ein bißchen mehr Perspektivwechsel und Gesamtblick auf die Situation wünschen!
Ich schreibe das aus Perspektive eines Vereins, der aus dem Nichts mit viel Geduld und Kontinuität über Mädchenarbeit eine eigene Damenstruktur aufgebaut hat und sich sehr viele Gedanken macht, diese zu erhalten, fördern und weiterzuentwickeln - und trotzdessen auch immer wieder mal die Erfahrung (auch bei anderen Vereinen) machen muss, wie brüchig das Konstrukt sein kann (Stichwort Familienplanung ...) - und wie wichtig es ist, ein breiteres Fundament in Form von möglichst vieler Damenteams zu haben. Da macht mir ein Abschmelzen von oben und unten durch die neue WO schon Sorgen.