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Michel Foucault 15.04.2017 15:27

Spezifisches Training für einen hektischen / entscheidungsschwachen Spieler
 
Liebe Forumsgemeinde,

da in meinem Verein kein hauptamtlicher Trainer angestellt ist, arbeite ich zur Zeit so oft als möglich mit den Jugendspielern und versuche über Balleimertraining und Übungen gewisse Systematiken im Training zu etablieren.

Ich habe nun eine spezielle Frage mit Blick auf einen Spieler, dessen Potenzial ich - unbesehen meiner bescheidenen Grundkenntnisse als Trainer - als enorm einschätzen würde. Ich bitte die Ausführlichkeit meiner Frage zu entschuldigen, hoffe aber durch eine möglichst detailreiche Darstellung der Umstände auch möglichst präzise Antworten evozieren zu können.

Das aktuelle Niveau des 18-Jährigen genau zu spezifizieren fällt mir aufgrund dessen Leistungsschwankungen nicht leicht; aktuell verfügt er aber über einen TTR-Wert von etwa 1450 Punkten und spielt demnächst in der dritten Bezirksliga hinten.

Grundsätzlich scheinen mir viele gute Voraussetzungen gegeben zu sein: Der Betreffende verfügt über eine hohe Motivation, einen guten Trainingsfleiß, sehr gute Beinarbeit, ein körperbetontes und teilweise explosives Spiel, harte Spins auf beiden Seiten, grundsätzliche Kenntnisse über das Basisschlagrepertoire und ist taktischen Hinweisen durchaus zugänglich. Ich weiß, dass Vergleiche mit professionellen Spielern vermieden werden sollten, will ihn aber, um seine körperlichen Anlagen und seine Spielweise etwas verbildlichen zu können, mit Kreanga vergleichen.

Nun verliert dieser Spieler teilweise regelmäßig (auch im Training) gegen weitaus schwächere Spieler, gewinnt aber wiederum gegen Spieler, die deutlich mehr Punkte besitzen als er. Ich würde insofern behaupten, dass er - würde er sein bereits aktuell vorhandenes Potenzial abrufen - beispielsweise im vorderen Paarkreuz der genannten Mannschaft spielen könnte.

Entscheidendes Problem erscheint mir nun zu sein, dass er im Spiel einerseits zu hektisch agiert und andererseits falsche Entscheidungen trifft; um konkreter zu werden: Er flippt zu risikoreich bei kurzen schnittreichen Aufschlägen, versucht auf Unterschnitt zu schießen, spielt einen wilden aktiven Block, wenn ein passiver genügen würde, schießt regelmäßig "Rückhandracketen" über den Tisch, wenn sein Gegner ihm halbhohe leere Bälle zuspielt oder verschlägt Bälle aus der Ballonabwehr. Gegen einen starken Gegner wiederum kann sich diese schlechte Quote innerhalb von Minuten wenden und all diese Bälle finden ihr Ziel, sodass er einen Spieler mit 1700 Punkten geradezu vom Tisch fegt.

Ich bin mir nun im Unklaren, wie ein Training aussehen könnte, bei dem ich möglichst effektiv am Ausräumen dieser Fehler arbeiten kann. Wenn ich ihm am Balleimer 30 Unterschnittbälle über 2/3 des Tisches verteilt zuspiele, zieht er 25 sauber mit der Vorhand. Wenn ich eine dreigliedrige Übung mit einem Vorhandschupf, Rückhandspin und abschließendem Vorhandschuß einstreue, spielt er auch diese nach kürzester Zeit mit größter Präzision und scheint auch meine Hinweise zum Einsatz des jeweiligen Schlages verstanden zu haben. Folgt dann aber ein offenes Spiel, ist es gut möglich, dass er keinen einzigen derartigen Schlag sauber trifft.

Meine Schilderung war zugegebenermaßen etwas konfus, ich hoffe aber, dass die Grundproblematik deutlich wurde. Wie kann ich mit diesem Spieler gezielt an den genannten Problemen arbeiten? Welche Übungen am Balleimer, aber auch im normalen Training bieten sich an und inwiefern ist es überhaupt möglich, hier gezielt an Verbesserungen zu arbeiten? Ist die Lösung eher technisch, oder müsste hier auch intensiver taktisch-psychologisch gearbeitet werden, um Hektik und Fehlentscheidungen aus dem Spiel zu nehmen?

Ich würde mich über Anregungen freuen und vertraue auf das Fachwissen hier im Forum,

Michel Foucault

05er 15.04.2017 17:43

AW: Spezifisches Training für einen hektischen/entscheidungsschwachen Spieler
 
Ist es vielleicht eher ein psychologisches Problem? Kann es sein, dass er gegen schwächere mehr ausprobiert und überheblich spielt? Und dann die Kurve nicht bekommt?

Michel Foucault 15.04.2017 17:58

AW: Spezifisches Training für einen hektischen / entscheidungsschwachen Spieler
 
05er, deine schnelle Antwort freut mich sehr und ich würde bestätigen, dass hier ein kleiner Teil des Problems zu suchen ist. Eine gewisse "Genervtheit", wenn zwei oder drei Schläge gegen einen schwächeren Spieler danebengehen, führt schnell zu weiteren Fehlern und das ist ganz grundsätzlich immer leistungshemmend.

Unerklärlich und meines Erachtens weitaus wichtiger ist aber dennoch der Umstand, dass die Schläge grundsätzlich da sind und zwar auf einem der Liga mehr als angemessenen Niveau - das kann ich zumindest im Training beobachten. Im Spiel führen Hast und eventuell andere Gründe, die ich eben leider noch nicht klar nachvollziehen kann, zu vielen vermeidbaren Fehlern - gegen schwächere, wie auch gegen stärkere Kontrahenten.

Mir ist noch aufgefallen, dass er beim Einspielen gewisse Probleme mit der Konstanz hat, v.a. wenn es darum geht, den Ball einfach leicht zu kontern o.Ä. Vielleicht sollte also auch hier ganz banal an der Konstanz gearbeitet werden...?

Michel Foucault 15.04.2017 18:10

AW: Spezifisches Training für einen hektischen / entscheidungsschwachen Spieler
 
Ich hoffe, es ist in Ordnung hier noch einen weiteren Beitrag nachzuschieben, aber ich stelle mir beispielsweise auch die Frage, inwiefern ich auf den Spieler einwirken soll, sein Spiel etwas risikoärmer zu gestalten, ohne ihm dabei gewissermaßen seinen individuellen Stil "auszureden", was sicherlich nicht mein Ziel sein kann.

Soll ich ihn also darin bestärken den Gegentopspin weiterhin einzusetzen, den er oft auf Spinbälle versucht, sowie seine Rückhandpeitsche anzubringen (die mich zu der Hybris eines Kreanga-Vergleichs veranlasst hat), oder sollte ich ganz massiv auf einen kontrollierteren Spielstil drängen, der auf mehr Konstanz und "Ball-Halten" ausgerichtet ist?

Über Hinweise zu entsprechenden Übungsformen würde ich mich weiterhin sehr freuen.

Rückhandmonster 15.04.2017 21:39

AW: Spezifisches Training für einen hektischen / entscheidungsschwachen Spieler
 
Hi Michel,

ich würde:
1. Übungsziel definieren -> 80% auf Tisch
2. unregelmäßige Übungen mit ihm spielen - geht entweder aus dem Balleimer oder auch im Spiel mit gleich starken Spielern.

Am Ende ist die Leistungsstärke definiert durch den Erfolg, sprich, wenn er immer wieder verliert, dann ist er nicht leistungsstark.


Du solltest mit ihm über Taktik sprechen und die Erfolgsaussichten von Bällen. Vielleicht versteht er es ja..
AM Ende geht es um's gewinnen und nicht um den schönen Ball.

Gruß Tom

jüngerwaldis 16.04.2017 10:23

AW: Spezifisches Training für einen hektischen / entscheidungsschwachen Spieler
 
Könnte es sein, das er mit der schlechteren Qualität der ankommenden Bälle ein Problem hat?
Hatte bei uns im Verein mal so einen Fall.
Gute Leistungen gegen Spieler BK und höher, extrem Fehlerhaft gegen 2.KK.
Da war es ein Einstellungsproblem und die fehlende Erkenntnis, das die Bälle einfach mit einem unterschiedlichen Grundtempo und einer anderen Länge auf einen zukammen. Er stand dann einfach häufig falsch und traf den Ball nicht optimal. Das führte zu Fehlern und diese zu Frust. Dann kam die Brechstange und nix ging mehr. Behoben haben wir das durch viel reden, er musste einfach die Unterschiede in den Spielweisen erkennen und akzeptieren lernen. Heute spielt er kontrollierter und verliert eigentlich nie mehr gegen schwächere.

Denke das Vermitteln der unterschiedlichen Spielbedingungen in Ver indung mit dem trainieren von Sicherheit kann hier zum Erfolg führen.

Javaguru 16.04.2017 10:33

AW: Spezifisches Training für einen hektischen / entscheidungsschwachen Spieler
 
Ich bin auch ein Freund von unregelmäßigen Übungen, wenn die Technik halbwegs sitzt.
Ich würde den Fokus auf Ursachenforschung legen, warum er so schwankend spielt. Mögliche Ursachen:
1. Er spielt etwas überheblich/unkonzentriert gegen schwächere Spieler und riskiert dann etwas zu viel.
2. Er kann Tempo und Rotation der schwächeren Spieler nicht richtig lesen und schlägt deshalb vermeintlich einfache Bälle ins aus.

Michel Foucault 16.04.2017 11:11

AW: Spezifisches Training für einen hektischen / entscheidungsschwachen Spieler
 
Ich erkenne bei der Beschreibung der Situationen und Verhaltensweisen viele Parallelen und vermute deshalb, dass die Probleme in der Tat eng miteinander verwandt sind. Das bedeutet auf jeden Fall, dass neben dem Training am Tisch noch einiges "beredet" werden sollte. Vielen Dank für die wertvollen Hinweise!

Edward 16.04.2017 12:19

AW: Spezifisches Training für einen hektischen / entscheidungsschwachen Spieler
 
Zitat:

Zitat von Rückhandmonster (Beitrag 2834178)
AM Ende geht es um's gewinnen und nicht um den schönen Ball.

Gruß Tom

Würde ich so nicht unterschreiben.
Ich denke, mir widerspricht niemand, dass er lieber mit Spaß und schönen Bällen verliert, als durch Krückenspiel zu gewinnen.
Es ist wichtig, das widerliche Gammelspiel sicher zu beherrschen, wenn es um Etwas geht, oder die Entscheidung eine reine Nervensache ist.


Beim Übergang von Jugend in die Herren, habe ich extrem viel Spaß an TT und Motivation verloren...
Man sollte beides üben, wie man solche Gammelbälle richtig liest, dass die mit einer Peitsche beantwortet werden können, aber auch mit Köpfchen und Platzierung.


Aber Vieles geht nur über die Lebensjahre :hahaha: (sag ihm das bloß nicht mit diesen Worten)

Rückhandmonster 16.04.2017 15:20

AW: Spezifisches Training für einen hektischen / entscheidungsschwachen Spieler
 
Zitat:

Zitat von Edward (Beitrag 2834317)
Würde ich so nicht unterschreiben.
Ich denke, mir widerspricht niemand, dass er lieber mit Spaß und schönen Bällen verliert, als durch Krückenspiel zu gewinnen.


Muss ich Dir leider widesprechen:
1. Ging beim Erstellen des Themas schon um das Gewinnen
2. Tischtennis kennt keine B-Note - bei uns zählt einzig und allein der Erfolg -
was man fühlt ist jedem selbst überlassen, aber auch mit einem guten Gefühl und schönen Bällen kann man einfach absteigen ;).


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