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Mulder 22.02.2025 17:43

Der Zustand der Wissenschaft
 
Sabine Hossenfelder, Theoretische Teilchenphysikerin, über Teilchenphysik, Kosmologie und heutige "Wissenschaft" (Academia)


https://www.dropbox.com/scl/fi/5o31k...=xtv22uph&dl=0
2017


That we now live in the grip of post-factualism would seem naturally repellent to most physicists. But in championing theory without demanding empirical evidence, we’re guilty of ignoring the facts ourselves.

[...]

In recent years, trust in science has been severely challenged by the reproducibility crisis1. This problem has predominantly fallen on the life sciences where, it turns out, many peer-reviewed findings can’t be independently reproduced.

[...]

What worries me is that this flood of papers is a stunning demonstration for how useless the current quality criteria are. If it takes but a few months to produce several hundred ‘explanations’ for a statistical fluke, then what are these explanations good for?

[...]

The likelihood that any of these models describes reality is vanishingly small — it’s roulette on an infinitely large table. But according to current quality criteria, that’s first-rate science.

[...]

If scientists are selectively exposed to information from likeminded peers, if they are punished for not attracting enough attention, if they face hurdles to leave a research area when its promise declines, they can’t be counted on to be objective. That’s the situation we’re in today — and we have accepted it.

[...]

Why hasn’t it been taken seriously so far? Because scientists trust science. It’s always worked, and most scientists are optimistic it will continue to work — without requiring their action.

[...]

How can we blame the public for being misinformed because they live in social bubbles if we’re guilty of it too?




das ist der Zustand in der Physik, der zweitstrengsten Wissenschaft nach der Mathematik, wobei der Abstand trotzdem grösser ist als zu den anderen, auch sogenannten, Wissenschaften

Mulder 22.02.2025 18:33

AW: Der Zustand der Wissenschaft
 
ein "Kollege" hat ihr eine Mail geschrieben, die sie hier vorliest und darauf "eingeht"


hatte über 2mio Aufrufe in 3 Tagen



Glücksball 22.02.2025 18:44

AW: Der Zustand der Wissenschaft
 
Messbarkeit von Leistung oder Nasenfaktor/sozialer Stand (wie früher) - beides hat schwere Nachteile. Wenn jemand die Lösung kennt, immer raus damit. Das Problem ist relativ einfach zu beschreiben.

Mulder 24.09.2025 20:48

AW: Der Zustand der Wissenschaft
 
Sabine Hossenfelder erwähnt stets, eine Theorie / Hypothese müsse (als eine unter mehreren Bedingungen) falsifizierbar sein. Bin auf ein pdf gestoßen, daß das ganz gut erklärt, aber gleichzeitig auch, welcher Wissenschaftstheorie die von ihr Kritisierten anhängen.



Carl Moritz Zipser
Die Wissenschaftstheorie von Karl R. Popper und Thomas S. Kuhn

https://ub-deposit.fernuni-hagen.de/...eorie_2022.pdf



S.4
Nach Popper erlauben endlich viele Beobachtungen keinen logisch gültigen Schluss auf Allaussagen, die den Kern von wissenschaftlichen Theorien bilden. Sein Gegenentwurf ist der Falsifikationismus, Theorien können sich durch empirische Prüfung bewähren oder falsifiziert, aber niemals verifiziert werden. Die empirische Falsifizierbarkeit, Scheitern an der Erfahrung, sei das Demarkationskriterium empirischer Wissenschaften gegenüber Nicht- Wissenschaften. Popper richtet sich gegen den Konventionalismus, die Strömung, welche Erkenntnisse nicht als Übereinstimmung von Beobachtung und Theorie definiert, sondern als Übereinkommen zwischen Wissenschaftlern. Zum einen können diese Konventionen nicht falsifiziert werden, da bereits die Methode selbst auf Konventionen beruht. Zum anderen erlaube die Umdeutung der Methoden eine Anpassung von Beobachtung und Theorie, von Popper als «Immunisierungsstrategie» abgelehnt.

«II. Falsifizierbarkeit»: Einwände und Regeln
S. 22
Der fundamentale Unterschied zwischen den beiden Wissenschaftsphilosophien zeige sich vor allem in der Behandlung widersprüchlicher Theorie-Experiment Befunde. Die Anhänger des Konventionalismus würden versuchen die Widersprüche zu reduzieren, z.B. durch Einführung von Ad-hoc Hypothesen, um die übergeordnete Theorie zu erhalten. Widersprüche würden hier als Bedrohung aufgefasst werden, mit Gefahr einen «Zusammenbruch der Wissenschaft» zu bewirken. Anhänger des Falsifikationismus würden die Widerlegung der Theorie als Erfolg und Chance erkennen, eine bessere Theorie zu suchen, welche an deren Stelle trete.

An anderer Stelle fasst Popper dies folgendermassen zusammen: «Wir machen dann und nur dann Fortschritte, wenn wir bereit sind aus unseren Fehlern zu lernen: wir müssen unsere Fehler erkennen und als Chance begreifen, anstatt dogmatisch zu verharren».

Mulder 27.09.2025 10:34

AW: Der Zustand der Wissenschaft
 
was is los?

S. 5
Zitat:

Kuhn hingegen sieht in der Überzeugung der wissenschaftlichen Gemeinschaft von einem Paradigma das wesentliche Moment dessen Gültigkeit («Konventionalismus»), ungeachtet von dessen Wahrheitsgehalt.
S. 50
Zitat:

Eine «objektive» Falsifikation von Theorien auf Grundlage von Beobachtungsdaten, so Adorno, sei nicht möglich.
sowas sollen Wissenschaftstheorien sein?

mithardemb 27.09.2025 11:08

AW: Der Zustand der Wissenschaft
 
Zitat:

Zitat von Mulder (Beitrag 3809092)

sowas sollen Wissenschaftstheorien sein?

Ohne die Quellen jetzt im Einzelnen gelesen zu haben: Teilchenphysik und Sozialwissenschaften / Philosophie haben sehr unterschiedlichen Grundlagen. "Objektiv" bedeutet, dass man den Faktor Mensch bei der Beobachtung ausschaltet. Das ist bei Messergebnissen von Experimenten, die den Anspruch haben reproduzierbar zu sein, einigermaßen erreichbar. Sobald der Mensch das Zentrum des Experiments wird, kommen extrem viele Einflussfaktoren, persönliche Weltbilder und moralische bzw. politische Ansichten zum Tragen.

"Konventionalismus" hat in der Geschichte der Menschheit beim Thema Wissenschaften durchgehend eine große Rolle gespielt und war nur schwer zu durchbrechen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das in Zukunft anders sein wird. Schauen wir uns aktuell mal das Thema künstliche Intelligenz an. Im Moment ist unsere Konvention, dass diese per se nicht kreativ ist. Wir assoziieren schöpferische Fähigkeiten mit einem Menschen und wollen uns damit von Maschinen unterscheiden. Was wir bei beim Menschen der Rubrik "beeinflusst von ..." zuschreiben, ist für die Maschine eine verbotene Auswertung publizierten Wissens.

Einfache Schriftstücke, Zusammenfassungen, Liedtexte, Filmskripte, etc. kann man per KI bereits generieren. Ich würde nicht ausschließen wollen, dass in wenigen Jahren eine Schöpfungshöhe erreicht wird, die wir bisher Menschen vorbehalten. Der Konventionalismus "nur der Mensch ist kreativ" wird aber sicherlich auch dann in Takt bleiben, wenn dieser Stand der KI erreicht wird.

Mulder 27.09.2025 13:44

AW: Der Zustand der Wissenschaft
 
irgendwie verwundert mich, daß die Theorien offensichtlich andere Geltungsbereiche haben, auf der anderen Seite nicht haben dürfen bzw versucht wird, sie miteinander zu vergleichen, es ist alles vermischt.

Popper grenzt seinen Begriff von "Wissenschaft" gegen andere Wissenschaften ab und ist letztendlich auf reine Physik beschränkt. "Forschung" wäre vielleicht näher dran bzw wie physikalische Forschung stattfinden sollte.

Feyerabend mit seiner anarchisten W-Theorie zB findet es blöd, daß Popper "sich" abgrenzt.

Kuhn's Theorie, kommt einem zumindest so vor, versucht zu beschreiben, wie für ihn wissenschaftlicher Fortschritt abgelaufen ist. Aber allen Ernstes zu behaupten, Fakten würden durch Konsens erzeugt? Im Kopf vielleicht, also alles Subjektiv. Und das ist auch seine Ansicht: Es gibt für ihn keine Objektiven Fakten, Gesetze, so komisch das klingt.

Feyerabend ähnlich: Gleichberechtigung der Theorien, weil alles Subjektiv. So läuft das vielleicht bei den Kulturwissenschaften.

Und letztere beiden haben auch nicht verstanden, warum Falsifikation einer Theorie ein Fortschritt ist (nämlich, man weiß, was falsch ist und die nächste Hypothese/Theorie ist deshalb genauer, also das Falsche wird mit der Zeit weniger).

also Popper: physikalische Forschung
Kuhn, Feyerabend: alle Wissenschaften, auch Physik


aber lohnt sich, das pdf zumindest mal zu überfliegen

mithardemb 27.09.2025 14:04

AW: Der Zustand der Wissenschaft
 
Vielleicht ist es der erste große Fehler über "die Wissenschaft" zu schreiben und dort versuchen alle Disziplinen unter einen Deckel zu bringen.

In der Mathematik ist der formelle Beweis das Mittel der Wahl. In der Physik und der Chemie haben wir Experimente die unter den gleichen Bedingungen die gleichen Resultate zeigen sollen. Ingenieurwissenschaften setzen auf die vorherigen Wissenschaften auf und fügen Empirie und Normierung dazu.

Jura dagegen basiert nur auf von Menschen aufgestellten Regeln, die manchmal kulturell oder ethnisch beeinflusst sind.

Medizin basiert sehr stark auf Empirie, hat aber das Problem, dass es sehr schwer ist Einflussfaktoren abzugrenzen.

Das kann man meilenweit fortführen. Ich sehe da keine echte Chance auf eine universelle Wissenschaftstheorie die alles beinhaltet und vereinheitlicht.

Mulder 27.09.2025 19:31

AW: Der Zustand der Wissenschaft
 
sehe ich ähnlich

das Hauptproblem ist aber nicht der Wunsch, alle Wissenschaften unter einen Hut zu bringen, sondern für dieses Ziel Theorien voller Widersprüche zu basteln.


ok, hier wird Falsifikation (für Popper die Abgrenzung von Wissenschaft zu Nicht-Wissenschaft) genauer, oder besser, anschaulich erklärt



Mulder 27.09.2025 20:32

AW: Der Zustand der Wissenschaft
 
hab ich wohl richtig verstanden,

8min35 - 9min03
Zitat:

Popper --> "Forschung" wäre vielleicht näher dran bzw wie physikalische Forschung stattfinden sollte.
7min40 - 8min35
Zitat:

Kuhn's Theorie, kommt einem zumindest so vor, versucht zu beschreiben, wie für ihn wissenschaftlicher Fortschritt abgelaufen ist.



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