Zitat:
Zitat von Florian L.
Wenn ich etwas zu sagen hätte, würde ich ehemalige chinesische Profispieler in mein Trainerteam holen und versuche, die gewinnbringenden Punkte des chinesischen Systems (inkl. Technik) zu adaptieren oder wahlweise meine begabten Spieler mal für ein paar Monate/Jahre nach China schicken (wie es die Chinesen in ihrer Krise Anfang 90er taten). Getreu dem Motto: von den Besten lernen, heißt Siegen lernen.
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Ich wage mal einen Blick aus anderer Richtung auf dieses Problem. Etwas abseits des Hauptthemas, aber nur etwas.
Ehemalige, menschlich wie sportlich vorbildliche chinesische Spitzenspieler gibt es als Trainer sicher nicht nur in Hessen.
In meinen Vereinen sind auch -einige- davon. Die Söhne des einen, immerhin Mitglied einer ehemaligen WM-Mannschaft und auch in China als Verbandstrainer tätig gewesen, trainiert seine eigenen Kinder (die übrigens in ihren ersten Jahren überwiegend bei mir trainieren durften) und die anderen Talente mehr "deutsch" als "chinesisch".
Vielleicht haben die Chinesen in ihrer Weisheit erkannt, dass die Physik, die beim Tischtennis ja wohl unbestritten wichtig ist, auf der ganzen Welt die gleiche ist.
Bei seinen eigenen Kindern achtet die Familie sehr darauf, dass sie eine gute Erziehung und
Schulbildung erfahren. Alle Kinder chinesischer Familien in meinen beiden Vereinen gehen nicht nur auf das örtliche Gymnasium, sondern zusätzlich samstags noch in eine chinesische Schule.
Die Eltern (vor allem die Muttis) achten sehr darauf, dass sie gesund leben (ohne Raubbau an ihrem Körper zu treiben) und dass ihre beruflichen Chancen nicht durch einseitige Sportförderung behindert werden. Bevor die Hausaufgaben erledigt sind, gibt es prinzipiell kein Training.
Mal schwarz/weiß gezeichnet:
In China ist ist Erfolg im Sport (Tischtennis) oft das beste Mittel, um Kindern (und deren Familien) in eine gesicherte Zukunft zu ermöglichen.
In Deutschland ist es eher so, dass eine "gesunde" Familie in stabilen wirtschaftlichen Verhältnissen die Voraussetzung dafür ist, dass die Kinder Erfolg im Sport haben können (Trainingskosten, Lehrgänge, Kadergebühren, endlose Fahrerei zum Kadertraining).
Die chinesischen Kinder und Familien in meinem Wirkungskreis sind bestens integriert, sprechen und schreiben meist besser Deutsch und Englisch als ihre Schulkameraden und sind in Training und Wettkampf vorbildlich. Es gibt eine sehr starke familiäre Bindung; ich kenne keine einzige chinesische Familie mit Scheidungsproblemen.
Übrigens sind einige davon auch hier im Forum angemeldet, ohne jemals als "Spamkids" oder sonst unangenehm aufzufallen.
Wer das Ziel hat, so Tischtennis zu leben wie die Chinesen in China, muss auch sonst leben wie die Chinesen in China. Ich kann mir das bei keinem der deutschen Spitzenspieler vorstellen.
Nochmal: auf der einen Seite Tischtennis spielen um zu leben, auf der anderen Seite leben, um Tischtennis spielen zu können.
Ich nehme aber sehr stark an, dass sich im Zuge der Globalisierung, der wirtschaftlichen, industriellen und politischen Entwicklung auch in China die Schwerpunkte verlagern werden. Denn man mag der chinesischen Kultur alles mögliche unterstellen, aber ganz sicher keine Dummheit.
Man kann Kohlenstoff massenweise verbrennen oder zu Diamanten pressen. In schlechten Zeiten mag das Erste wichtiger sein, aber dann?
Wer andere überholen will, darf nicht in deren Fußstapfen bleiben (alte chinesische Weisheit von mir

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