AW: DTTB 2013: Offensive weiblich? Offensive chinesisch!
Der entscheidende Punkt ist, dass in jungen Jahren in viel höheren Umfang mit einem hohen Maß an Disziplin trainiert wird. Ein Maß, dass in Europa (vor allem in Westeuropa) kaum in Einklang mit "kindgerecht" zu bringen ist. Das ganze eingebettet in ein riesiges Fördersystem mit regionalen Stützpunkten. Aus dieser Masse Spiteznspieler_innen setzt sich dann noch einmal die Spitze mit einer lebenslangen Absicherung durch. Dieses Verständnis von Leistungssport ist m.E. nicht auf Europa übertragbar (und auch nicht unbedingt erstrebenswert), da dort schon humanitäre Barrieren schwer überwindbar sind. D.h. was in China mit "Drill" passiert, kann in Europa nur durch eine hohe Eigenmotivation und einer selbstverantwortlichen, hohen Leistungsbereitschaft ein wenig kompensiert werden. Da ist dann schon erstaunlich, dass es überhaupt immer mal wieder einzelne europäische Talente schaffen, die chinesische Phalanx zu durchbrechen. Internatsideen mit integrierten Training in der Schule sind schon eine erste Idee, doch stellt sich halt immer auch die Frage, inwiefern Dinge wie Schulabschluss, Bildung allgemein, berufliche Perspektive nachrangig gegenüber dem Leistungssport gesehen werden. Gerade in der Sportart Tischtennis wäre es fahrlässig, wenn Kinder zu früh nur auf eine Karte setzen. Außer sie sind von ihrem Umfeld materiell abgesichert, dass sie sich dies leisten können und wollen. Dann optimalerweise mit eigener Trainingshalle, Privattrainer_in, starker Trainingsgruppe vor Ort schon im Jugendalter. Dass waren ja auch Dinge, die zusammen kamen, damit Timo Boll den Sprung in die Weltspitze geschafft hat. Das ganze Umfeld hat sich seiner optimalen Entwicklung und Förderung angepasst. Das was hier die Ausnahme ist, passiert in China generell, nur dass sich Spieler_innen in das System einfügen und es nicht nach ihren Bedürfnissen konstruiert wird. Einrichtungen wie das TT-Zentrum in Düsseldorf sind sicherlich erste Antworten darauf (deshalb auch die Intention des DTTB nachvollziehbar, die Toptalente dort zusammenzuholen), doch muss da gerade in Europa eben auch der Rahmen im Sinne von pädagogischer Betreuung und familiärer Bindung/Unterstützung passen. Es sind nun mal unterschiedliche Gesellschaften mit sehr unterschiedlichen Wertesystemen - und der Sport kann nicht isoliert von den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen betrachtet werden. Umso schöner, wenn immer mal wieder Europäer_innen in diese Dominanz einbrechen können. Ich würde allerdings die Erwartungen nicht zu hoch hängen, das kann nur zu Enttäuschungen führen.
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Nichts bleibt wie es wird!
Mephisto
TSG Oberrad
Geändert von Mephisto (16.10.2013 um 11:28 Uhr)
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