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Alt 01.03.2004, 09:14
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Re: Mentaler Erfolgsfaktor "Konzentration"

@Taugenichts
Dieses Thema könnte noch schwierig werden, aber wer weiss, vielleicht bringt dir die Auseinandersetzung auch so viel wie mir.
Ich arbeite nach wie vor an der Einheit meines aktuellen Themas (Beinarbeit) auf allen Ebenen von der Reflexion, über das Training bis zum Match.
Aus meiner Sicht spaltest du das Technik-Sicherheitstraining ab von taktischen Überlegungen im Match. Ich strebe eher Einheit an und habe auf längere Sicht hinaus immer mehr Mühe mit gespaltenen Situationen. Ich muss heutzutags einfach wissen, worauf ich mich Konzentrieren muss und möchte das Durchziehen.
Wenn du schon das Klavierspielen als Vergleich heranziehst, kann ich dir als Klavierlehrer von meinen eigenen Erfahrungen erzählen. Spiele schon seit über dreissig Jahren Klavier. Nach dem Musikstudium wollte ich so schnell wie möglich Konzertliteratur bewältigen lernen. Das war vor über 15 Jahren. Bin heute immer noch dran und übe jeden Tag. Mein persönliches Ziel, das zugegebenermassen perfekt sein soll, habe ich noch nicht erreicht. Was ich auf jeden Fall gelernt habe ist, dass Themen, die nicht vollständig verarbeitet wurden, ein gewisse Zeit später wieder auftauchen. d.h. Vieles habe ich ausprobiert und umgesetzt, aber einiges zu wenig vertieft. In der letzten Zeit habe ich dank konsequenter Vertiefung und Umsetzung doch noch wichtige Fortschritte erzielen können. Bin guten Mutes, dass ich meine Vorstellungen von Klavierspielen, doch noch eines Tages erreichen werden.
Auf Grund der geschilderten Erfahrungen, habe ich nicht die Zeit und nicht die Lust beim Tischtennis nochmals 20 Jahre lang immer wieder an den gleichen und immer wiederkehrenden Themen zu scheitern. Kann es mir einfach nicht mehr leisten, nicht konsequent zu sein.
Du schreibst im letzten Post, dass du es nicht sinnvoll findest, echte Wettkämpfe zu bestreiten, bevor nicht eine gewisse technische Reife vorhanden ist. Was ist eigentlich "eine gewisse technische Reife"?
Kann mir vorstellen, dass du das Vorhandensein von klaren Grobformen meinst. Das heisst alle Grundschläge sind von der Ausführung her soweit korrekt. Da bin ich auch deiner Meinung, dass ohne dieses Beherrschen der Grobformen, eine Meisterschaft oder sogar Turniere nicht viel Sinn machen.
Mein Fragezeichen an dich geht jedoch viel mehr in die Richtung, dass es für einen eher unerfahreneren Spieler trotz vorhandener Grobform schwierig sein dürfte, konsequent taktische Überlegungen im Match umzusetzen, ausser er hat in letzter Zeit im Training an solchen taktischen Situationen gearbeitet.
Hat er seit ein paar Wochen am TS gearbeitet, um die Rotation zu steigern, macht es aus meiner Sicht schon Sinn, sich im Match auch auf diesen Punkt zu konzentrieren. Mit den übrigbleibenden Energien, kann es aber immer noch taktische Mittel anwenden.
Bei näherer Betrachtungsweise gibt es mindestens bei den europäischen Spielern, vom Anfänger bis zum Profi, diese Spaltung von Training und Match. Das ist derart offensichtlich, dass es einem wundern muss, dass dieses Thema, das ich für zentral halte, nicht näher betrachtet, ja sogar verdrängt wird. Ein deutliches Beispiel auf Profiebene ist Vladi Samsonov. Der hat nun letztes Jahr wirklich viel getan im Training, um kräftiger, explosiver und initiativer spielen zu können. Hat an der EM 03 gegen Boll wunderbar funktioniert. An der WM 03 jedoch ist er gegen Kreanga echt untergegangen im entscheidenden siebten Match und hat aus seinem forcierten Training einfach zu wenig Nutzen ziehen können.
Dein Anspruch auf Automatisation der Schlagausführung als Voraussetzung für das taktische Vorgehen im Match finde ich vom Ansatz her richtig. Schwachpunkt ist doch einfach da, wo halt im Match diese Automatisation an ihre Grenzen stösst und sich Fehler einschleichen. Kann mir gut vorstellen, dass in einem solchen Moment auf Taktik umgestellt wird, um die Schwäche zu verdecken. Die Unsicherheit bei der Ausführung wird jeoch im Ernstfall bestehen bleiben. Aus diesem Grunde finde ich es schon wichtig, das im Training erarbeitete Thema im Match anzuwenden und sich auch darauf zu konzentrieren, so im Stile "ganzheitlicher Sichtweise". Erst wenn, dass Erlernte im Match bestehen kann, wird es Zeit, ein neues Thema anzugehen. Mit dieser Vorgehensweise würde auch schon ein rechter Teil der Spaltung zwischen Training und Match wegfallen und wir wären wieder einen Schritt weiter in Richtung "Rückeroberung der Einheit", aus der wir Menschen erst einmal "vertrieben" wurden. Merke, dass mir dieser "philosphische" Aspekt schon auch sehr wichtig ist.
Gruss
martinspin
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