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Ich meine, wir sollten erst mal nachdenken, bevor wir alle losschimpfen.
Natürlich ist es eine große gedankliche Umstellung, sich von den 21 Punkten zu verabschieden, die auch der Jedermann auf der Straße mit unserem Sport verbindet.
Aber die Welt geht davon auf jeden Fall nicht unter, auch wenn sich manches verändert:
Bei nur zwei Aufschlägen hintereinander wird deren Gewicht abgemildert: das ist gut.
Durch die Kurzsätze ist es dem Schwächeren eher mal möglich, einen solchen Satz zu gewinnen und ein Erfolgserlebnis zu haben: das ist gut.
Es wird mehr Entscheidungssituationen geben und damit mehr Spannung: das ist gut.
Es gibt nun wieder viele Aufgeregtheiten um viele Kleinigkeiten: ist das gut?
Die Aufschlagregel wurde (endlich!) in sinnvoller Weise verändert : das ist ganz entscheidend gut.
Diese Änderung soll erst in eineinhalb Jahren gelten: das ist schlecht und zeigt: diejenigen, die international das Sagen haben, sehen nur und ganz ausschließlich den Profisport, denn eine Aufschlagumstellung wäre ja viel leichter als die Zählweiseänderung, nämlich innerhalb von wenigen Trainingstagen, zu erreichen, man hat aber Sorge um die Profis. In den meisten Ländern, die hier abstimmungsberechtigt waren, gibt es dagegen gar keinen umfangreichen Spielbetrieb, der organisatorisch betroffen wäre, wie es bei uns der Fall ist. Doch betrachten wir nun diesen Bereich mal ganz nüchtern:
Die Spielberichtsbögen müssen neu gestaltet werden und die alten können weggeworfen werden: das ist für die Vereine ein i. d. Regel ganz geringer Wertverlust, für die entsprechende Industrie, die davon Stapel im Wert von mittleren fünfstelligen DM-Beträgen auf Lager hat, ein gewaltiger. (Das Schimpfen über die Industrie ist also gerade nicht angebracht, vielmehr ist man dort am stärksten betroffen.
Die Zählgeräte können so lange benutzt werden, wie sie halten. Es bedarf nur einer Nachrüstung der Satzstandsangaben um die Ziffern 4 (und evtl. 5); dies wird bestimmt innerhalb weniger Wochen gelingen.
Wann soll man in Deutschland umstellen (?), lautet die nächste Frage.
Ich habe schon Spontanäußerungen gehört wie: "Sorgt dafür, dass nur in der Bundesliga bis 11 gespielt wird!"
Soll man so etwas ernstnehmen, auch wenn man Verständnis dafür haben muss, dass es vielen schwerfällt, sich nach 30, 40 oder 50 Jahre TT von der 21 zu verabschieden?
Ist eine Zweiteilung unseres Sports in der Zählweise, für nur ein Jahr, gerechtfertigt?
Ich meine: Nein, denn diese Veränderung lässt sich ganz leicht und in viel kürzerer Zeit als den zur Verfügung stehenden vier Monaten bewältigen. Das ist gar nicht zu vergleichen mit der leidigen Ballgeschichte vor einem Jahr. (Das heißt nicht, dass ich auch dafür gewesen wäre, diese Änderung überhaupt und wenn, dann direkt, einzuführen. Nun, da sie da ist, muss man sie aber sofort durchziehen, ganz bestimmt!)
Bleibt noch ein Punkt, und der ist gravierend.
Bei vier Gewinnsätzen bis 11 werden bei einem 4:0 in etwa so viele Punkte ausgespielt werden wie früher bei einem gleichhohen 2:0-Sieg, aber das Spiel wird durch die drei Satzpausen deutlich länger als früher. Eine Verlängerung unserer Gesamtspieldauer aber halte ich für nicht positiv.
Schlimm finde ich, dass bei all diesen gravierenden Veränderungen die zweitwichtigste (nach der Aufschlagänderung), nämlich das Verbot des Frischklebens nicht angegangen wurde. Hier koalieren TT-Industrie und Spitzenspieler erfolgreich und werden von führenden Funktionären (auch in Deutschland) gestützt.
Insgesamt wird dieses Thema unseren Sommer schön theatermäßig ausgestalten, und im Herbst werden dann alle sehen, dass Tischtennis immer noch genau so viel Spaß macht wie vorher, nach Abschaffung der illegalen Aufschläge ein Jahr später dann noch mehr.
In diesem Sinne!
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