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AW: Was für Aufschläge sind die besten ?
Vielleicht hilft dir ein Interview mit Mario Amizic (erfolgreicher TT-Trainer) ein wenig weiter:
Der Aufschlag
Herr Amizic, mit dem Aufschlag wird bekanntlich das Spiel eröffnet. Damit hat der Aufschlag eine zentrale Bedeutung und entscheidet nicht selten über den Spielerfolg. Welche Fehler sind häufig zu beobachten und sollten unbedingt vermieden werden?
Das ganze Spielsystem, die ganze Spielkultur ist abhängig vom Aufschlag. Viele Spieler machen den Fehler, dass sie den Aufschlag von einem anderen Spieler kopieren wollen, der bei diesem erfolgreich funktioniert. Dabei vergessen sie aber ihre eigenen Voraussetzungen. Der Aufschlag ist Anfang und Ende. Er muss zum Spielsystem des Spielers passen. Ich möchte das an einem Beispiel erläutern: 99,9% der Spieler, die gut mit der Rückhand eröffnen können, servieren mit der Vorhand aus der Rückhandseite. Damit bringen sie aber nicht unbedingt ihre Rückhand ins Spiel. Sie müssten also Varianten, auch Rückhand-Aufschläge, einbauen, damit sie besser mit ihrer starken Rückhand eröffnen können. Ich steuere also mit meinem Aufschlag mein Spiel. Insofern muss der Aufschlag auf das taktische System des Spielers genau abgestimmt sein. Es reicht nicht, den Aufschlag technisch isoliert zu üben. Und das vergessen leider viele Spieler. Der Aufschlag ist strategisch gesehen ein Kunststück.
Die richtigen Aufschläge zu finden, die zum eigenen Spielsystem passen, dabei kann ein Trainer dem Spieler doch sehr helfen?
Richtig. Der Aufschlag muss regelrecht aufgebaut werden. Schrittweise, wie der Spieler sein Spiel entwickelt, muss er auch seinen Aufschlag entwickeln. Da ist der Trainer als Berater gefragt: Welche Stärken hat der Spieler, mit welchen Aufschlägen können diese Stärken entfaltet werden. Eigentlich ist die Situation banal, nach dem Aufschlag kommt ein Ball zurück. Wohin dieser Ball zurückkommt, das kann ich mit meinem Aufschlag halt steuern.
Was machen denn nun Spieler, die leider keinen kompetenten Trainer zur Seite haben, der ihnen bei der Aufschlagentwicklung helfen kann?
Sie müssen ihr Spiel selbst analysieren: Was sind meine Stärken, was sind meine schwachen Punkte? Nehmen wir ein Beispiel: Hat ein Spieler Probleme, auf Unterschnittbälle mit Topspin zu eröffnen, dann wäre er dumm mit Unterschnitt zu servieren, weil er dann häufig Unterschnittbälle zurückbekommen wird. Oder wenn ein Spieler Schwächen in der Beantwortung kurzer Rückschläge hat, sollte er natürlich kurze Aufschläge vermeiden und lieber halblang aufschlagen. Die Wahrscheinlichkeit, dass halblange Aufschläge kurz zurückgegeben werden, ist sehr gering. Wenn sich ein Spieler dies bewusst macht, hat er schon viel gewonnen.
Kommen wir nochmals auf den eingangs von Ihnen erwähnten Punkt des Kopierens von Aufschlägen zurück.
Gerade Spieler, die keinen Trainer haben, aber natürlich auch die mit Trainer, schauen sich doch ob im Fernsehen, auf Lehrvideos oder live in der Halle immer wieder die Aufschläge von Topspielern fasziniert an und versuchen diese nachzumachen. Was müssen sie dabei beachten?
Sie dürfen vor allem nicht vergessen, dass Spitzenspieler in der Regel über ein Aufschlagrepertoire verfügen, dass zu ihrem Spielsystem passt. Ihr Aufschlag ist bewusst, sie wissen genau, mit welchem Rückschlag sie bei einem bestimmten Aufschlag rechnen können. Natürlich sollen Spieler, die ihren Aufschlag verbessern wollen, die Aufschläge von Topspielern studieren. Aber eben nicht nur technisch gesehen nach dem Motto: wie hoch wirft er den Ball?, wann trifft er den Ball?, was macht das Handgelenk? usw., sondern sie müssen sich dabei immer auch die Fragen stellen, warum macht er in dieser Situation diesen Aufschlag, welches Ziel verfolgt er damit. Diese Art des Studierens führt mit Sicherheit zu taktischen Erkenntnissen, die die Spieler dann in ihr eigenes Aufschlagspiel bewusst einfließen lassen
können.
Dabei müssen tieferklassige Spieler auch immer berücksichtigen, dass Topspieler dem Aufschlag natürlich auch in ihrem Training einen enorm hohen Stellenwert geben. Wie viele Aufschläge trainiert ein Profi denn pro Woche?
Das lässt sich so pauschal nicht beantworten. Es gibt Spieler, die sich vor oder nach dem Training eine Ballkiste nehmen und isoliert – also ohne Rückschlag – Aufschläge trainieren. Andere mögen dies überhaupt nicht und trainieren immer mit einem Rückschläger zusammen. Das ist auch eine Mentalitätsfrage. Fest steht aber: in einen guten und erfolgreichen Aufschlag
muss man Zeit investieren, viel Zeit, egal ob mit Partner oder alleine. Im übrigen ist der Aufschlag nicht in zwei Wochen zu verbessern. Das ist ein langer Prozess, der mit der spielerischen Entwicklung einhergehen sollte.
Im Amateurbereich lässt sich häufig beobachten, dass ein bewusstes Aufschlagtraining überhaupt nicht stattfindet.
Aber ein Gros Trainingsbälle könnte sich doch eigentlich jeder kaufen, um dann gezielt in einer Hallenecke oder eventuell auf dem eigenen Tisch zuhause Aufschläge zu üben.
Sicherlich kann das eine Menge bringen, denn auch technisch gesehen ist der Aufschlag ein kleines Kunstwerk. Aber dennoch sollte der Spieler dabei immer im Kopf haben, ob die Aufschläge, die er trainiert, auch zu seinem Spielsystem passen.
Das ist entscheidend! Waldners Aufschläger einfach nur kopieren zu wollen, damit ist nicht viel gewonnen.
Apropos Waldner: welche Spieler sind denn Ihrer Meinung nach die besten Aufschläger?
Zunächst einmal gilt, wer zur Weltspitze gehört, muss auch über ein exzellentes Aufschlagspiel verfügen. Spieler dieser Klasse experimentieren auch nicht gerne. Ihre Aufschläge sind sicher, d.h. die Platzierung und die Schnittdosierung müssen perfekt sein. Natürlich haben sie auch ein, zwei Varianten in der Hinterhand, die sie in bestimmten Situationen als
Überraschungsmoment einbringen können. Trotzdem möchte ich einen Spieler herausnehmen, der ein wahrer Aufschlagkünstler ist: Jan-Ove Waldner.
Er zaubert Aufschläge. Deswegen ist er auch nicht kopierbar.
Ein Frage zu den Chinesen: Warum galten und gelten sie als so gefährliche Aufschläger?
Auch das lässt sich nicht so pauschal beantworten, denn auch bei ihnen gibt es große Unterschiede. Eins steht aber fest:
Sie investieren von klein an sehr viel Zeit in die Entwicklung des Aufschlags, mehr als in Europa. Aber die Zeiten, dass die Europäer chinesische Aufschlägen ins Netz oder neben den Tisch retournierten, sind längst vorbei. Direkte Aufschlagannahmefehler sind im Spitzenbereich sehr viel weniger geworden und deswegen ist die Verbindung zum 1. Ball ja auch so enorm wichtig.
In der vergangenen Jahren hat sich der Vorhand-Aufschlag gegenüber dem Rückhand-Aufschlag deutlich durchgesetzt.
Muss man den Rückhand-Aufschlag überhaupt noch beherrschen?
Das hängt vom Spieler und seinen Fähigkeiten ab. Derjenige, der einen guten Rückhand-Aufschlag beherrscht, wäre dumm, ihn nicht zu bringen.
Von fünf Rückhand-Aufschlägen kommen drei Rückschläge auf die Rückhand zurück. Und wer darauf gut eröffnen kann, sollte auch die Rückhand -Aufschläge immer wieder einstreuen.
Vladimir Samsonov, Zoran Primorac oder Kalinikos Kreanga zeigen das ja immer wieder. Aber der Hauptaufschlag ist sicher der mit der Vorhand,
Rückhand-Aufschläge können eine gefährlich Variante sein.
Kochrezepte für die Entwicklung eines starken Aufschlagspiel gibt es wohl kaum, aber einen heißen Tipp haben sie doch sicherlich noch.
Den richtigen Aufschlag im richtigen Moment zu machen, hat sehr viel mit Gefühl und Psychologie zu tun. Die Spielen müssen selbst lernen, im richtigen Moment das Richtige zu tun. Und das ist ein langer Prozess. Sie müssen auch die Freiheit haben, im Training wie im Wettkampf mal zu experimentieren. Trainer, die von außen ihre Spieler während des Matches
beeinflussen wollen, machen langfristig einen entscheidenden Fehler.
Sie bremsen die Kreativität, das Selbstbewusstsein und die Entscheidungsfreude ihrer Spieler.
Ich hoffe dich bringt das nun ein Stück weiter und du weißt nun welche Aufschläge du trainieren solltest.
Gruß, Knipser
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