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Alt 25.10.2019, 14:56
Macl Macl ist offline
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AW: Vereinssterben - Risikofaktoren und Gegenmaßnahmen

Hallöchen! Cooles und wichtiges Thema, welches du ansprichst. Leider ist mein Heimatverein * Djk Teutonic St. tönis* auch zu einem Opfer des Vereinssterbens geworden. Im folgenden schildere ich mal meine Sicht, weshalb der Verein damals zerbrochen ist.

St tönis war immer win Verein der einen sehr hohen Wert auf Jugendarbeit gelegt hat. Diese Arbeit wurde vom damaligen Jugendwart mit Bravour ausgeübt und meine Mannschaft konnte von der niedrigsten bis in die zweithöchste Liga aufsteigen. Jedes Jahr gab es neue bambinimannschften und Jugendmannschaften die sehr erfolgreich waren. Die Mädels konnten in die Verbandsliga aufsteigen und es gab einen riesigen Pool an Spielern. Unterstützt wurde das Ganze durch Training, welches 3x die Woche angeboten worden ist. Wir hatten b Lizenz Trainer und auch viele Leute aus den eigenen Reihen ( beispielsweise mein großer Bruder der selbst Spieler der 1. Herren war). Die Jugendlichen wurden bei besonderen Leistungen belohnt durch Gutscheine für Mc donalds oder durch Einsätze in der 1. bzw 2. Herrenmannschaft. Die Quelle der Jugend hat den Verein beflügelt und es konnten viele neue Spieler in den herrenbereich integriert werden. Diese Mischung aus jung und alt hat für Motivation und Innovation innerhalb des Vereines gesorgt.

Zusätzlich gab es noch Vereinsfeste, besonderes Engagement ( Betreuung bei den Spielen, Kekse Getränke etc). Der Verein hat sich wie eine zweite Familie angefühlt und dementsprechend hat man sich auch um seine Familienmitglieder gekümmert. Klar gab es mal Probleme beim Spielen der Meisterschaft, da private Termine anstanden aber jedes Mal hat man eine Lösung gefunden. Sei es die Einzel vorzuziehen oder halt das private nach hinten zu verschieben. All das hat die teams gestärkt.

Zudem war der Vorstand des Vereins sehr bemüht und man hat gemerkt, dass jedem Vorstandsmitglied unser Verein am Herzen liegt. Alles was möglich war wurde probiert um den Mitgliedern entgegen zu kommen, Training anzubieten Fahrradtouren, Jugendjahrten, feste... halt alles was die Gemeinschaft gestärkt hat.

Zusätzlich hat jedes Mitglied den anderen respektiert und der Austausch von Jung und Alt war gegeben. Einfach überragend und wunderschön sich an diese *Maschine* des Vereins zu erinnern. Djk teutoni st tönis war die perfekte Kombination aus Leistung spass und Leidenschaft. Das beste Beispiel dafür war der Klassenerhalt der 1. Herren in der Landesliga. Im letzten Spiel um den Klassenerhalt war JEDES Vereinsmitglied anwesend, wir Jugendlichen haben cheer sticks von den German open organisiert und mit lautem und tosenden Applaus unsere Jungs angefeuert. Solche Aktionen waren wunderbar und optimal um einen Verein zu bestärken.

Nach all den positiven Dingen kommt es leider zum sehr schnellen und sehr dekadenten Abstieg des Vereins... :-(

Der damalige Jugendwart hat aus persönlichen Gründen abgedankt und die Stelle konnte einfach nicht nachbesetzt werden und so liebevoll ausgeübt werden wie damals. Nach und nach zerbrach die Jugendarbeit. Die 1. Herren die aus Eigengewächsen Bestand zerbrach leider durch Unstimmigkeiten mit einem neu hinzugekommenen Mitglied, welches zu eitel war doppelt zu spielen (2. und 1. Herren). Zudem sind durch Studium und Wechsel im Beruf und leider auch Krankheit viele Teile dieser Mannschaft abhanden gekommen. Die zweite Herren, die diesen Ausfall kompensieren konnte wurde selbst von burnout Kreuzbandriss und privaten Dingen gegeißelt, wodurch kein wirklicher ersatz gestellt werden konnte. Auf all diese Dinge folgten Abstiege und so langsam aber deutlich zerbrach die zweite Familie.

Naja, lange Rede kurzer Sinn... die Hauptgründe für das Zerbrechen diese wundervollen Vereins waren Mhmm die folgenden:
Essentielle Ämter wurden zu schmal besetzt. Man sollte als Verein vermeiden, dass Ausfälle oder Überarbeitung einen Posten vermeintlich unmöglich machen.

Jedes Vereinsmitglied sollte sich Gedanken darüber machen, ob er/sie/es sich nicht engagieren möchte, oder anderen Ämtern helfen möchte, um dem Verein einen Dienst zu erweisen und diesen zu stabilisieren. Sprich priorisieren ist das Zauberwort. Es wurde zu alles für selbstverständlich genommen und zu altmodisch gedacht. Es gibt ja nicht umsonst das Sprichwort: *wer rastet der rostet* . Das heißt gesellschaftliche Entwicklungen sollten in einen Spielplan einkalkuliert und Puffer für eventuelle Ausfälle etabliert werden.

All diese Dinge haben meinen ersten Tischtennisverein damals leider zu Fall gebracht. Aus diesen Fehlern sollte jeder Verein lernen, denn st tönis war kein kleiner Verein. Es gab 5 Herrenmannschaften, eine Damenmannschaft , 2/3 Jugendmannschaften, eine Mädchenmannschaft, 3 Schüler Mannschaften und 2 bambinimannschaften.

Wo ich weitere Fehlerquellen sehe sind die folgenden Dinge:

Man sollte Fortschritte und Verbesserungsmöglichkeiten beibehalten. Ganz nach dem
Kaizen Prinzip sollte man Aufwand betreiben, der einen verbessert und eine bestmögliche Zukunft ermöglicht. Auch wenn man manchmal vor einer Wand steht, sollte man weiterhin Gas geben, da man so oder so irgendwann das Ziel erreicht.

Anpassung an die aktuelle gesellschaftliche Situation. Schulen haben immer länger geöffnet, Hausaufgaben, verkürztes Abitur, Urbanisierung und Verschiebung der Prioritäten schalten die Lichter der Vorstadt Hallen aus. Es muss sich an die Situation angepasst und etwas bewegt werden. Wer sich dem Trend der Zukunft nicht anpasst, der ist dazu verdammt die Fehler der Vergangenheit zu erleben.

Außerdem denke ich, dass die ttr Punkte vielen Leuten den Spaß verderben. Natürlich sind die ttr Punkte ein einheitlicher Indikator für die Spielstärke und endlich sind Bundesland übergreifende Vergleiche möglich. Wenn ich als Jugendtrainer allerdings meine Jungs vor dem Spiel höre, dass sie +12 Punkte für ein 2:0 und -36 bei einem 0:2 machen können, da frage ich mich doch wie sinnvoll das ganze ist. Nicht nur im Jugendbereich ist dieses Phänomen präsent, auch im Erwachsenenbereich gibt es viele Leute die ihre Punkte vor dem Spiel berechnen und sich damit völlig dem Erfolgsdruck unterwerfen ( leider bin ich auch so ein Kandidat haha) . Natürlich ist es wichtig ein Ziel zu haben oder Leistung abrufen zu können, aber letztendlich spielen die meisten von uns wegen der Gemeinschaft und wegen der Möglichkeit Stress aus dem Alltag abzubauen und dabei Erfolg/ Spaß zu haben.

Sorry für den langen Text, aber genau das lag mir auf dem Herzen als ich die topic dieses Beitrages gelesen habe haha

Mit freundlichen Grüßen

Macl
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#yolo
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