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Alt 06.10.2021, 04:56
Noppenzar Noppenzar ist offline
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AW: DER Thread für politisch Interessierte

Mal eine Sicht aus der 'alten" Mitte:

Zum einen stellt das Grundeinkommen Leistung und Nichtleistung gleich. Führt man es ein müsste es per Grundgesetz jeder bekommen.

Dann ist die Frage wie und in welcher Form es mit anderen Leistungen verrechnet wird. ALG1, Berufsgenossenschaft, Rente, Erwerbsunfähigkeit sind alles keine Almosen sondern Versicherungsleistungen, wo ein Anspruch besteht durch vorherige Einzahlung. Hier zu verrechnen wäre äußerst problematisch.

Der nächste Punkt ist das Steuerrecht. Staatliche Leistungen sind zwar meist steuerfrei (Rente nicht) werden aber mit dem sogenannten Progressionsvorbehalt besteuert. Sprich der Steuersatz auf den Hinzuverdienst steigt.

Für Firmen wäre es gar nicht so problematisch mit dem Personal, wenn das GE einfach steuerfrei dazukäme und der Rest ohne Progressionsvorbehalt besteuert würde.

Der volkswirtschaftliche Effekt wäre mMn. folgendermaßen:

99% der arbeitenden Bevölkerung würde sich das Gekd einfach zusätzlich einstecken und entweder verkonsumieren oder investieren.

Dann hast du aber eine massive Inflation, weil die Nachfrage sprunghaft ansteigt.

Ich denke am besten kann man es mit dem billigen Baugeld vergleichen. Etwas abstrakt, aber ich versuche es mal logisch darzulegen:

Anfang der 80er kostete ein Hauskredit etwa 10% Zinsen. Immobilien waren dementsprechend billig. Für umgerechnet 100.000 Euro konnte man freistehend bauen. Dass es trotzdem nicht jeder konnte lag an den hohen Zinsen. Seitdem geht der Zins durch staatliche Eingriffe nur nach unten, die Preise dafür dramatisch rauf. Geld "kostet" nichts mehr. Immobilienpreise sind deutlich stärker gestiegen als die allgemeine Inflation. Ähnlich ist es bei Autos. Auch dort haben die billigen Raten dafür gesorgt, dass die Neuwagenpreise deutlich stärker zugelegt haben als die allgemeine Teuerungsrate.

Und derselbe Effekt würde beim Grundeinkommen eintreten. Viele Familien kämen auf die Idee eine Immobilie zu erwerben, weil der Staat durch das GE ja die Rate zahlt. Ähnlich bei Autos. Das geht am Anfang gut, aber die Anbieter werden recht schnell die Preise nach oben anpassen.

Gut beobachten kannst du das auch bei den subventionierten E-Autos, wo alle Hersteller den Listenpreis recht hoch ansetzen, da der Kunde durch den Zuschuss eher bereit ist zu kaufen.

Fazit: wenn nicht durch steuerliche Mehrbelastung von Beginn an unattraktiv würde das GE durch Recht schnelle Preisanpassung massiv an Kaufkraft verlieren.

Oder glaubst du, dass bei 4.800 Euro, die eine 4köpfige Hartzfamilie dann bekäme der Discounter, der Kiosk, die Pommesbude und der Vermieter im "Brennpunkt" nicht die Preise erhöhen würde? Ich schon und zwar massiv. Und dann erreicht man sogar das was man eigentlich nicht wollte, dass die Vermögensschere noch weiter auseinandergeht. Gewinne explodieren, Sachwerte steigen. Weil halt die ungebildete Masse das Geld einfach, sorry, verballert. Das Geld landet also mittelfristig wieder bei denjenigen, die Ahnung von Finanzen haben und der "Pöbel" hat nicht mehr als vorher.

Glaubst du nicht? Frage 100 Leute was sie tun, wenn sie ab sofort 1.000 Euro im Monat mehr verdienen. 5% werden vielleicht "sparen" sagen, 95% rennen los, kaufen Klamotten, Elektronik, Autos, mieten eine größere Wohnung oder versaufen es. Die große Masse kommt nie zu Geld, weil sie immer den Lebensstil dem Einkommen anpassen um, frei nach Volker Pispers "Dinge kaufen, die sie nicht brauchen, um Leuten zu imponieren, die sie nicht leiden können".

Geändert von Noppenzar (06.10.2021 um 05:15 Uhr)