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Alt 19.07.2001, 14:18
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Antwort von Herrn Schillings !!

Sehr geehrter Herr Berger!

Vielen Dank für Ihre Mail.

Zur Klarstellung: Der Autor des Artikels zitiert nicht nur absolut
unvollständig, er konterkariert bedauernswerter Weise auch die Aussagen
eines etwa 15-minütigen Telefonats, wenn er sagt: Verbandssprecher
Schilling tut die Proteste im Netz als Minderheit ab... Dies habe ich nicht
getan und so nicht gesagt. Diese - falsche - Formulierung scheint mir
geschehen, damit Tendenz und Aussage des Artikels nicht abgeschwächt
werden.

Zunächst einmal: Grundsätzlich "tue ich" niemals - weder in meiner Funktion
als Pressesprecher des DTTB noch als Privatperson - Meinungen
Andersdenkender ab, sondern respektiere sie. In diesem Fall noch mehr als
ohnehin schon: Denn m.E. gibt es bei der neuen Zählweise kein richtig oder
falsch, da es sich um eine Art "Glaubensstreit" von Personengruppen
handelt, die allesamt das Wohl des Tischtennissport im Auge haben und mit
diesem sehr verbunden sind. Beide Gruppen besitzen gute Argumente für ihre
Meinung. Übrigens: Die gescholtenen Funktionäre und Hauptamtlichen - auch
ich selbst als ehemaliger Zweit- und Oberligaspieler - sind allesamt noch
in Vereinen engagiert und haben den Kontakt zur Basis nicht verloren.
Dennoch ist es Aufgabe der demokratisch gewählten Vertreter des DTTB,
Entscheidungen für die Zukunft des Tischtennissports zu treffen und auch -
wie in diesem Fall geschehen - international gültige Regeln für Deutschland
umzusetzen. Wir mögen einer der größten Verbände der Welt sein, aber wir
leben nicht auf einer einsamen Insel, in der wir unsere eigenen Regeln für
eine weltweite Sportart aufstellen sollten.

Proteste werden weder von mir noch von jemand anderem beim DTTB als die
Meinung einer blossen Minderheit abgetan. Und selbst wenn es eine
Minderheit wäre, würden von uns die Befürchtungen und Argumente dieser
Menschen, die allesamt den Tischtennissport lieben, sehr ernst genommen.

Zu Ihrer Information bzgl. des Artikels: Herrn Nolte habe ich mitgeteilt,
dass es im Weltverband für die Regeleinführung ein Abstimmungsergebnis
104:7 und von den nationalen Verbänden ein einstimmiges Ergebnis für die
satzungsgemäß notwendige Umsetzung der ab 1.9. international gültigen Regel
gab. Des weiteren habe ich Herrn Nolte darüber informiert, dass sehr wohl
auch beim DTTB-Protestmails - etwa 50-60 - gegeben habe, und
- dass uns sehr wohl bekannt sei, dass es bundesweit m.E. viele
Tischtennisspieler gebe, die mit der neuen Regel nicht einverstanden seien.

Wie gross die bundesweite Zahl von Gegner und Befürwortern allerdings
wirklich sei, könne allerdings niemand seriös schätzen,
1. weil es keine, für eine zuverlässige Aussage jedoch erfolderlich
repräsentative Umfrage gäbe,
2. weil die Zahl der unterschiedlichen Proteste bei DTTB und tt-news zwar
eine Tendenz zeige, zusammen aber wohl unter 0,1 Prozent von 700.000
Tischtennisspielern in Deutschland läge;
3. weil es natürlich sei, dass sich Kritiker/Gegner einer Neuerung eher zu
einer Reaktion entscheiden als Befürworter (von den vielen Neutralen, die
zunächst einmal abwarten, wie es sich "bis 11" spielt, abgesehen).

Erwähnt im gleichen Zusammenhang habe ich Herrn Nolte gegenüber auch, dass
wir all dies sehr ernst nehmen und dass wir sehr viel Verständis auch für
heftige Kritik haben, die ja nicht willkürlich ist, sondern starker
Verbundenheit mit unserem Sport entspringt. In Relation gesetzt zur Zahl
von 700.000 Tischtennisspielern in Deutschland habe ich zur Abgrenzung von
der stets zugestandenen großen, aber nicht zu definierenden Zahl an
Personen, die sich durchaus kritisch und schweren Herzens von der 21
verabschiedet und dies auch im Internet kundtut, lediglich jenen
Personenkreis als Minderheit bezeichnet, der im web vehement und wiederholt
zu Protestaktionen aufruft. Aber sogar hier war die klare Ausage, dass wir
viel Verständnis für die Emotionaliserung dieser Spieler haben, die unseren
Sport sehr lieben.

Wenn Herr Nolte, der mich zudem mit keiner der im Artikel zitierten
Aussagen aus dem Netz konfrontiert hat, meine Auslassungen so formuliert
wie im letzten Absatz geschehen, dann ist das publizisitsch absolut
inkorrekt, journalistisch unausgewogen und lediglich darauf ausgerichtet,
den Verband durch vermeintliche Respektlosigkeit gegenüber der Basis zu
diskreditieren. Wahrscheinlich hat Herr mich zur "Minderheit" nicht
wörtlich zitiert, da ihm keine negative Formulierung in seinem Sinne
vorlag.

Herrn Nolte wurde übrigens auch mitgeteilt, dass der DTTB überhaupt keine
Zugriffsmöglichkeit auf den einzelnen Verein - weder zu einer Umfrage noch
zur Kenntnismachung einer Neuerung - hat, da die Adressenhoheit im Bereich
der Mitgliedsverbände liegt, die darauf sehr sorgsam achten. Ein vor zwei
Jahren vom DTTB präsentierter Reformvorschlag, der unter anderem ein
permanentes Mitgliedermagazin für jeden Spieler in Deutschland (und damit
den unmittelbaren Kontakt zur Basis) beinhaltete, ist damals klar abgelehnt
worden. Die einzige Möglichkeit derzeit ist das offizielle Verbandsorgan
deutscher tischtennis-sport, das jeden Verein erreicht, leider jedoch nur
die allerwenigsten Spieler direkt. In inserem Magazin - und in allen
Gremien - sind bevorstehende Regeländerungen in den vergangenen Jahren und
auch vor der WM 2001 immer wieder thematisiert worden, teilweise auch
verbunden mit dem Aufruf an die Leser, dem DTTB ihre Meinung mitzuteilen.
Die Resonanz war jedoch gleich null.

Ich wünsche Ihnen und uns allen, dass wir die neue Regelung nun noch
monatlangem Austausch von beiderseits guten Argumenten als Herausforderung
annehmen. Fest steht doch, dass Sie und auch die handelnden Personen im
DTTB den Tischtennissport lieben. Entscheidungen fallen auch hier und in
den anderen Verbänden dieser Welt nicht willkürlich, sondern sind auf die
Zukunft des Tischtennissports ausgerichtet. Ob sie sich als wirklich
richtig herausstellen oder ob Modifizirungen notwendig werden, kann nur die
Zukunft zeigen.

Beispielhaft möchte ich Ihnen zum guten Schluss einen Brief auf den Artikel
in der Welt beifügen, der ebenfalls eine interessante Sichtweise
widerspiegelt.

Zum Thema Zusammenarbeit: Ich weiß nicht, inwieweit Sie legitimiert sind,
eine Zusammenarbeit mit tt-news anzubieten. Unbestritten ist, dass beide
über Qualitäten verfügen, die der andere nicht hat und dass sich beide gut
ergänzen könnten, wenn dies auf den Gebieten geschieht, wo die jeweiligen
Stärken des Einzelnen liegen.
Tatsache ist, dass es im August 2000 ein Gespräch mit den Herren Stursberg
und Landfried gegeben hat, auch auf unsere Initiative hin. Es hat ein
Meinungsaustausch stattgefunden, den ich für konstruktiv gehalten habe, bei
dem man sich jedoch letztlich wegen eines speziellen Punktes in der
internationalen Berichterstattung, bei der wir als DTTB einige Pflichten
und Vorgaben zu beachten haben, nicht einigen konnten. Das fand ich schade,
hatte jedoch dafür Verständnis. Zuletzt mußte ich jedoch in tt-news lesen,
dass sich Herr Landfried damals "über den Tisch gezogen" fühlte, was mich
doch sehr wundern muss, 1. weil dies absolut nicht der Fall war, 2. weil
niemand das von tt-news mir gegenüber gesagt hat, weder in dem Gespräch
noch später. Merkwürdig, dies dann öffentlich zu lesen, oder?

Nun, vielleicht informieren Sie mich über die Art der Zusammenarbeit, an
die Sie denken. Ich bedanke mich für Ihre Zuschrift.

Mit freundlichem Gruß

Manfred Schillings
Deutscher Tischtennis-Bund
Pressesprecher


Leserbrief zum Artikel "Die Tischtennis-Revolution" von Georg Nolte
Die Welt, 18.07.2001

Gut, wir haben größere Bälle, eine neue Zählweise und bald folgt eine
veränderte Aufschlagregel. Aber es bleibt immer noch Tischtennis. Die Bälle
sind
rund wie eh und jeh und keiner hat uns den Topspin verboten. Gerade was die
neue
Zählweise anbelangt, sollten alle der elf eine echte Chance geben. "Was der
Bauer nicht kennt..." - dieses Image könnte dem Tischtennissport bald
anheften,
wenn die Basis nicht wenigstens versucht, sich mit der Zählweise zu
arrangieren.
Die Sportart wird dadurch nicht revolutioniert, es entstehen lediglich
veränderte taktische Anforderungen. Genau wie die alte Zählweise hat die
neue
ihre ganz besonderen Reize. Ob dies letztendlich zu einer
Attaktivitätssteigerung der Sports beiträgt, bleibt abzuwarten.

Grundsätzlich ist es jedoch gut, dass sich die Verbände Gedanken machen und
auch
handeln. Die jetzige TV-Präsenz stellt keinen Tischtennisfan zufrieden und
die
getroffenen Regeländerungen werden meiner Meinung nach mittelfristig
Früchte
tragen. Trotzdem bleibt noch ein ganz anderes Problem: Für eine Sendeminute
von
der WM 2001 in Japan soll der internationale Tischtennisverband (ITTF) 900
Dollar vom ZDF verlangt haben. Zum Vergleich: Die Fussball-Champions-League
kostet den Sender nur 1000 DM mehr (Quelle: dts 04/2001, S.28). Die
internationalen Verbände sollten sich unter Umständen mit dem Konzept von
Angebot und Nachfrage beschäftigen und ihre eigenen Spielregeln ändern.
Regeländerungen hin oder her - null Sendeminuten im Fernsehen bringen exakt
null
Zuschauer. Vor jeden Tischtennis-Grossereignis ist der Aufschrei über
mangelnde
TV-Präsenz mindestens genauso gross wie über die neue Zählweise. Gehandelt
wurde
noch nie. Die ITTF muss den Tischtennissport nicht nur für die Zuschauer
attraktiver machen, sondern auch für die Fernsehsender. Weg von der
Gewinnmaximierung hin zur Sendeminutenmaximierung - nur so gewinnt das
Tischtennis Zuschauer und in der Folge jugendliche Spieler, dem
eigentlichen
Ziel der Regeländerungen.

Dirk Morat
TV St. Georgen
__________________
" Wenn diese Bohl nicht kommt, spielst Du eine andere Bohl. Kommt die nicht, wieder eine andere. ... bin ich schon gute Trainer, oder ?"

Geändert von Strike ! (19.07.2001 um 14:35 Uhr)
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