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Alt 29.03.2025, 13:56
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Zitat:
Zitat von Danielson Beitrag anzeigen
Unter deutschem Idealismus verstehe ich humanistische Ansätze in der Literatur - wie beispielsweise bei Schiller, der glaubte, mit Literatur die Menschen ästhetisch erziehen zu können.
Es ist nicht falsch, dass die Ansicht, dass die schönen Künste eine Erziehungsfunktion haben (oder haben sollten) bei Philosophen, denen man das Etikett "Idealist" aufklebt, verbreitet gewesen ist. Diese Ansicht stellt aber nicht den Kern der philosophischen Denkrichtung dar, die man als den deutschen Idealismus bezeichnet und die man nicht mit unserem umgangssprachlichen Verständnis dessen, was ein Idealist ist, nämlich jemand, der irgendwelchen Wunschvorstellungen nachhängt und/oder deren Verwirklichung anstrebt, verwechseln darf.

Den Kern der philosophischen Denrichtung, die man als Idealismus bezeichnet (und von der es mehrere Spielarten gibt), könnte man vielleicht so beschreiben:
Das Einzige, wovon wir ein unmittelbares Bewusstsein haben können, sind wir selbst (d.h. unsere Existenz) und die Vorstellungen in uns sind (d.h. die Vorstellungen, die wir haben). Von äußeren Dingen, d.h. Dingen, die von uns selbst und unseren Vorstellungen unterschieden sind, können wir dagegen kein unmittelbares Bewusstsein haben, sondern nur eines, das eben durch unsere Vorstellungen vermittelt ist. Daher können wir letztlich nicht wissen, ob überhaupt Gegenstände außer uns existieren und auch nicht, ob sie so beschaffen sind, wie wir sie vorstellen. Denn dafür wäre es erforderlich, von einer Wirkung (nämlich der Vorstellung in uns) auf eine Ursache (den äußeren Gegenstand, der auf unsere Sinne einwirkt) zu schließen. Schlüsse dieser Art sind aber grundsätzlich ungültig.

Zitat:
Zitat von Danielson Beitrag anzeigen
Bei Kant beziehe ich mich auf die Ausführungen in Marcus Willascheks Biografie: "Kant. Die Revolution des Denkens".
Ich dachte mir schon, dass du dich auf Willaschek beziehst. Dieser hat nämlich in der FAZ vom 23. Juni 2020 einen Artikel mit der Überschrift "Kant war ein Rassist" veröffentlicht, in dem er besagtes Zitat als Beweis für seine These anführt. Der Kant-Experte Michael Wolff hat am 9. Juli 2020 ebenfalls in der FAZ auf Willascheks Artikel geantwortet. Wolffs Artikel trägt die Überschrift "Kant war ein Anti-Rassist".

Das obige Zitat stammt nicht von Kant, sondern ist ein Exzerpt Kants aus Georges-Louis Leclerc de Buffons "Allgemeine Historie der Natur", ein Autor, den Kant ziemlich kritisch gesehen hat, weil er z.B. von ihm gesagt hat, es sei "kein Verdienst, so viele gewagte (oft falsche) Urteile zu fällen".

Wolff liefert außerdem mehrere Argumente dafür, dass Kant nicht nur kein Rassist, sondern sogar Anti-Rassist gewesen ist (z.B. Kants Kritik des Kolonialismus und sein moralphilosophischer Universalismus).
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