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Alt 17.08.2001, 13:51
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Artikel in Financial Times Deutschland zur neuen Zählweise

Hi Forum,

in der Financial Times Deutschand erschien am 16. August folgender Artikel zur neuen Zählweise:

Umstrittener Bruch mit einer 100 Jahre alten Tradition
Von Hartmut Metz, Baden-Baden

Ob wir bis 6, 11, 15 oder 21 spielen - Tischtennis wird in Deutschland sowieso nicht im Fernsehen gezeigt", sagt Jörg Roßkopf reichlich desillusioniert. "Lediglich ein paar Zuschauer und die Spieler müssen sich umstellen", befindet der ehemalige Europa- und Doppel-Weltmeister. Anstatt bei 21 endet in der Bundesliga jeder Satz künftig bei elf Punkten, sofern einer der beiden Pingpong-Artisten zwei Zähler Vorsprung aufweist. Dafür geht jedes Spiel über drei anstatt zwei Gewinnsätze. Der Tischtennis-Weltverband ITTF erhofft sich dadurch mehr Spannung und eine größere TV-Präsenz.

Im Vorjahr mussten sich die Asse an den größeren und damit langsameren 40-Millimeter-Ball gewöhnen. Das glichen die Topleute durch schnellere Hölzer und Beläge aus. Den zweiten Bruch der 100 Jahre alten Traditionen können die Spieler von der Kreisklasse bis hoch zur Bundesliga hingegen nicht so leicht von der Platte fegen. Deswegen gab es noch mehr Aufruhr an der Basis als bei Einführung des im Durchmesser zwei Millimeter größeren Zelluloidballes. Aufhören, einen Gegenverband gründen oder der Deutsche Tischtennis-Bund (DTTB) solle den Humbug der ITTF in den unteren Klassen ignorieren, lauteten die drei Alternativen der ritiker. "Die Basis steht der Elf eher skeptisch gegenüber", sagt DTTB-Pressesprecher Manfred Schillings.

Die Welle der Empörung dürfte allerdings rasch abebben. "In drei, vier Monaten redet kein Mensch mehr darüber", glaubt Offenburgs Trainer Pavel Levine, dessen Team morgen beim TTC Jülich den Bundesliga-Auftakt bestreitet. Nach einem Monat Training, berichtet der Russe, hätten sich seine Akteure an die neuen Regeln gewöhnt. Keiner will mehr fünf Aufschläge in Serie machen, sondern begnügt sich mit deren zwei. Und auch der Seitenwechsel nach fünf Punkten klappt schon ganz gut.

Nationalspieler Peter Franz fand beim Super Circuit in Japan, der mit 1,8 Mio. DM dotiert ist und über 100 Einzelspiele geht, Gefallen an der Zähl-Revolution. "Die Begegnungen sind spannender und machen mehr Spaß", berichtet der Frickenhausener. Roßkopf und sein Kronprinz Timo Boll sehen das nach ihren Trainingseindrücken beim TTV Gönnern ähnlich. "Es gibt mehr Überraschungen, man muss gegen jeden aufpassen", erklärt Roßkopf.

An der Hierarchie freilich ändern die kurzen Sätze wenig. "Die Weltrangliste wird durch die neue Zählweise nicht durcheinander gewirbelt", meint der 20-jährige Boll. Auch in der Bundesliga bleibt alles beim Alten. "Mich würde es überraschen, wenn Meister Grenzau und Ochsenhausen nicht das Endspiel erreichen", prognostiziert Roßkopf.

Hans-Reinhard Scheu, bei der ARD selten eingesetzter Tischtennis-Experte, hält die "Kastrierung" auf elf Punkte für "zu drastisch. Sätze bis 15 oder 16 Punkte wären richtig gewesen". Boll nimmt's gelassen. "An Formel 1 und Fußball kommen wir sowieso nicht vorbei. Unser Ziel muss es sein, sich mit dem jetzt interessanteren Tischtennis dahinter zu tablieren." Letztlich nützten aber alle Regeländerungen nichts, das einzige probate Mittel zur Popularisierung laute "Erfolg". "Das sieht man bei den Skispringern", bemerkt Boll. Und Roßkopf ergänzt: "Wir brauchen große Titel."
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