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Alt 03.04.2005, 09:22
Michael Frey Michael Frey ist offline
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AW: Zweitligaspiel Fehlentscheidung?

Hmm...

Naja, der Fall zeigt, dass die Regel unscharf formuliert ist. Es wird daraus nämlich nicht ersichtlich, ob die zum Erfolg (=Beschädigung des Schlägers) führende HANDLUNG (=der Wurf) oder nur der Erfolg selbst "absichtlich" herbeigeführt worden sein muss.

Es gibt drei mögliche Fallgestaltungen:
Handlung unabsichtlich -> Erfolg unabsichtlich: Schlägerwechsel erlaubt
Handlung absichtlich -> Erfolg unabsichtlich: Schlägerwechsel fraglich
Handlung absichtlich -> Erfolg absichtlich: Schlägerwechsel nicht erlaubt
Die vierte Möglichkeit (Handlung unabsichtlich -> Erfolg absichtlich) ist denklogisch nicht möglich.

Das Ergebnis muss sich aus der Auslegung der Vorschrift ergeben.

1. Grammatikalische Auslegung:Grammatikalisch ergibt sich zunächst, dass sich das Adverb "unabsichtlich" zunächst auf das Verb "beschädigt" bezieht. Beim Wort "beschädigt" selbst ist aber unklar, ob damit (auch) die Beschädigungshandlung oder (nur) der Beschädigungserfolg gemeint ist.

2. Systematische Auslegung:Die einen Schlägerwechsel gestattende Regelung ist eine Ausnahmevorschrift. Ausnahmevorschriften sind grundsätzlich restriktiv auszulegen (wobei man freilich lange darüber diskutieren kann, woraus sich das rechtsdogmatisch ergibt).

Grundregel: Der Schläger darf während des Spiels nicht gewechselt werden.
Ausnahme: "unabsichtliche schwere Beschädigung"

"Unabsichtlich" wäre demnach so auszulegen, dass ein möglichst geringer Anwendungsbereich für die Ausnahmevorschrift bleibt. Das wäre dann der Fall, wenn bereits die zur Beschädigung führende Handlung unabsichtlich geschehen müsste.
(Ergebnis: Bei absichtlicher Handlung (Wurf) ist ein Schlägerwechsel auch dann ausgeschlossen, wenn der Erfolg (Beschädigung) unabsichtlich eintritt.)

Zu einem anderen Ergebnis käme man freilich dann, wenn man die Vorschrift so lesen (und aufbauen) würde:
Grundregel: Der Schläger darf während des Spiels nicht gewechselt werden.
Ausnahme: schwere Beschädigung
(freilich immanente) Gegenausnahme: absichtliche schwere Beschädigung
Dann wäre "absichtlich" eng auszulegen. Dem Wortlaut entspricht dies freilich nicht mehr. Und damit ist diese systematische Auslegung zu verwerfen.

3. Teleologische Auslegung
(telos=Ziel; Gefragt wird: Was ist das Ziel der Regelung):
Ziel der Regelung ist es grundsätzlich, eine Fortsetzung des Spiels zu ermöglichen, für den Fall, das der Schläger (unabsichtlich) zu Bruch geht. Von dieser Möglichkeit soll aber weder der Spieler, der die Beschädigung absichtlich herbeiführt, um sich durch den Wechsel einen Vorteil zu verschaffen, pofitieren, noch der Spieler, der sich durch nicht spieladäquate Verhaltensweisen um seinen Schläger bringt. (Anders ausgedrückt: Wer sich am Tisch benimmt "wie Sau", soll nicht auch noch von der Möglichkeit eines folgenfreien Wechsels seines Schlägers belohnt werden). Zu letzterer Fallgruppe zählt auch der absichtliche Schlägerwurf. Das ergibt sich bereits daraus, dass für derartiges Verhalten auch Verwarnungen ausgesprochen werden können (sollen).

Hier könnte man einwenden, dass die Verwarnung in diesem Fall "milderes" und damit vorzugswürdiges Mittel wäre, da ein Verbot des Schlägerwechsels faktisch zu einer Disqualifikation des Spielers führt. Schlägerwechsel und Verwarnung sind Vorschriften unterschiedlicher Rechtsnatur: Verwarnung (usw.) sind Strafvorschriften, die Schlägerwechselregel ist letztlich eine Art "Spielablaufregel" und sind damit zu trennen. Es ist das Risiko des Spielers, wenn er sich durch eine absichtliche (nicht-spieladäquate) Handlung (Wurf) um sein Spielgerät bringt.

(Ergebnis: Der absichtliche Schlägerwurf, der zu einer nicht beabsichtigten Beschädigung führt, berechtigt auch nach teleologischer Auslegung nicht zum Schlägerwechsel).

4. Historische Auslegung:Da hab ich keine Ahnung, was sich unser glorreicher Regelgeber damals gedacht hat - wahrscheinlich viel zu wenig.

Zusammenfassung:Bereits eine absichtliche, zur Beschädigung führende Handlung führt dazu, dass der Schläger nicht mehr gewechselt werden darf. Dies gilt auch dann, wenn der Erfolg (=die Beschädigung) selbst nicht beabsichtigt ist.

Dieses Ergebnis ergibt sich aus der Auslegung der Regelung. Die Regelung selbst könnte jedoch durchaus klarer formuliert werden. Ob es generell sinnvoll ist, sich an sujektiven Kriterien wie "absichtlich", "unabsichtlich" zu orientieren, kann durchaus kontrovers diskutiert werden
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"Glut wird alles, was ich fasse,
Asche alles was ich lasse,
Flamme bin ich sicherlich"
(Nietzsche)
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Geändert von Michael Frey (03.04.2005 um 09:24 Uhr)
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