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AW: EU Urteil zu Ausländern
aus der Financial Times
Zitat:
Jetzt sind auch Russen, Chinesen oder Kubaner EU-Ausländer
von Heinz Peter Kreuzer, Köln
Ein russischer Fußballer erwirkt ein brisantes Urteil vor dem Europäischen Gerichtshof. Legal beschäftigte Profis dürfen nicht eingeschränkt werden.
Für Sportler aus aller Welt ist seit Dienstag die Tür zu den europäischen Ligen weiter geöffnet worden. Bedanken können sie sich beim Europäischen Gerichtshof (EugH), der im Fall des russischen Fußballprofis Igor Simutenkow die Ausländerbeschränkung im spanischen Fußball für unrechtmäßig erklärt hatte. "Jetzt müssen Ausländerbeschränkung und Nachwuchsförderung neu geordnet werden", meint der Kölner Anwalt und Europarecht-Experte Dieter Frey, denn die bisherige Regelung widerspreche dem Diskriminierungsverbot, das in dem Partnerschaftsabkommen zwischen EU und Russland von 1994 ausdrücklich enthalten sei. Deswegen müssten Spieler aus Russland ebenso behandelt werden wie Kicker aus EU-Staaten. Und nicht nur Sportler aus Russland.
Simutenkow war als russischer Staatsangehöriger Inhaber einer Aufenthalts- und einer Arbeitserlaubnis in Spanien und beim Zweitliga-Klub Deportivo Tenerife als Berufsfußballspieler beschäftigt. Er wollte seine vom spanischen Fußballverband erteilte Lizenz für Spieler, die nicht der EU angehören, in eine Lizenz umwandeln, wie sie für Kicker gilt, die der Gemeinschaft angehören. Der Fußballverband hatte jedoch abgelehnt. Das zuständige spanische Gericht verwies das Verfahren an den EuGH, der diese Beschränkung am Dienstag nun für unrechtmäßig erklärte. Denn in dem Diskriminierungsverbot, das in dem Partnerschaftsabkommen ausdrücklich enthalten ist, heißt es: Legal in der EU beschäftigte russische Arbeitnehmer dürfen hinsichtlich der Arbeitsbedingungen, der Entlohnung oder der Entlassung gegenüber den Bürgern der EU-Staaten nicht benachteiligt werden.
Zusätzliche Brisanz erhält dieses Urteil, weil die EU nicht nur mit Russland, sondern mit einer Reihe anderer Staaten ähnliche Vereinbarungen unterzeichnet hat. Dazu gehören das so genannte Countonou-Abkommen, das 77 Staaten Afrikas, der Karibik und des Pazifiks betrifft, sowie Marokko, Tunesien und Algerien. "In diesen Verträgen gibt es ebenfalls ein solches Diskriminierungsverbot, und deshalb ist dieses Urteil wohl auch wegweisend für diese Abkommen", sagt Frey.
Verbände können regeln
Eine Schwemme von hungrigen Talenten aus der dritten Welt ist jedoch nicht unbedingt zu befürchten, glaubt Frey. "Die Verbände können das über Lizenzordnung und die entsprechende Vergabe von Arbeitserlaubnissen regeln", sagt der Jurist. "Nach der Lizenzordnung der Deutschen Fußball-Liga dürfen nur fünf Spieler aus nichteuropäischen Konföderationen unter Vertrag genommen werden. Nur Spieler, die schon unter Vertrag sind und eine Arbeitserlaubnis haben, können sich auf dieses Urteil berufen."
Die Uefa reagiert noch gelassen. "Das Urteil betrifft keinen unserer Wettbewerbe, sondern die nationalen Verbände. Profitieren können davon nur Spieler, die schon bei einem europäischen Verband unter Vertrag stehen", sagt Jonathan Hill, der das EU-Büro der Uefa in Brüssel leitet.
Außerdem, so Hill, gebe es künftig Regeln zur Stärkung des Nachwuchses. Jeder Verein, der ab 2006 an einem europäischen Wettbewerb teilnimmt, muss in seinem 25-Spieler-Kader vier Akteure haben, die im Klub selbst oder bei einem anderen Verein seines nationalen Verbands ausgebildet wurden. In den folgenden beiden Jahren erhöht sich die Quote auf sechs beziehungsweise acht Spieler.
Was in Ländern ohne Ausländerbeschränkung passieren kann, zeigt das Beispiel des belgischen Erstligisten KSK Beveren. Der stand im Jahr 2001 vor der Insolvenz, als der französische Ex-Nationalspieler Jean Marc Guillou auftauchte. Er betreibt eine Fußballschule an der Elfenbeinküste und verdient sein Geld damit, die afrikanischen Talente nach Europa zu vermitteln. Jetzt ist Guillou Technischer Direktor in Beveren, und mittlerweile sind 13 Nationalspieler der Elfenbeinküste beim KSK unter Vertrag. Der Franzose benutzt den belgischen Erstligisten als Schaufenster für seine Talente, der Verein zahlt ihnen nur 68.000 Euro, das Mindestgehalt für Nicht-EU-Ausländer. Für beide Seiten ein profitables Geschäft, nur die Konkurrenz ärgert sich. "Ich verstehe, in welch misslicher Lage Beveren war. Ich denke aber, dass es dem belgischen Fußball schadet", sagte Jos Vaessen, Präsident vom KRC Genk. "Wenn sich jede Mannschaft in Afrika oder Asien bedient, fürchte ich um die Zukunft der belgischen Nachwuchsspieler. Es ist notwendig, die Aufnahme von Nicht-EU-Spielern zu begrenzen."
Simutenkow selbst profitiert nicht mehr von seinem Sieg vor dem EuGH. Der 31-Jährige spielt derzeit wieder in Russland, bei Rubin Kazan.
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