Guten Abend miteinander!
Zur EM Auslosung folgender Bericht:
Jekyll und Hyde im Rathaus
Die allerbeste Adresse in der Hansestadt
Bremen ist für offizielle Anlässe das
Rathaus. Im Kaminsaal dieses altehr-
würdigen, prachtvoll verzierten Gebäudes
sollte die Auslosung zur Europameister-
schaft stattfinden. Zumindest für die
Mannschaften, denn die Teilnehmer im
Einzel und Doppel werden erst kurz vor
Beginn der größten Hallensportveranstaltung
Europas von den startenden Nationen
bekanntgegeben.
Nach drei Jahren bedeutet diese Auslosung
die Endphase für die Vorbereitungen.
"Für Bremen ist es ein hochwillkommener
Anlaß, daß wir uns als sympatischer Gast-
geber international sichtbar machen",
war für Bürgermeister Henning Scherf klar
die Gewichtung auf den Austragungsort
gelegt. "Wir legen den Stellenwert nicht
so sehr auf Bremen, sondern auf den deutschen
Tischtennissport und versprechen uns
eine große Medienwirkung von dieser
Veranstaltung", so der Pressesprecher
des DTTB, Manfred Schillings".
Christoph Kneer, fliegender Reporter des
Weser-Kurier, schätzt die EM jedenfalls
als "Riesenevent" ein und will mit seinen
Kollegen ausführlich berichten. Aber er
weiß noch mehr: "Summen nahe dem zwei-
stelligen Millionenbereich bleiben nach
Berechnungen der Stadthalle in Bremen,
das bringt eine Stadt sicher nach vorne".
Stadhallenchef Claus Cleybold: "Wir freuen
uns sehr, daß die EM aufgrund der guten
Infrastruktur nach Bremen vergeben wurde,
und daß dabei Städte wie Dortmund, Berlin
und Frankfurt ausgestochen wurden".
Ivor Munivrana aus Split/Kroatien, seines
Zeichens Vorsitzender der technischen
Kommission der ETTU, war dafür zuständig,
daß bei der Auslosung alles ordnungsgemäß
zugeht. Seit 25 Jahren ist er das erste
mal wieder hier: "Bremen ist schöner
geworden seit meinem letzten Besuch. Ich
besuche gerne solche alten Städte, weil
sie eine Seele haben."
Zwei Seelen in seiner Brust, zumindest
beruflich, vereint Ethan Freeman. Der
Amerikaner, Hauptdarsteller in dem
Erfolgsmusical Jekyll und Hyde,
opferte seinen freien Tag, um die
markierten Bälle aus dem reichverzierten
alten EM Pokal zu fischen.
"Tischtennis-Glücksfee zu spielen ist
eine ganz neue Aufgabe und nicht unbedingt
auf mich zugeschnitten, weil ich so langsam bin
und das letzte mal als Kind einen Schläger
in der Hand hielt", meinte Freeman.
"Aber man hat mir gesagt, es sei
niemals zu spät".
Projektleiter Matthias Vatheuer zum
Modus der Ziehung: "Insgesamt werden
38 Damen - und 44 Herren - Teams an den
europäischen Titelkämpfen teilnehmen.
Es wird in drei Kategorien gespielt und
der Europameisterschaftstitel kann nur
aus der Kategorie 1 erfolgen.
Die Einteilung erfolgte aufgrund der
Resultate der letzten Europameisterschaften."
Dann wurde es ernst. Die gelben Zelluloid-
Bälle mit den aufgemalten Buchstaben
rasselten in den silbernen Pott und Ethan
Freeman mutierte bei der Auslosung der
deutschen Teams tatsächlich zu einem
"Jekyll und Hyde". Die Damen sind in
einer schweren Gruppe mit Rumänien, Rußland,
Frankreich, Italien und Schweden. Kommentar
von Spitzensportkoordinator Dirk Schimmel-
pfennig: "Klar zu sehen, daß nicht mani-
puliert worden ist." Gelächter im Publikum.
"Ich halte die deutsche Damenmannschaft
als die stärkste im Feld und ist für mich
auch Favorit. Aber wir haben auch Rumänien
in der Gruppe, die einzige europäische
Mannschaft, die bei der letzten WM eine
Medaille erringen konnte. Aber je
schwieriger die Gruppe, desto einfacher
wird dann im Falle des Weiterkommens
das Halbfinale."
Dann die deutschen Herren: Wieder rasselten
die Bälle in die heilige Trophäe bis folgendes
Ergebnis feststand: Deutschland mit Polen,
Niederlande, Belgien, Tschechische Republik
und England in einer Gruppe. Aufatmen
beim Publikum und Dirk Schimmelpfennig:
"Auch wenn Schweden und Frankreich in
der anderen Gruppe sind, ist unsere Gruppe
noch schwer genug, denn die Mannschaften
liegen nah beieinander. Aber wir haben es
vorher gesagt und wir bleiben dabei: Wir
wollen bei dieser EM eine Medaille gewinnen!"
Plötzlich ein Protest von Herrn Ivor Munivrana:
"Tut mir leid, wir hatten zwei Bälle mit
den gleichen Buchstaben im Pokal!"
Gleichzeitig kam dann doch die Entwarnung:
"No, just a joke, nur ein Gag", der auch
bei den konzentriert beobachtenden Zu-
schauern für Heiterkeit sorgte. Noch einmal
Dirk Schimmelpfennig: "Als stärkste Gegner
sind die Polen einzustufen, die bei der
letzten EM zweiter wurden. Vergleiche
mit den Niederländern und Belgiern sind
auch immer ganz heiße Kisten gewesen.
Diese beiden Teams werden mit Sicherheit
mit aller Macht um eine Medaille kämpfen.
Ebenfalls die Engländer, falls sie mit Carl
Prean anreisen, haben noch eine Außen-
Seiterchance. Unsere Gruppe ist sehr aus-
geglichen besetzt. Die Tür zum Halbfinale
ist für viele Mannschaften offen."
Die Auslosung im Bremer Rathaus geht zu
Ende und wir schauen noch ein letztes Mal
auf eines der zahlreichen Siegesschilder die
den Prachtvollen, alten Pokal schmücken:
1958 war es England, ein Außenseiter.
Burkhard Hünniger / Bernd Hebecker
Damen Kategorie 1 Gruppe A
1. Deutschland
2. Rumänien
3. Rußland
4. Frankreich
5. Italien
6. Schweden
Damen Kategorie 1 Gruppe B
1. Ungarn
2. England
3. Kroatien
4. Niederlande
5. Tschechische Republik
6. Weißrußland
Herren Kategorie 1 Gruppe A
1. Frankreich
2. Schweden
3. Jugoslawien
4. Rußland
5. Österreich
6. Dänemark
Herren Kategorie 1 Gruppe B
1. Polen
2. Niederlande
3. Deutschland
4. Belgien
5. Tschechische Republik
6. England
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