AW: Differentielles Training
Hallo Lukas K.
Ich will mal versuchen ob ich das alles zusammenkriege.
Nein, ich bin nicht im Team von Prof. Schöllhorn.
Die Kugelstoßstudie kenne ich sehr gut, sie fand glaube ich 2001 statt und gehört allein deshalb schon in den Bereich der absoluten Grundlagenforschung zu diesem Ansatz. Von der Fußballstudie weiß ich nur, dass es sie gibt.
Ich wollte dich auch nicht angreifen, aber vieles war einfach sachlich falsch. Zu dem Aspekt mit den zwingenden Situationen und Manfred Muster hatte sich Eddi Vedder bereits geäußert. Dass mit dem in Klammern "Fußball" bei 10000 maligem Üben seh ich immer noch nicht. Du sprichst einfach von erfahrenen Sportlern, bei denen klar sei, dass neue Methoden besser wirken. Ich hab mich nur auf die Kugelstoßstudie beschränkt, weil ich die wie gesagt kenne. Und wie geschrieben wurde da z. B. in der differenziellen Gruppe im Training nicht auf maximale Weite gestoßen. Wenn du soetwas schreibst ist das also einfach sachlich falsch.
Was sich mir aber noch nicht ganz erschließt ist, was du eigentlich willst. Auf der einen Seite bemängelst du die große Erfahrung der Versuchspersonen (Bewegung bereits 10000 mal trainiert), weshalb es logisch sei, dass die differenziellen Übungen Vorteile bringen. Auf der anderen Seite kritisierst du, dass Prof. Schöllhorn keine Spitzensportler wählte.
Zu den Spitzensportlern ist vielleicht noch zu sagen, dass die nicht so selten gewählt werden, weil man davon weniger signifikannte Ergebnisse erwartet, sondern weil ein Profi es meist nicht riskiren will/kann, sein anerkanntermaßen wirksames Training für eine Studie zu unterbrechen. Ich glaube mich aber erinnern zu können, dass Prof. Schöllhorn in seiner Habilitation einen Zehnkämpfer und einen Diskuswerfer der nationalen Spitzenklasse untersucht hat.
Wo ich dir ausdrücklich zustimme, ist die Argumentation, dass bei der 10001 nahezu identischen Wiederholung der Lerneffekt eher klein sein dürfte. Dies steht ja auch bspw. in den VDTT Artikeln. Aber das spricht doch dann eher für das differenzielle Training als dagegen. Schließlich werden die meisten Forumsuser schon mehr als 10000 mal gekontert haben, sind also annähernd mit den Versuchspersonen der Fußballstudie vergleichbar (ich kenn sie wie gesagt nicht).
Schwer tue ich mich dann allerdings wieder mit deiner Sichtweise, dass es sich bei den beiden von dir genannten Untersuchungen um Standardsituationen handele, die von Hause aus identisch seien. In seiner Habilitationsarbeit (ich hoffe wie gesagt, dass ich mich da jetzt nicht vertue) konnte Prof. Schöllhorn zeigen, dass es keine 2 identischen Würfe im Laufe eines ganzen Jahres gab (wohlgemerkt bei Spitzensportlern). Um sich nicht so sehr auf die Ergebnisse um Prof. Schöllhorn zu verlassen, ich glaube Regina Semmler kam zu ähnlichen Ergebnissen im Wasserspringen und im Großen und Ganzen ist es glaube ich auch akzeptiert, dass Bewegungen immer unterschiedlich sind. Natürlich neigt man bei geschlossenen Bewegungen wie dem Kogelstoßen eher dazu von identischen Bewegungen zu sprechen, das habe ich ja weiter oben schonmal erwähnt. Aber auch zyklische Bewegungen wie Radfahren, Laufen oder in meinen Augen auch Topspin gegen Block bei Spitzenspielern unterliegen Schwankungen (und mit Sicherheit auch der Aufschlag). Wenn man jetzt aber bei der vermeintlich identischen Bewegung "Kugelstoßen"(biomechanisches Optimum beim Kugelstoßen) Vorteile durch Kugelstoßen in Rückenlage etc. erhält, dann macht ein monotones Trainieren in Spielsportarten wie Tischtennis eher weniger als mehr Sinn in meinen Augen.
Du hast natürlich vollkommen recht, wenn du solche Untersuchungen für nur bedingt aussagekräftig hälst. Aus Gründen der Ökonomie und der Vergleichbarkeit muss man die reale komplexe Situation auf Laborbedingungen reduzieren. Aber irgendwo muss man ja anfangen. Insofern ist natürlich bei jeder Untersuchung, egal zu welchem Thema, Vorsicht geboten. Ich hatte ja auch Kritikpunkte an der Kugelstoßstudie genannt, wollte da also nichts schönreden.
Was ich auch sehr gut fand, war deine Vermutung, dass wenn jeder nur rein differenziell trainieren würde, in Untersuchungen vermutlich die klassische Methode vorne läge. Prof. Schöllhorn schreibt ja auch selbst, dass nur maximale Variation auch nicht das Maximum bringt. Die Mischung machts eben. Wo jedoch jetzt das genaue Mass der sinnvollen Variation liegt weiß man meines Wissens nach noch nicht wirklich. Es scheint nur so, dass üblicherweise eher mit zu wenig als mit zu viel Variation trainiert wird, abgesehen vielleicht von den Anfängern, die du genannt hast, die besser mit Trainer lernen. Aber auch dazu stand im VDTT Artikel, dass die Variation bei Anfängern vermutlich bereits ohne differenzielle Übungen groß genug sei.
Insofern find ich die Einheit von "Perser" richtig gut, aber sowas alleine bringts natürlich auch nicht, wie hier ja auch schon öfter gesagt wurde. Und ich gehe auch nicht davon aus, dass "Perser" ab nun nur noch so trainieren wird. Es ist also nicht zu befürchten, dass die anderen Sachen (Wettkampf, Beinarbeitsintervalle usw.) vernachlässigt werden.
Edit: Entschuldigt, dass ich den Beitrag noch länger mach als er ohnehin schon ist. Ich wollte nur noch hinzufügen, dass ich selbstverständlich nicht die Fachkompetenz habe darüber zu urteilen ob einer 100%-ig falsch liegt. So habe ich mich ja auch bemüht, keine allzu einseitige Schilderung der Kugelstoßstudie zu liefern und auch Bedenken/Kritikpunkte an der Studie geäußert. Aber wie gesagt, wurde in der Kugelstoßstudie einfach anders trainiert als du das dargestellt hast, die Probanden waren keine erfahrenen Sportler etc. Und darauf habe ich hingewiesen. Das hat nichts mit großer oder geringer Fachkompetenz zu tun.
Geändert von Michael Knight (11.01.2007 um 21:17 Uhr)
|