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Alt 15.10.2007, 14:32
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Talking AW: Chroniken des Wahnsinns

Land des unbegrenzten Wahnsinns...

Wer in Los Angeles (Kalifornien) Urlaub macht, der muß sich nicht mit einem T-Shirt aus den Universal Studios als Andenken begnügen. Und die liebe Tante daheim könnte mehr erhalten als eine Postkarte vom Strand von Malibu. Wie wäre es zum Beispiel mit einem Gummi-Skelett oder Badetuch mit den Umrissen einer Leiche?
Willkommen im Souvenir-Laden des gerichtsmedizinischen Instituts von Los Angeles! Hier gibt es ausschließlich Mitbringsel, die sich um den Tod drehen. Und das Andenkengeschäft blüht. Seit der Shop vor drei Jahren öffnete, ist die Kundenzahl ständig gewachsen. Vor allem britische und japanische Touristen lieben die bizarren Andenken, wie Geschäftsleiterin Marilyn Lewis erklärt.
Das gerichtsmedizinische Institut von L.A. gerät immer wieder in die Schlagzeilen - dann, wenn ein Prominenter eines unnatürlichen Todes stirbt oder die Ursache des Ablebens ungeklärt ist. Seien es Marilyn Monroe, Natalie Wood, John Belushi oder River Phoenix: Sie alle wurden nach ihrem Tod zunächst ins Leichenschauhaus im Keller der Behörde gebracht. Das Institut spielte auch im Strafprozeß gegen Ex-Footballstar O.J. Simpson eine große Rolle. Ungezählte Fernsehzuschauer kennen es außerdem aus der US-Serie "Quincy", in der ein gerichtsmedizinischer Experte Fall auf Fall löst.
Aber trotz allen Medienwirbels bleibt es dabei: Niemand kommt freiwillig in das Institut und erst recht nicht in den Keller. "Leichenschauhäuser erfreuen sich natürlicherweise keines guten Rufes", sagt Marilyn. "Das färbt oft auch auf die Angestellten ab. Wir gelten als kalt und humorlos."
Was Marilyn nicht auf sich sitzen lassen wollte: Als sie noch als Sekretärin für die Behörde arbeitete, kreierte sie ein Maskottchen namens Sherlock Bones - ein Skelett im Detektiv-Outfit. Das Knochengerüst zierte bald auch Kaffeebecher für die Angestellten des Instituts. Schließlich wurde der Wert für eine "positive Imagewerbung" erkannt.
Nach den Bechern kamen die T-Shirts. Die Waren fanden derart reißenden Absatz, daß das Angebot rasch ausgeweitet wurde. Inzwischen gibt es neben Skeletten und Totenköpfen aus Plastik Baseballkappen, Boxershorts, Nachthemden, Kartenspiele, Mini-Leichenwagen als Sparbüchsen und Sweatshirts, verziert mit dem Sensenmann oder dem Kreideumriß einer Leiche.
Besonders begehrt sind die für den Strand gedachten Badetücher und Nachbildungen der berüchtigten Plastikschilder, die man im TV an den Zehen von Toten in der Leichenhalle baumeln sieht. Fünf Dollar kostet dieses Souvenir, während man fürs Sweat-Shirt 23 und fürs Strandtuch 25 Dollar hinblättern muß. Alle Artikel sind auch per Versandkatalog zu haben.
"Skeletons In The Closet" heißt das Geschäft - auf deutsch etwa "eine Leiche im Keller haben". Das trifft im gerichtsmedizinischen Institut von Los Angeles im wahrsten Sinne des Wortes zu. "Die Realität an unserem Arbeitsplatz ist ernst genug", sagt Marilyn. "Aber das heißt nicht, daß wir uns verstecken müssen. Bisher hat die Einrichtung nur ein einziges, negatives Image gehabt. Jetzt sorgen wir auch wegen anderer Dinge für Schlagzeilen. Die Leute kommen freiwillig zu uns, und viele sagen, daß wir ein menschlicheres Gesicht gewonnen haben."
In Houston (Texas) wurde mit einem ähnlichen Konzept geliebäugelt. Aber das dortige gerichtsmedizinische Institut befand, daß ein solches Marketing geschmacklos sei. Die Behörden in Washington, D.C., und im Staat Maryland entschieden ähnlich. Aber Marilyn wehrt sich energisch gegen solche Vorwürfe. Und sie weist darauf hin, daß die Einkünfte aus dem Handel einem Programm gegen Alkohol am Steuer zugute kommen. Tatsächlich heißt es auf dem Plastik-"Zeh-Schild": "Das könntest du sein. Bitte trinke nicht, wenn du fahren willst. Eine Botschaft vom Leichenbeschauer im Bezirk L.A.."
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Bunt ist das Dasein.....
V.G. Karsten
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