Vier Bayern fahren zum DTTB TOP 12 - Eine Anmerkung

[D.G.]

In der jüngsten Ausgabe von Bayerntischtennis-Online steht:

.... Bei den Mädchen erreichte Angelina Gürz (TTC Femont Röthenbach) zwar nur Rang sieben, ist aber auch beim TOP 12 dabei. Carolin Frey (SpVgg Wolframs-Eschenbach) kam auf den 14. Platz.
Gleich drei Niedersachsen verbauten bei den Mädchen Angelina Gürz eine weitaus bessere Platzierung. Nach Niederlagen gegen Gattermeyer (Niedersachsen), Zhan (WTTV) und Sewöster (Niedersachsen) verpasste sie leider die erhoffte Finalrunde. In der Platzierungs-runde kam dazu noch eine Niederlage gegen Lienstromberg (Niedersachsen), so dass am Ende nur der siebte Platz heraussprang.
Vielleicht stellt Angelina Gürz beim TOP 12 wieder ihre Klasse unter Beweis, denn sie ist stärker als der siebte Rang. Carolin Frey blieb als 14. im Rahmen ihrer Möglichkeiten.

Dieser Bericht klingt negativ und es wird ein unrealistischer Erwartungsdruck aufgebaut:
Wenn Angelina nicht mehr ganz vorne landen kann, dann hat dies seine Ursachen. Wenn jemand schreibt, dass sie stärker als der 7. Rang ist, dann ist dies Schönfärberei.
Dabei ist Angelina keineswegs enttäuscht über ihre Leistungen in Offenburg. Sie bot mit 7 Siegen bei 4 Niederlagen eine aufgrund ihres derzeitigen Trainingszustandes durchaus respektable Leistung. Die Drittplatzierte Michajlova (vor kurzem noch souveräne TOP-48-Siegerin bei den Damen) hatte am Ende auch nur ein Spielverhältnis von 5:4 (sie verlor u.a. gegen Stähr und Domdey, gegen die Angelina gewann).
Die Mädchenkonkurrenz der besten 11 ist so ausgeglichen, dass jeder gegen jeden gewinnen kann. Angelina hatte auch gegen Lienstromberg im 3. Satz einen Matchball und den Sieg vor Augen.
Mit dem deutlich geringeren Trainingsaufwand, den sie im Gegensatz zu den Internatsspielerinnen von Heidelberg und den Niedersächsinnen betreibt, sind konstante Spitzenleistungen eben nicht so einfach programmierbar und in elf Spielen abrufbar. Gerade alle im Tischtennisinternat in Hannover trainierenden Niedersächsinnen haben im letzten Jahr erhebliche Fortschritte gemacht. Unter Leitung eines Landestrainers können die Spieler/innen in Hannover sogar zweimal täglich unter professionellen Bedingungen trainieren. Dank Christiane Praedel haben alle inzwischen eine für den Gegner unerreichbare „Rückhandgranate“ auf Lager.
In Niedersachsen wird konsequent das Ziel verfolgt, im Bereich des Leistungssports kontinuierliche Erfolge als Ergebnis konsequenter Arbeit im Schüler- und Jugendbereich zu erreichen und sie auf den Erwachsenenbereich auszudehnen. Wichtige Voraussetzungen wurden realisiert und sowohl im Damen- als auch im Herrensektor, jeweils zumindest eine Mannschaft in der höchsten deutschen Spielklasse etabliert und hochleistungsportadäquate Trainingsbedingungen angeboten.
In Würzburg ist es dagegen so, dass Angelina vom Training bei Müller Würzburger Hofbräu so gut wie ausgeschlossen ist. Ein spezielles Fitnesstraining findet schon lange nicht mehr statt.
Seit Angelina keine Berücksichtigung bei der Euro in Prag fand, hat für sie Tischtennis nicht mehr den Stellenwert wie vorher. Priorität hat nun in ihrem letzten Schuljahr die Schule. Wenn sie Ende dieser Saison aus der Schule rauskommt, bietet ihr Tischtennis sowieso keine Perspektive mehr, da sie dann in Würzburg, so wie es jetzt aussieht, keine adäquaten Trainingsmöglichkeiten mehr hat bzw. als dann 18jährige (war jedenfalls in den letzten Jahren so) aus dem Förderungsraster des BTTV raus fällt und nicht in Sicht ist, dass ein Vereinstraining in Bayern dies kompensieren kann.

[Hemi]

Eine harte und bittere Stellungnahme eines Vaters, der zehn Jahre tapfer und unermüdlich seine Tochter begleidet, stets für sie gekämpft hat und immer für sie da war.
Hab das Bild noch vor meinen Augen, wie er ziemlich am Anfang Angelinas Karriere (damals spielte auch Bruder Christopher noch ganz stark) bei einem Turnier weit weg vom Heimatort mit Angelina auf dem Schoß dasaß.
Da könnten sich tausend andere Väter in Deutschland eine dicke Scheibe von abschneiden, die nie Zeit hatten für ihre Kinder.
Aber es ist und bleibt halt eine traurige Wahrheit:
Außer den Eltern (wenn überhaupt) ist langfristig NIEMAND ehrlich und ohne Bedacht auf finanzielle oder ruffördernde Vorteile daran interessiert, ein Kind stark zu machen. Letzlich hat auch der Trainer andere Interessen als das Kind und die Eltern, denn ihm ist naturgemäß egal, ob das Kind Müller, Meier oder Schulze heißt - den Eltern allerdings eben nicht.

Nun D.G. , Dein Aufwand war ja nicht umsonst. Du hast aus Liebe gehandelt und Angelina ist sehr spielstark, kann an einem guten Tag fast jede Gegnerin besiegen. STÄRKE ist ja immer auch relativ, es heißt, jeder Sieger wird besiegt.
Angelina kann ihr ganzes Leben auf erstklassigem Niveau Tischtennis spielen.

NEBENBEI wohlgemerkt, denn viel wichtiger ist eine gute Berufsausbildung.
Gilt für alle.

Alles Gute !!!

[D.G.]

Hemi,
vielen Dank für deine mitfühlenden und gut tuenden Worte.
Als „hart“ oder „bitter“ möchte ich aber meine Stellungnahme nicht einstufen, eher als realistische Einschätzung. Mir ging es auch nicht um Schuldzuweisungen, sondern in erster Linie darum, überhöhte Erwartungen seitens der Verantwortlichen zurückzuschrauben. Man kann mit weniger Aufwand nicht das hohe Level wie andere halten, die professioneller trainieren. Das Ergebnis des TOP 16 stellt dies unter Beweis. Aufgrund ihrer schulischen Situation betrachtet Angelina den derzeitigen Zeitrahmen des Trainings als ausreichend und die Förderung durch den Trainer vor Ort (jetzt Fan Dong) war noch nie so gut.
Bedenklich stimmt natürlich, dass nach so viel Jahren Leistungssport niemand da ist, der ihr berufliche Perspektiven in Verbindung mit Leistungssport eröffnen könnte. Man ist völlig auf sich allein gestellt. Angelina ist zwar wie Hemi sagt, durch die Förderung des BTTV und des DTTB sehr spielstark geworden und kann auf erstklassigem Niveau Tischtennis spielen, wofür wir auch dem BTTV und dem DTTB sehr dankbar sind. Ob sie aber ohne Unterstützung im Erwachsenenalter dies halten und auch weiter entwickeln kann, erscheint doch fraglich. Hier ist zweifellos eine Lücke gegeben.

[Hemi]

Zitat von D.G.

Bedenklich stimmt natürlich, dass nach so viel Jahren Leistungssport niemand da ist, der ihr berufliche Perspektiven in Verbindung mit Leistungssport eröffnen könnte. Man ist völlig auf sich allein gestellt. Ob sie aber ohne Unterstützung im Erwachsenenalter dies halten und auch weiter entwickeln kann, erscheint doch fraglich. Hier ist zweifellos eine Lücke gegeben.

Stimmt zu 100 Prozent.
Mir gegenüber hat mal ein Verbandstrainer das ausgesprochen, was viele Kollegen denken:
"Sobald ein/e Jugendliche/r seinen 18. Geburtstag feiert, interessiert mich seine weitere Entwicklung wie die Kürbispreise auf dem Wochenmarkt in Kirgisistan."
Klar, denn ein Nachwuchstrainer kann fortan für seinen Landesverband kein Kapital mehr herausschlagen.
Eine "berufliche Perspektiven in Verbindung mit Leistungssport" ist ja für Angelina auch nicht völlig ausgeschlossen.
Wichtig wäre dabei, einen so vorbildlich geführten Verein wie den TV Busenbach (ich skizzierte dies bereits an anderer Stelle) für sie zu finden, was zugegebenermaßen allerdings sehr schwierig sein dürfte, denn selbige Vereine sind äußerst rahr gesät.
Oder, D.G. , folgender Gedanke scheint mir auch nicht ganz abwegig:
Angelina spielt noch ein zwei Jahre zweite Liga, versucht selbst weiter an die Spitze zu kommen und macht nebenher möglichst gleich den A - Trainer- Schein.
Danach macht sie (wieder mit Deiner Unterstützung) in Wohnortnähe eine Art TT - Schule auf !
Glaube mir Dieter, die Nachfrage nach besonders gutem Einzeltraining ist enorm. Richtig stark wird ein Kind eh`nur durch jahrelanges konsequentes Einzeltraining - Lehrgänge sind da nur notwendiges Beiwerk.
Laß Angelina mal über zwanzig sein und noch ein bisschen Lebenserfahrung haben. Ein Fachmann / frau ist sie dann allemal (und hübsch noch obendrein) und gerade Bayern ist ja nicht allzu gesegnet mit derartigem Personal. Du schwärmst doch selbst , völlig zurecht, von einer Christiane Praedel .
Wo wäre denn dann Angelina aber schlechter ?

Da bin ich mir ganz sicher, dass kluge Eltern zuhauf an Eure Tür klingeln würden, um gegen Honorar gutes Training und Perspektive zu erfahren.
Müsstest ggf. am Anfang in einem geeignetem Verein Dir eine Halle zur Dauernutzung zugänglich machen.

Schauen wir also in jedem Fall optimistisch in die Zukunft.

Wenn alle Stränge reißen, kann sie es immer noch machen, wie die hübsche Russin Elena Ivanowa, die auch nicht viel spielstärker und keineswegs hübscher als Angelina war. Die hat einen reichen Österreicher geheiratet...

[Bernd Beringer]

@ Hemi

Ein tolles Frauenbild, das Du da an den Tag legst!

@ D.G.

Ein sehr gutes und wichtiges Thema, auf das ich - allerdings als Privatmann - gerne eingehen werde, wenn ich (in einigen Tagen) wieder gesund bin. Eines aber vorab: Wir wissen, dass sich Tischtennis zu einem hohen Prozentsatz "im Kopf" abspielt. Das heißt: die mentale und cognitive Stärke (manche nennen das auch "Lockerheit") ist bei unserem Sport eminent wichtig. Von daher kann man sich auch schwächer machen/reden, als man tatsächlich ist.

Wegen des (ja nur relativ schlechten) Abschneidens bei einem Turnier und wegen eines relativ kurzen Trainingsrückstands würde ich noch nicht auf ein "Abfallen der Leistungskraft" schließen. Im Gegenteil: Mancher Hochleistungssportler ist besser geworden, gerade weil er sein Trainingspensum etwas gedrosselt und dabei gemerkt hat, dass es noch andere Dinge im Leben gibt, die "schön" sind. Dann war nämlich diese "Verbissenheit" weg, unbedingt ständig "gewinnen" und sich damit "beweisen" zu müssen. Angelina muss mE überhaupt nix mehr beweisen. Sie hat schon bewiesen, dass sie sportlich und menschlich gut ist. Insofern kann sie mutig und locker beim TOP 12 aufspielen.

[D.G.]

Zitat von Bernd Beringer

Angelina muss mE überhaupt nix mehr beweisen. Sie hat schon bewiesen, dass sie sportlich und menschlich gut ist. Insofern kann sie mutig und locker beim TOP 12 aufspielen.

Das deckt sich vollkommen mit meiner Meinung. Umso besser wenn dies auch von einem BTTV-Funktionär so gesehen wird. Danke Bernd.

[zipfelzieher]

Da muss ich mich auch mal einklingen in die Disskussionsrunde.

Vor 5-6 Jahren zählte ich auch zum erweiterten Kreis der Süddeutschen Spitze und bin nun demnach mit der Alternative konfrontiert worden, entweder den ganzen Stress mit Turniere, Verpflichtungen, Lehrgängen, Vorbereitungen, etc. anzunehmen oder ich werde nicht mehr gefördert!

Talent war da aber die Freizeit, Freund, geregelte Arbeit, etc. kann man in diesen Kreisen nicht erleben, da die Zeit und der Druck einfach zu groß ist.

Was ich damit sagen soll, Angelina spielt wirklich klasse, aber das das zum Geldverdienen und zum Lebensunterhalt reicht, bezweifle ich allerdings.

Im Bereich Ausbildung und Arbeitssituation ist denke ich im TT - Bereich auch nur eine kleine Möglichkeit als Trainer, Coach, etc. vorhanden.

Ich habe einen super Posten, Freunde und ein Privatleben und spiele nebenher als Hobby (Leistungssportler) TIschtennis - das ist genau was ich mir erhofft habe.

Die Erfolge bleiben auch hier nicht aus.

Jedoch was die Entscheidung sein wird wünsche ich euch viel Glück dabei!

[bayernfan]

Angelina schlägt zurück

nach dem ersten Tag bei den Top 24 der Damen ist sie mit 5:0 Gruppenerste

Siege gegen Meike Rohr, Svenja Weikert, Özler, He, Textor