Politik - der Thread für politisch Interessierte (bis Dezember 2021)

[Wohlfühlbacher]

Zitat von Brett13

Das war ein leider sehr bedauerliches Unglück. Dafür einen 26-jährigen Trainer zur Verantwortung zu ziehen, ist völlig daneben. Mit Verlaub, bin ich der Meinung, dass in dem Fall, die Richterin nicht alle Latten am Zaun hat

Ich verstehe nicht, warum du den Betreuer so vehement verteidigst und ihn von jeglicher Schuld frei sprichst, Bretti.
Diese Situation kenne ich zur Genüge und das Abbauen läuft nicht immer so, wie man sich das vorstellt. Allerdings musst du dir genau in dieser Situation der Gefahr bewusst sein und entsprechend konzentriert sein!

Die Richterin sah diese Konzentration beim Angeklagten offenbar nicht, so kam es zu einem Schuldspruch. Das ist eine rein juristische Entscheidung. Dass der Angeklagte mit diesem Unglück alleine fertig werden muss und wie er das tun wird, steht auf einem ganz anderen Blatt.

Vor Jahren kam es zu einem ähnlich tragischen Unfall im Sportunterricht irgendwo im Allgäu. Ein Schüler hängte sich an die Querlatte, das Tor kippte umd brach dem Schüler beim Aufprall das Genick. Der Sportlehrer wurde zu einer Geldstrafe von 5.000 EUR verurteilt.
Der Vorfall ging durch alle Schulen (zumindest in Bayern) und entsprechend wurden ALLE Lehrkräfte, nicht nur Sportlehrer (zumindest bei uns) nochmals ausdrücklich auf die Situation und den entsprechenden Handlungsbedarf hingewiesen.

Die verurteilte Lehrkraft hatte damals übrigens Revision eingelegt, da ihm die Höhe der Strafe zu hoch erschien...

[crycorner]

Zitat von Armendariz

Kinder machen immer alles so, wie man es ihnen erklärt hat?

Ich weiß nicht wie oft ich meinen Kids schon geduldig erklärt habe, dass die Tische erst aufgesperrt werden müssen, bevor man sie aufklappt. Dann ist man im Stress, holt noch die Netze aus dem Schrank, und kaum dreht man sich um, sieht man, wie ein Tisch schon halb umgekippt ist, weil zwei dran zerren wie verrückt und sich wundern, dass die Beine nicht ausklappen...

Und vom Fußball weiß ich noch ähnliches. Ist doch viel cooler, den Kollegen zu zeigen, dass man es auch alleine umkippen und an seinen Platz zerren kann, statt drauf zu warten, dass 5 andere einem helfen...

Ist kein Vorwurf, aber halt die Realität. Kids lernen durch Versuch-Irrtum. Und manchmal ist der Irrtum halt so groß, dass ein bleibender Schaden entsteht

Das ist mir schon klar. Als langjähriger Jugendbetreuer bei verschiedenen Sommer- und Winterfreizeiten kenne ich die Situationen. Wichtig für den ehrenamtlichen Betreuer ist aber, dass er eindeutige Anweisungen gegeben hat und seiner Aufsichtspflicht nachkommt. Es kann immer ganz schnell passieren, dass jemand ein Tor umkippt und sich dabei jemand anderes verletzt. Aber es muss auch in der Nachbetrachtung klar sein, dass die Jugendlichen gegen die ausdrückliche Anweisung des Betreuers gehandelt haben. Wenn der Betreuer aber anweist, dass das Tor weggeräumt werden muss, dann muss er eine klare Ansage machen, wie z.B.: Justin, nimm dir 5 Kollegen und tragt zusammen das Tor weg. Und dann muss er aber auch gucken, ob der Justin das auch macht. Er muss mMn nicht die ganze Zeit dabei bleiben, aber er muss bevor er sich einer anderen Sache widmet, sicher sein, dass das mit dem Tor ordentlich läuft. Und das konnte er in dem Fall eben nicht sein.
Mal abgesehen von Verletzungen während des Fussball spielens, gibt es schlichtweg kein anderes Risiko, das so groß ist für die Kinder und Jugendlichen wie ein 200 kg Tor, das auf irgendwen drauffällt, wenn´s weggeräumt wird.

[klugscheisser]

Hornberger schießen:
http://www.faz.net/aktuell/rhein-mai...t-1177425.html

letztlich hat es wohl das kleinste Rad erwischt, obwohl sogar der Bürgermeister
vor den kadi musste.

Die anderen Kinder der Famiie waren dann bei mir in der Shul-AG und sind jetzt in unserem Verein

[User 17544]

Zitat von Wohlfühlbacher

Ich verstehe nicht, warum du den Betreuer so vehement verteidigst und ihn von jeglicher Schuld frei sprichst, Bretti.

Weil ich aus eigener Erfahrung weiß, das solche Situationen mit noch so viel guten Vorsätzen und Worten nicht zu 100% vermeidbar sind und ich in dem Fall nichts erkennen kann, was man dem jungen Mann strafrechtlich zum Vorwurf machen könnte.

Dass der junge Trainer nun als Schuldiger für den Übermut des eigentlichen Verursachers, ein wohl 13 oder 14 Jahre alter Bengel, der sich offfensichtlich maßlos überschätzt hatte, stellvertretend herhalten muss, halte ich zusätzlich für mehr als fraglich.

Zitat von Wohlfühlbacher

Diese Situation kenne ich zur Genüge und das Abbauen läuft nicht immer so, wie man sich das vorstellt. Allerdings musst du dir genau in dieser Situation der Gefahr bewusst sein und entsprechend konzentriert sein!

Gerade wenn du das kennst und zudem wohl auch besser geschult für solche Situationen bist, wirste auch wissen, dass das trotz aller guten Vorsätze und in 99,99999999999999% der Fälle vorhandener Konzentration, immer passieren kann, dass du eben doch mal einen Augenblick abgelenkt bist, in dem dann alles mögliche passieren kann. Manchmal ist man auch einfach nur Mensch und da kann es durchaus jedem passieren, dass man gar mal völlig unabsichtlich einen fatalen Fehler begeht - wie etwa der eigentliche Versucher in dem Fall.

Selbst in solchen Fällen halte ich eine strafrechtliche Verurteilung wegen Fahrlässigkeit für sehr bedenklich.

Zitat von Wohlfühlbacher

Die Richterin sah diese Konzentration beim Angeklagten offenbar nicht, so kam es zu einem Schuldspruch. Das ist eine rein juristische Entscheidung. Dass der Angeklagte mit diesem Unglück alleine fertig werden muss und wie er das tun wird, steht auf einem ganz anderen Blatt.

Ich bin mir da gar nicht so sicher, dass das auf einem ganz anderen Blatt steht. Von Rechts wegen einer Straftat verurteilt zu werden lässt sich aus meiner Sicht nicht von den Vorwürfen, die sich der junge Kerl auch so machen dürfte trennen.

Lies dir mal den Wikipedia-Artikel zu Fahrlässigkeit durch. Mir wird da ganz anders, wenn ich dieses juristische Gefachsimpel lese...

Sorry, ich kann nur hoffen, dass dieser Fall wie von der Anwältin angeführt Signalwirkung hat. Zumindest in der Beziehung, dass sich Vereine mal die Mühe machen -gleich wie heutezutage schon viele Schulen zum Schutz der Lehrer - auf mögliche Gefahren schriftlich hinzuweisen und damit die Eltern durch eine Unterschrift in die Pflicht zu nehmen den eigenen Kindern beizubringen, dass z.B. wie in dem Fall Fußballtore nicht eigenmächtig auf- bzw abgebaut werden dürfen.

Das wird zwar in den seltesten Fällen dazu führen Unglücke zu verhindern, denn kindlicher Übermit ist schwer in den Griff zu kriegen, aber den einen oder anderen unrühmlichen Prozess, wie etwa diesen, könnte man damit zumindest etwas den Wind aus den Segeln nehmen

...und auch wenn's nicht zu dem Fall hier passt, hat mich heutemorgen ein Fall ebenso aus der Fassung gebracht wie dieser hier. Augenblicklich müssen sich zwei Polizisten wegen vorgeworfener fahrlässiger Tötung verantworten, die nicht verhindern konnten, dass ein durchgeknalter Typ seine Frau erschoss

[Wohlfühlbacher]

OK, dann drehen wir das Ganze doch mal um, lassen sämtliche Unfälle, die so passieren, strafrechtlich nicht verfolgen und geben den Zuständigen Betreuern, Aufsichtspersonen, Besitzern (z.B. von Hunden) und allen anderen Beteiligten das Gefühl, dass es (zumindest) strafrechtlich wurschd ist, wie sie sich verhalten.

Wäre das in deinem Interesse?

[User 17544]

Zitat von Wohlfühlbacher

Wäre das in deinem Interesse?

Ach komm, das ist dir hoffentlich klar, dass das nicht so ist!

[Wohlfühlbacher]

Weiß ich, aber deine Posts spiegeln das nicht wider. Bedingungsloses Verständnis für die "Verurteilten". Das bringt niemanden weiter.

Sehr komplex, diese ganze Situation mit spielenden Kindern, Betreuern, Lehrern, Trainer - wie auch immer - und entsprechend sollte man sie auch sehen.

[Wohlfühlbacher]

Zitat von Brett13

Gerade wenn du das kennst und zudem wohl auch besser geschult für solche Situationen bist, wirste auch wissen, dass das trotz aller guten Vorsätze und in 99,99999999999999% der Fälle vorhandener Konzentration, immer passieren kann, dass du eben doch mal einen Augenblick abgelenkt bist, in dem dann alles mögliche passieren kann. Manchmal ist man auch einfach nur Mensch und da kann es durchaus jedem passieren, dass man gar mal völlig unabsichtlich einen fatalen Fehler begeht - wie etwa der eigentliche Versucher in dem Fall.

Selbst in solchen Fällen halte ich eine strafrechtliche Verurteilung wegen Fahrlässigkeit für sehr bedenklich.

Hieltest du eine strafrechtliche Verurteilung auch für bedenklich, wenn es dein Kind beträfe...?

Wir reden dann, geben uns die Hand und das war's dann? Du gehst deiner Wege, ich meiner?

[User 17544]

Zitat von Wohlfühlbacher

Sehr komplex, diese ganze Situation mit spielenden Kindern, Betreuern, Lehrern, Trainer - wie auch immer - und entsprechend sollte man sie auch sehen.

Das mag wohl so sein, nur meine ich seit vielen Jahren beobachten zu können, dass der Hang dazu für jedes Unglück in dem Bereich 'nen Schuldigen finden zu müssen arg zugenommen hat.

Was ich schon alles für Zettel wegen diverser Teilnahmen meines Sohnes an Schulausflügen etc unterschreiben musste, zeigt mir auf, dass da rein rechtlich wohl leider nicht unbegründete Ängste bestehen, die aus meiner Sicht für niemanden wirklich gut sind.

Für mich ist dieses Urteil nun mal ein weiterer Schritt in die Richtung, dass in Zukunft immer weniger Menschen zu ehrenamtlicher Arbeit mit Kindern bereit sind. Unter diesen Umständen verständlich, wie ich finde.

Genau das, gefällt mir ganz und gar nicht. Freizeitangebote für Kinder und das für 'nen schmalen Euro halte ich für immens wichtig. Da läuft dann vielleicht mal nicht alles hochprofessionell, aber die Kinder haben Spaß und werden gefordert und gefördert. Wenn alles nur noch hochkorrekt und mit einem höchstmaß an Sicherheit laufen darf, wird sich wohl in Zukunft nur noch teuer zu bezahlende Angebote mit topausgebildetem Personal durchsetzen können wo eine Menge Kinder auf der Strecke bleiben...

Auf der anderen Seite versuch' mal 'nen Arzt bzw 'nen Krankenhaus an die Hammelbeine zu kriegen, der/das Mist gemacht hat...

[mithardemb]

Zitat von Brett13

Wo ich schon gerade bei unfassbar bin...
Die Empathielosigkeit, die dieser Einwand offenbart finde ich auch unfassbar

Unfassbar ist es vor allem wenn sich jemand erdreistet, Urteile zu kommentieren ohne die Details zu kennen und dabei noch ziemlich ungebührlich über die Aufgabe eines Richters spricht.

Wenn du eine sachliche Erläuterung was das Urteil für den Betreuer denn genau bedeutet als Empathielosigkeit empfindest, dann hast du vermutlich nicht verstanden um was es überhaupt geht.

Zitat von Brett13

Bist du dir eigentlich sicher, dass ein anderes Gericht bzw ein(e) andere(r) RichterIn, nicht zu einem völlig anderen Urteil gekommen wäre?

Ich bin mir ziemlich sicher, dass es sogar sehr wahrscheinlich ist...

Wie sollte man sich sicher sein, ob ein anderes Gericht den Angeklagten freigesprochen hätte. Ohne die Details kann man eben das ganze nicht bewerten.