Politik - der Thread für politisch Interessierte (bis Dezember 2021)

[vossi39]

Es ist doch aber gerade sehr "zeitgemäß" dem einen (Umwelt) mehr Raum zu geben. Oder findest Du nicht?

Den anderen Punkt finde ich spannend, da könnte man tatsächlich ansetzen, dass diese Peergruppenphase vielleicht nicht so lang anhalten muss, oder man schneller in die Peergruppe mit ähnlichen inneren Interessen kommt. Würde vielen Kindern Frust ersparen. Aber wer weiß, vielleicht ist das auch eine notwendige Erfahrung, die man machen muss.

Übrignds fand ich die Diskussion jetzt nicht sinnlos. Hab wieder ein paar neue Denk- und Sichtweisen kennengelernt und dafür alleine hat es sich gelohnt mit Dir zu "streiten"...
Dafür von mir ein *Danke*.

[Armendariz]

Bleibt noch die Frage, warum sich im Leben Interessen so oft ändern können. Klar gibt es Leute, die "das eine Thema" ihr Leben lang durchziehen. Aber wie oft lernt man Neues, weil man mit Freunden gemeinsam was anfängt? Weil ein Partner einen bestimmten Bezug hat, oder weil irgendetwas anderes im Leben aktuell ist?

Interessen sind in hohem Maße kulturell geprägt.

Das alles deutet auf mehr Umwelteinfluss als Genetik hin.

Frust... auch das gehört manchmal dazu. Dass man halt Dinge ausprobiert, um zu wissen, dass sie nichts für einen sind. Ich hab mit 14 TT quasi als Pflichterfüllung angefangen, weil ich nen Sport machen sollte nach dem Ende der Fußballphase. Und heute prägt es meine Freizeitgestaltung, nachdem andere Interessen weggefallen sind.

Danke dir auch für die jederzeit faire Diskussion!

[vossi39]

Zitat von Armendariz

Bleibt noch die Frage, warum sich im Leben Interessen so oft ändern können. Klar gibt es Leute, die "das eine Thema" ihr Leben lang durchziehen. Aber wie oft lernt man Neues, weil man mit Freunden gemeinsam was anfängt? Weil ein Partner einen bestimmten Bezug hat, oder weil irgendetwas anderes im Leben aktuell ist?

Interessen sind in hohem Maße kulturell geprägt.

Das alles deutet auf mehr Umwelteinfluss als Genetik hin.

Einen hab ich noch

Wechseln deine Interessen wirklich so stark? Oder liegt dem nicht auch wieder ein Muster zu Grunde, dass deinen Fähigkeiten und Neigungen (Genetik) am meisten zusagt. Meine Beobachtung sagt mir, dass ich nur Interessen weiterverfolge, bei denen ich in irgendeinerweise auch Erfolg und damit eine positive Rückmeldung erhalte. In dem von Dir zitierten Phasenmodell ist das doch wichtig für den Übergang. Nur externe Belohnung wird aber nicht reichen, um auf Dauer das Interesse beizubehalten, daher bleibst man am Ende wieder nur bei den Sachen, die einem auch liegen (internes Belohnungssystem).

Hast Du mal ein Beispiel für kulturgeprägtes Interesse? Vielleicht ist der Begriff Interesse hier bei uns beiden unterschiedlich eng oder weit gefasst. Aber ich kann mir gerade keines herleiten, dass vom Kulturkreis abhängig ist.

[Armendariz]

Religion/Spiritualität?
In Lateinamerika ist das Tanzen bei Männern viel beliebter als hier, weil es nicht als "weiblich" verbrannt ist. Hier sind Männer eher Tanzmuffel
Manche Gesellschaften sind sehr von Politik geprägt.
In totalitären Systemen wissen schon Kinder, warum ihr System besser ist als das der anderen, und durch die Belohnungen in den Jugendorganisationen bleibt das Interesse daran bis ins Erwachsenenalter erhalten.

In naturverbundenen Gesellschaften sind Kenntnisse über die Umwelt viel verbreiteter als bei eher urbanen Gesellschaften. Dafür hat es dort eben andere Möglichkeiten, Interessen nachzugehen und sie zu entwickeln (nimm mal den ganzen Interessensbereich, der überhaupt erst über Internet und neue Medien entstanden ist).

Wenn etwas wenig im eigenen Leben präsent ist, ist es schwierig, sich dafür zu begeistern.
Persönlich würde ich auch sagen, wenn ich von einem Thema "gesättigt" bin, dann ist Platz für andere Interessen. Fußball fand ich super als Kind, nur irgendwann war der Sättigungspunkt erreicht. Da war dann TT das große Ding. Später ging ich dann mit Freunden laufen und Bouldern, und das Gemeinschaftserlebnis hat auch zu echtem Interesse geführt. Tanzen konnte ich nie, bis meine erste Freundin drauf stand. Inzwischen hab ich ein gewisses Level und tanze auch gerne

Also ja, Interessen sind sehr dynamisch und zunächst anlassbezogen, können dann aber schnell zu echtem, persönlichem Interesse heranwachsen. Meine Erfahrung, aber muss ja nicht für alle gelten!

[Glücksball]

Zitat von Armendariz

@Glücksball: Klingt interessant. Hast du die Studie parat?

Ich schaue mal. Das war vor 2-3 Jahren in entsprechenden Medien.

EDIT: https://www.sciencedirect.com/scienc...90513802001071

Zitat von Armendariz

Spontan würde ich aber die Vergleichbarkeit kritisch sehen.
Bei bestimmten Primaten gibt es weit größere Unterschiede im Körperbau zwischen Männchen und Weibchen. Eine Machtprobe kann von Weibchen nur durch soziales Verhalten gewonnen werden; Wird eine Herde von einer anderen erobert, machen sich Primatenweibchen scheinbar richtig an die Eroberer ran, während die Männchen im Kampf sterben. Das erlaubt ihnen das Überleben und die Fortpflanzung.

Wir sind aber keine Gesellschaft, in der die rein physische Kraft eines Individuums im Alltag eine Rolle spielt, und zudem weitgehend unabhängig davon, dass Mütter ihre Kinder 24 Stunden am Tag bewachen müssen.

Es sagt ja niemand, dass ererbtes Verhalten in der heutigen Gesellschaft noch passt. Soweit ich weiß haben wir uns genetisch in den letzten paar tausend Jahren kaum verändert.

Falls man aber die Behauptung glaubt, dass mindestens ein Teil der frühkindlichen Spielpräferenzen genetisch bedingt ist, dann stellt sich doch die Frage, ob es angemessen ist, im Sinne einer Ideologie aktiv auf eine Umerziehung der (Klein-)Kinder zu setzen.

[Armendariz]

Tut doch niemand. Man stellt sich nur gegen die (mehr oder weniger bewusste) selektive Erziehung ZU konstruierten Geschlechterrollen. Schau dir mal eins der Videos zu den Erwachsenen an, die sich um die ("falsch" angezogenen) Kleinkinder kümmern (auf einer der letzten Seiten). Haben die Kinder freie Wahl bei der Auswahl der Spielzeuge, oder drücken ihnen die Erwachsenen die Spielzeuge auf, die ihrer Meinung zu dem Geschlecht passen?

Hier wird oft so getan, als würde die Genderforschung fordern, Jungs in Mädchenkleider stecken. Darum geht es nicht. Gender heißt nicht, dass man Kinder in eine bestimmte Richtung drückt, sondern dass untersucht wird, inwiefern bestimmten Sexes (biologischen Geschlechtern) soziale Genderrollen anerzogen werden (soziales Geschlecht: Mädchen sind so, Jungen so; Mädchen rosa, Jungs blau; Mädchen spielen mit Lillifee-Puppen oder Barbies und sollen sich hübsch anziehen, Jungs dürfen wild sein und spielen mit Drachen/Rittern/StarWars-Raumfähren). Es wird außerdem untersucht, ob sie das potenziell in ihrer freien Entwicklung behindert, und ob Zusammenhänge zu späteren Unterschieden bestehen, welche Angehörige beiden Geschlechts in ihrem Potenzial einschränkt.

Genausowenig wird bestritten, dass Jungs biologisch anders sind als Mädchen, und schon gar nicht, dass Frauen anders sind als Männer.

Aus meiner Sicht besteht das größte Ziel einer gendersensiblen Gesellschaft darin, den Kindern nicht mehr zu sagen "Das gehört sich aber nicht für ein Mädchen/einen Jungen". Dass Kinder nicht mehr über Kinder lachen, die ihrer Vorstellung von "normal" nicht entsprechen, weil schon Kinder wissen dürfen, dass Dinge wie rosa, Puppen, Lego, Fußball oder bestimmte Berufe eben NICHT auf ein bestimmtes Geschlecht zugeschnitten sein müssen.

[Glücksball]

Nun ja, es vergeht aber kaum ein Monat, in dem nicht von Politikern gefordert wird, dass es mehr Frauen in technischen Berufen geben sollte. Wenn es nur um die Erhöhung von Freiheitsgraden für Jungs und Mädels geht, dann habe ich keine Einwände.

[mithardemb]

Es gibt auch schon seit Jahrzehnten Anstrengungen der technischen Studiengänge den Anteil der weiblichen Studenten zu erhöhen. Das fruchtet aber bisher nur in begrenztem Ausmaß.

[Armendariz]

Da haben die Politiker durchaus Recht, denn Berufswünsche hängen auch eng mit Rollenvorbildern zusammen. Wenn es keine Frauen im Handwerk gibt (obwohl viele das könnten, was die wenigen zeigen, die sich dafür entscheiden), dann entsteht auch seltener der Wunsch danach, dort einen Platz in der Gesellschaft zu finden.
Dafür bekommt man als junges Mädchen immer mit, wie toll es alle finden, wenn man gut angezogen ist, sich nicht dreckig macht und sich allgemein wie ein "typisches Mädchen" verhält.

Mehr Frauen in technischen Berufen - mehr Anerkennung - mehr Mädchen, die sich vorstellen können, Ingenieurin oder Handwerkerin zu werden. Nebenbei: Mehr Nachschub für die dringend benötigten Betriebe.

[mithardemb]

Zitat von Armendariz

Mehr Frauen in technischen Berufen - mehr Anerkennung - mehr Mädchen, die sich vorstellen können, Ingenieurin oder Handwerkerin zu werden.

Dir ist aber schon klar, dass Handwerk mehr ist als Gas, Wasser, Schei