Eingleisige 2. Bundesliga und Einführung 3. Bundesligen

[Fozzi]

Zitat von Brett13

... Das merken auch die Zuschauer und die kommen dann halt zu den großen Turnieren aber nicht mehr so gern zu den Ligenspielen. Die TTBL ist doch an Langeweile kaum zu überbieten. Deshalb stehe ich mehr auf die 2.Liga und ich denke anderen geht es da nicht anders...

Eben.

Ich kenne die Zahlen nicht, die die Pokalendrunde an Zuschauern bringt. In dieser Form müßte man auch die Ligaspiele präsentieren. Wenn ich weiß, dass ich an einem Tag 40 Spiele mit 8-16 Stars komprimiert sehen kann, dann habe ich doch einen ganz anderen Anreiz, als mir im Zweifelsfall ein lustloses 45-Minuten-3:0-Gemetzel anzuschauen.

[Rudi Endres]

Das Spielsystem hat keinen Einfluss auf die Zuschauerzahlen. Das beweist die Damenbundesliga. Die Rückkehr zum Vierersystem brachte nichts. Die, die das derzeitige System der Herrenbundesliga am heftigsten kritisieren, habe ich noch nie bei Spielen gesehen. Das Argument, dass die Spiele zu kurz seien, stimmt ebenfalls nicht. Mag man es auch noch so oft wiederholen. Ich war bei fast allen Spielen des 1. FC Saarbrücken. Ganze zwei waren kurz, dafür einige überlang (4,5 Stunden). Längere Spielzeiten sind für ausgesprochene Fans zumutbar, nicht jedoch für den "normalen" Zuschauer, der Rücksicht auf die Familie nehmen muss. Insofern sind wir TT-News-Schreiberlinge nicht repräsentativ.
An dem Glaubensstreit über die Doppel will ich mich nicht beteiligen. Was mich stört ist die zu große Bedeutung des Einser.

Der Gedanke die Ligaspiele in Turnierform durchzuführen, ähnlich dem Pokalfinale, hat seinen Reiz. Man müsste ausloten, ob so was organisatorisch machbar ist. Es dürften z.B. in der jeweiligen Region an solchen Tagen keine Punktspiele stattfinden.

Sorry jetzt bin ich vom eigentlichen Thema abgekommen.

[Fozzi]

Zitat von Rudi Endres

...
Sorry jetzt bin ich vom eigentlichen Thema abgekommen.

Wirklich? Hat die aktuelle Reform Ihren Ursprung nicht genau im angesprochenen Themen- bzw Problembereich? Zugegeben schwer zu beurteilen, wenn man vom Verband hierzu keine konkrete Zielsetzung erfährt. Und wenn, wie Du schreibst, das Spielsystem nicht den Unterschied macht (wobei ich bezweifle, dass die gemachten Erfahrungen bei den Damen 1:1 auf die TTBL übertragbar sind), dann wären das doch zum Thema passende Gedanken und Diskussionen, oder?

[Balian]

Die mangelnde Attraktivität der Bundesligen spiegelt nur ein wenn nicht sogar das Grundproblem der Massensportart Tischtennis wieder: TT wird in der Öffentlichkeit als reiner Freizeitsport und nicht als Leistungssport wahrgenommen.

Diese simple Wahrheit versuchen Verbände und Funktionäre bereits seit ewiger Zeit so gut es geht zu ignorieren. Ein nicht abnehmender Schwall an Regeländerungen soll höhere Medienpräsenz ermöglichen und damit ein neues Image als schneller und moderner Hochleistungssport kreieren.

Erreicht wurde in der breiten Öffentlichkeit damit gar nichts, vorangetrieben hat es nur die Entfremdung zwischen den Aktiven an der Basis und der Leistungsspitze. Dort ist seit über 20 Jahre ein wachsender Prozess der Professionalisierung zu beobachten: immer mehr Spieler, Trainer und neuerdings auch Funktionäre verdingen sich ihren Lebensunterhalt zur Hauptsache durch den Sport Tischtennis. Diese zahlenmäßig recht kleine Gruppe hat naturgemäß ein hohes Interesse an immer mehr Förder- und Sponsorengeldern - und die bekommt man nur mit einem anderen Image.

Dieser schleichende Prozess der Entfremdung produziert die größten Fehlentwicklungen ausgerechnet im Mannschaftssport. Im Gegensatz zur Einzelsportart Tennis generieren die meisten Profilspieler und -trainer ihr Einkommen in den Vereinen, nicht durch die Einzelmeisterschaften und -turniere. Der sportliche Stellenwert von Einzeltiteln ist aber um ein vielfaches höher und so werden die gutbezahlten Mannschaftswettkämpfe von den Profis als lästiges Übel angesehen.... und das merken auch die Zuschauer.

Ohne die Finanzkraft der Vereine und ihrer Sponsoren wäre Profi-Tischtennis in Deutschland allerdings nicht möglich. Allerdings werden diese Vereine von Verbänden und Profis stiefmütterlich behandelt, wenn es um ihre Interessen geht. Man stelle sich vor die Bundesligapartie FC Bayern gegen Dortmund muss wg. eines Nationalmannschaftslehrgangs verlegt werden: was im Fußball undenkbar wäre ist im Tischtennis leider gang und gäbe.

Funktionäre in den Verbänden zehren ihre Macht durch die Anzahl der abhängig Beschäftigten (Trainer, sonstiges Personal), die sie vorweisen können. Dazu braucht man neben den Abgaben der Vereine vor allem Fördergelder. Die bekommt man in erster Linie für sportliche Erfolge auf nationaler und internationaler Ebene und zwar bei Einzelmeisterschaften. Ergebnisse bei Ligaspielen sind da völlig uninteressant. Also handeln viele Funktionäre bewusst gegen die Interessen der Vereine und der Basis und leiten alle Gelder in die Förderung von Eliten.

Der gemeine Breitensportler ist nicht so dämlich, dass er das nicht merkt. Er ist sogar so clever, dass er wenig Interesse an diesen Strukturen hat und sich sagt, solange ich in Ruhe meinem Sport nachgehen kann, kümmern mich diese Entwicklungen wenig. Kein Wunder, dass nur 1% der Aktiven ihren eigenen Verbandspräsidenten oder die nächstgelegenste Bundesligamannschaft kennen. Dagegen wird jeder aktiver Fussballer im Schlaf alle 18 Bundesligisten aufzählen können und kennt auch die aktuelle Aufstellung der Nationalmannschaft. Bedeutet dass jetzt dass der gemeine Fussballspieler intelligenter als sein Tischtennispendant ist. Nein, dafür kennt der TT-Spieler das Gros der Kreis- und Bezirksligamannschaften im direkten Umfeld, das interessiert ihn halt.

Was bedeutet all dies jetzt für die anstehende Reform der Bundesligen. Die Öffentlichkeit und die TT-Basis werden nichts davon mitbekommen. Jede Wette, das keiner meiner Mannschaftskollegen dies registrieren wird und jede Wette, das dadurch keine Minute mehr TT ins Fernsehen kommt. Recht haben dürften diejenigen Propheten, die weiter sinkendes Intéresse der Vereine für Startplätze in der Bundesliga und ein Anwachsen der nach Weltranglistenplatz bestenfalls drittklassigen chinesischen und osteuropäischen TT-Legionäre voraussagen.

Ach ja, Sponsorengelder wird es auch eher weniger geben und damit dürfte die eingleisige zweite Liga schneller Geschichte sein als sie eingeführt wurde. Bei den Damen frage ich mich, ob es sie es überhaupt je geben wird. Wen interessiert halt schon ein Zweitligaduell zwischen Frau Wu und Frau Wang, wenn die beiden Damen nie den Namen ihres jeweilig aktuellen Vereins werden aussprechen können.

Insofern bleibt für uns Aktive alles beim Alten. Ein paar Funktionäre können sich unheimlich wichtig tun und Profi-Trainer und -spieler hoffen auf etwas mehr Geld..... und in drei Jahren wird die nächste Sau durchs Dorf getrieben. Allerdings nicht mehr auf der Hauptstrasse sondern nur noch in einer dunklen Seitengasse.

[Fastest115]

[User 17544]

Zitat von Fozzi

Und wenn, wie Du schreibst, das Spielsystem nicht den Unterschied macht (wobei ich bezweifle, dass die gemachten Erfahrungen bei den Damen 1:1 auf die TTBL übertragbar sind), dann wären das doch zum Thema passende Gedanken und Diskussionen, oder?

Sehe ich auch so...

Mal ganz davon abgesehen, dass ich bei der Thementreue eh nicht so engstirnig bin ;-)

Den Ursprung der Zweitligareform sehe ich zwar nicht unbedingt bei den Zuschauerzahlen, aber ganz sicher beim TTBL-Spielsystem.

Der Gedanke dahinter die 2.BL eingleisig zu fahren und auf Vierermannschaften zu ändern, dürfte wohl in erster Linie den seit Jahren eher zurückhaltenden Aufstiegsambitionen der Zweitligaclubs in die 1. Liga geschuldet sein.

In wie weit sich dieses Kalkül bewahrheiten wird, bleibt abzuwarten. Vereine aus dem Norden und aus dem Süden dürften der längeren Anreisen wegen ein wenig Bauchschmerzen haben...

[Rudi Endres]

Zitat von Balian

Die mangelnde Attraktivität der Bundesligen spiegelt nur ein wenn nicht sogar das Grundproblem der Massensportart Tischtennis wieder: TT wird in der Öffentlichkeit als reiner Freizeitsport und nicht als Leistungssport wahrgenommen.

Dein Beitrag ist treffend. Kompliment!
Bleibt die Frage warum TT als reiner Freizeitsport wahrgenommen wird. Ist es die mangelhafte Präsentation, wie manche meinen. Oder liegt das Problem im Spiel selbst (kurze, nicht nachvollziehbare Ballwechsel und das Unvermögen des Laien die Leistung zu beurteilen).

[Nepomuk]

Balian haut hier mal eben den sinn,-und gehaltvollsten Beitrag des Kalenderjahres 2012 in diesem Forum raus...

Eingleisige zweite BL ist das schlimmste was unserem Sport passieren kann.

[User 17544]

Zitat von Rudi Endres

Bleibt die Frage warum TT als reiner Freizeitsport wahrgenommen wird. Ist es die mangelhafte Präsentation, wie manche meinen. Oder liegt das Problem im Spiel selbst (kurze, nicht nachvollziehbare Ballwechsel und das Unvermögen des Laien die Leistung zu beurteilen).

Ich glaube gar nicht das TT in erster Linie bei den Laien als Freizeitsport wahrgenommen wird. TT ist halt eine Sportart die kein besonderes Interesse bei der Allgemeinheit hervorruft. Ein Schicksal das TT nun mal mit vielen Sportarten teilt.

Aus meiner Sicht wird TT nicht anders wahrgenommen als Tennis. Tennis ist für die meisten Menschen hier in D auch eine "Freizeitsportart". Das hatte sich mit Boris Becker und Steffi Graf für eine ganze Weile geändert. Aber nur weil es zwei echte Weltklassespieler waren.

TT wandelt sich - wohl mit dem Kalkül auch mal so Größen wie Boris Becker und Steffi Graf hervorbringen zu können - auch zum reinen Einzelsport. Den Versuch Mannschafts-TT weiter am Laufen zu halten gibt es zwar auch, aber sonderlich erfolgreich ist das nun mal nicht. Die einzige echte internationale Größe Timo Boll spielt doch für D-dorf nur wenn es unbedingt sein muss. Timo Boll's Uhr läuft allerdings gnadenlos ab und ein zweiter Timo Boll ist nicht in Sicht.

Unattraktiv finde ich Spitzen-TT nicht. Auch wenn die ach so geliebten langen Rallyes oft ausbleiben. Wenn sie sich aus einem atraktiven Spiel ergeben - schön. Keine Frage. Erzwingen kann und sollte man das nicht. So ist Sport halt. Für die perfekte Show muss man in den Zirkus. Eine attraktive Sportart nimmt keinen Schaden daran, wenn es mal schlechte Spiele gibt. "And the winner ist Borussia Düsseldorf" als Dauerzustand ist viel schlimmer. Dazu die künstlichen Play-Offs, Pokal und CL. Meist alles sehr unattraktiv weil vom Ausgang her zu vorhersehbar. Da fehlt nun mal die echte Spannung. Wie will die auch aufkommen, wenn bei dem Spielsystem ein Timo Boll in Normalform schon zwei der drei zum Sieg nötigen Punkte im Alleingang machen kann und meist auch macht?

...über die nicht selten vorkommende Beschönigung von Zuschauerzahlen mittels Verschenken von Karten muss man da erst gar nicht reden. Wer meint so die Medien und Sponsoren verarschen zu können, ist halt auf dem Holzweg.

Balian hat das aus meiner Sicht schon ganz gut beschrieben...

[Rudi Endres]

Zitat von Nepomuk

Balian haut hier mal eben den sinn,-und gehaltvollsten Beitrag des Kalenderjahres 2012 in diesem Forum raus...

Eingleisige zweite BL ist das schlimmste was unserem Sport passieren kann.

Ich kann mir Schlimmeres vorstellen.

Sollten sich die Befürchtungen bewahrheiten, so wird man die Reform schnell und leise rückgängig machen. Natürlich so, dass man sein Gesicht wahren kann.
Aber warten wir erst mal ab. Ich habe mich schon oft geirrt.
Erinnert ihr euch noch an die Einführung der Elfersätze? Man konnte den Eindruck gewinnen, TT stände vor dem endgültigen Aus. Wen schert das heute noch?