Lohnt Jugendarbeit?

[Rudi Endres]

Redet man in den Landesverbänden von Jugendarbeit, so meint man Erfolge im Spitzentischtennis. Kein Wunder, denn die Zuweisungen der Landessportverbände, Sportbünde etc. sind in der Regel streng leistungsbezogen.
Sowohl Strafzahlungen als auch Belohnungen für die Vereine würden die Wechselbörse antreiben. Für die Kleinen bliebe nichts übrig.
Trotzdem muss was geschehen. Weit über die Hälfte aller Vereine hat keine oder nur eine Jugendmannschaft. Das reicht bei weitem nicht, um die Abgänge zu kompensieren. Je weniger Kinder ausgebildet werden, umso größer ist die Gefahr der Abwerbung. Ein Teufekskreis.

[Chris Kratzenstein]

Ich sehe nicht wieso die Belohnung für gemeldete Jugendmannschaften die Wechselbörse anfeuern würden.
Denn viele Jugendmannschaften hat man nicht mit den Spitzenspielern sondern wenn man Basisarbeit macht und dass kann man nur mit Spielerwechseln nicht erreichen.
Die Belohnung dürfte aber eben nicht abhängig sein von Spitzenleistungen. Es sollte viel mehr um Basisarbeit gehen und nicht um Spitzenarbeit in den Vereinen. MaikS hat es sehr richtig geschrieben. Wir müssen weg davon, dass wir Jugendarbeit für den eigenen Verein machen. Man macht Jugendarbeit für unseren Sport und für die Jugendlichen. Davon profitiert am Ende unser Sport mehr, wie wenn sich Vereine auf Leistungssport konzentrieren. Dafür sind die Verbände zuständig. Die Vereine sollten als Ziel haben viele Kinder zu unserem Sport zu bringen. Bei mehr Auswahl ist dann die Chance auch größer Spieler für den Leistungssport zu finden.

[Fastest115]

Zitat von Chris Kratzenstein

Wir müssen weg davon, dass wir Jugendarbeit für den eigenen Verein machen. Man macht Jugendarbeit für unseren Sport und für die Jugendlichen. Davon profitiert am Ende unser Sport mehr, wie wenn sich Vereine auf Leistungssport konzentrieren. Dafür sind die Verbände zuständig. Die Vereine sollten als Ziel haben viele Kinder zu unserem Sport zu bringen. Bei mehr Auswahl ist dann die Chance auch größer Spieler für den Leistungssport zu finden.

Dieser Denkweise werden aber 90% der Vereinsvorstände nicht folgen (Erfahrungswert).

Sie werden weder Zeit noch Geld noch Hallenkapazitäten bereit stellen zur Beschäftigungstherapie für Jugendliche oder um für andere Vereine oder den TT Sport allgemein Spieler zu generieren, sondern dann lieber versuchen die Resourcen auf andere Weise so einzusetzen um "fertige" TT Spieler als neue Mitglieder zu gewinnen.

Deren einziger Grund mit denen du ihnen Jugendarbeit schmackhaft machen kannst ist, dass man so an gute Spieler für den eigenen Verein kommen, die quantitativ und qualitativ den Verein weiter bringen. Dazu musste ihnen Beispiele von ähnlichen Vereinen bringen, wo das geklappt hat und hoffen das sie dir nicht für jedes positive Beispiel 5 negative um die Ohren hauen.

[mithardemb]

Zitat von Fastest115

Dieser Denkweise werden aber 90% der Vereinsvorstände nicht folgen (Erfahrungswert).

Sie werden weder Zeit noch Geld noch Hallenkapazitäten bereit stellen zur Beschäftigungstherapie für Jugendliche oder um für andere Vereine oder den TT Sport allgemein Spieler zu generieren, sondern dann lieber versuchen die Resourcen auf andere Weise so einzusetzen um "fertige" TT Spieler als neue Mitglieder zu gewinnen.

Ich denke gerade den kleinen Vereine die keine höher spielenden Mannschaften haben, gehts eher um die zukünftigen Mitglieder als um spielstarke Spieler. Ein sinnvolle Jugendarbeit eines solchen Vereins besteht also eher darin, Jugendliche früh in Vereinsaufgaben einzubinden. Das bindet einen Sportler am ehesten an den Verein.

Gegen "fertige Spieler" hat sicher kaum ein Verein etwas. Aber da sie ja dadurch nur eine geringe Vereinsbindung haben, wechseln sie auch eher wieder.

[alba]

Ich habe jetzt sehr viel Richtiges gelesen. In meinem Verein (mittlere Stadt) treiben wir seit vielen Jahren hohen Aufwand. Wir versuchen, alle gemäß ihrem Talent zu fördern, wenngleich es mehr Spaß macht, mit begabten Kindern zu arbeiten. Derzeit haben wir etwa 50 Kinder bis zu einem TTR von etwa 1300. Unsere Ziele? Förderung des Tischtennis allgemein, Kinder von der Playstation und Straße wegzubekommen gehören sicher dazu, aber auch den eigenen Verein mit frischem Blut zu versorgen. Und das ist eine Herkulesaufgabe. In den letzten 30 Jahren dürften etwa 450 Kinder bei uns angefangen haben, zur Zeit spielen davon gerade mal 10 in unseren Herrenmannschaften. Schätzungsweise 25 sind noch in anderen Vereinen aktiv (bis Regionalliga). Gerade in den letzten 2,3 Jahren wurden uns viele gute Spieler abgeworben, was uns von der Bezirksliga in die 3. Kreisliga abrutschen ließ.
Es lauern zahlreiche Fallstricke, bis aus einem Anfänger ein Spieler der eigenen Herrenmannschaft geworden ist.
1. Halbwegs sportliche Kinder erst mal in den Verein zu locken: Minimeisterschaften der letzten 3 Jahre mit jeweils etwa 25 Teilnehmern haben uns zusammen nur 3 neue Mitglieder gebracht. 6 Schul-AGs mit mäßigem Erfolg usw.
2. Unregelmäßiger Trainingsbesuch. Gegen das Eltern-Argument " Schule hat Vorrang" ist man chancenlos, auch wenn oft nur vorgeschoben.
3. Durchhaltevermögen. Wir stehen in Konkurrenz zu zahlreichen anderen Angeboten und etwas Neues ist immer verlockender als ausdauernd das immer Gleiche zu üben.
4. Umzug. Wohnortwechsel der Eltern aus beruflichen Gründen sind heute gang und gäbe.
5. Trennung der Eltern. Kinder, die jedes 2. Wochenende beim entfernt wohnenden Vater verbringen, sind ein weiteres wachsendes Problem.
6. Pubertät. Mancher tischtennisbegeisterte Zehnjährige findet es später uncool (Wechsel der Clique, erste Freundin etc).
7. Abwerbung der Besten. Ich beeobachte in den letzten Jahren ein immer penetranter werdendes Buhlen mancher Vereine um die wenigen echten Talente.
8. Übergang in den Erwachsenenbereich. Hier gibt es gleich mehrere Hürden. So wollen oft ältere Spieler gar nicht mit den Jungen in einer Mannschaft spielen. Andere weigern sich, ihren Stammplatz aufzugeben, solange der Nachwuchsmann nicht klar stärker spielt. Viele Jugendliche geben auch nach deprimierenden Niederlagen gegen Routiniers, mit deren Spielweise sie nicht zurechtkommen, auf.
9. Studium. In der Regel ist nach dem Abitur ein Wohnortwechsel zum Studienort fällig. Meistens geht dies mit Vereinswechsel oder Karriereende einher.
Ich habe trotzdem noch Spaß an der Nachwuchsarbeit, ertappe mich aber immer wieder bei pessimistischen Überlegungen, wie lange das Kind, mit dem ich gerade trainiere, wohl durchhalten wird.

[chokdee]

Ich kann das alles sehr wohl nachvollziehen. Ich frage mich wie machen das die Fussballvereine? Geht das von alleine?

Insgesamz sind es laut Statistiken ja nicht weniger Sportler in Deutschland geworden. TT gehört aber klar zu den Verlierern.

Aber Aufgeben zählt nicht für diesen tollen Sport !!

[neisseblocker]

Soviel zur Mitgliederentwicklung:

http://www.tischtennis-blog.de/archi....html#extended

Jede Jugendarbeit ist besser als keine ...

Wir arbeiten mehr breiten- als leistungssportorientiert. mini-Meisterschaften brachten uns gerade in der AK 8-12 einen ordentlichen Zuwachs. Hatten wir vor Jahren null bis eine Nachwuchsmannschaft, sind es ab der neuen Saison drei. Ich denke, Wettkämpfe sind das Salz in der (Trainings-) Suppe, auch wenn zwei Teams auf unterstem Kreisniveau spielen.

Alle - nicht nur die talentierten Kinder, die wir uns noch mit Fußballverein oder Musikschule teilen - wollen und müssen mitgenommen werden, sonst sind sie ja gleich wieder weg. Und wenn es am Ende den Kindern und den Trainern Spaß macht ...

Völlig illusionslos muss ich die Quote betrachten, wieviel mal den Sprung in die Herrenmannschaften schaffen. Mit Ausbildungs- bzw. Studienbeginn sind bis jetzt fast alle weg gewesen. Das sind Dinge, auf die wir als Verein keinen Einfluss haben.

Dennoch machen wir weiter und weiter ...

[alba]

Fußball hat es einfacher.
1. Es steckt viel mehr Geld im System: Vom Jugendtrainer bis zum Profi, auf allen Ebenen ist es finanziell lukrativer als TT.
2. Technisch weniger anspruchsvoll. Man muss nicht erst zwei Jahre trainieren, um mitspielen zu können.
3. Fußball ist in den Medien allgegenwärtig, als Sport die Nr 1 in Deutschland.
Einen Nachteil gibt es aber auch: es müssen 11 (+ x) Spieler gefunden werden, das ist in kleinen Orten fast unmöglich.

[mithardemb]

Obwohl Fußball täglich in den Medien präsent ist und dort gigantische Summen umgesetzt werden, leidet man dort unter genau dem selben Problem.

Vereine die vor Jahrzehnten ohne Schwierigkeiten alle Jugendmannschaften von der F bis zur A Jugend alleine anbieten konnten haben heute Spielgemeinschaften, müssen einige Klassen unbesetzt lassen oder haben gar keine eigene Jugend mehr.

[chokdee]

Das kann ich in der Breite nicht glauben, da im Fussbal seit Jahren keine Rückgänge von Mitglieder zu verzeichnen ist.