TTR-Abzug oder nicht?

[Waterhouse]

Die 90 % sind eine Schätzung aus ca. 35 Jahren Teilnahme am aktiven Spielbetrieb. Während ich mich kaum an eine ernste Verletzung, die zur Aufgabe gezwungen hat, erinnern kann, kam es doch schon häufiger vor, dass Spieler sich aus taktischen Gründen aufgestellt haben (was absolut legitim ist).

Ich persönlich habe in der vorletzten Runde auch viele Spiele verletzt bestritten. Spätestens wenn mein Platz im vorderen Paarkreuz gefährdet gewesen wäre, hätte ich lieber pausiert.

Ich bleibe dabei. Wer sich in den Einzelaufstellungen wiederfindet, muss sich damit einverstanden erklären, dass seine zwei Einzel in die Bilanz eingehen. Egal, ob gespielt, ein Ball gespielt oder komplett geschenkt.

Ich stelle mir nur vor, dass der Gegner noch einen Sieg braucht, um vorne zu bleiben und sein Kontrahent (TTR gleich, aber Lieblingsgegner, Bilanz 0:10 im direkten Duell) schenkt ab.
Ist das von Euch wirklich gewollt, dass man gegen Angstgegner einfach abschenken und so seinen TTR schonen kann?

[NicoZ]

Folgt eigentlich keiner dem Gedankengang "Wer kampflos aufgibt weiß, dass er so oder so verloren hätte und setzt damit dieses Ergebnis"? Das finde ich nämlich sehr, sehr naheliegend. Übrigens auch beim Schach.
Wenn man dann sagt "Taktik, schriebt mich hin aber ich spiel nicht!"... dann ist mir das vollkommen Zwetschge. Wer gar nicht erst spielen will, will eine 0-Leistung erbringen und eine 0-Leistung ist eine effektive Spielstärke von 0 und verliert. Letztlich sagt häufiges Nicht-Spielen doch auch etwas aus und belegt eine gewisse psychologische Grundkondition auch einfach mal (ohne Grund) zu "nicht-gewinnen". Ja, man hat dann nicht gespielt. Aber _bewusst_ darauf verzichtet.

Das Mathe-Experiment ist da nur scheinbar passend, denn es fehlt die Grundkondition "Wenn aufs Ziehen verzichtet wird, wird dies wie eine Als-Ob-Rote Kugel gewertet [und wir sind uns bewusst, dass dies dann nicht zwangsläufig zu den tatsächlich vorhandenen roten Kugeln führt, was wir aber in Kauf nehmen, da dieser Tilt in diese Richtung erwünscht/gebilligt ist]."

Bottomline: Zwei durchaus nachvollziehbare Herangehensweisen, ich präferiere persönlich das Werten von kampflosen Spielen. Ansonsten müsste man ja auch Verletzungen, Krankheiten und wasweissichnoch irgendwie anders berechnen. (Will noch jemand behaupten, die würden die Spielstärke nicht beeinflussen weil sie ja wieder verschwinden? Oh und wenn man schlecht drauf ist...; eine 100%ige Messung, noch dazu post-fact, gibt es nicht.)

[Fopspin]

Zitat von Waterhouse

Ist das von Euch wirklich gewollt, dass man gegen Angstgegner einfach abschenken und so seinen TTR schonen kann?

Man verschenkt dadurch "einfach" ein Punkt.
Auf meine Frage wie froh ein Mannschaftsführer darüber sein wird, habe ich noch kein Antwort bekommen.
Nicht aufstellen lassen schont die TTR gegen Angstgegner ebenfalls. Abschenken ist dafür nicht nötig.

Und ob es "gewollt" ist steht überhaupt nicht zur Debatte. Das Mittel um es zu vermeiden taugt nichts und macht eine Wertberechnung unsauber. Das ist das Problem.

Du drehst hier übrigens auch wieder die Unschuldsvermutung um, und gehst erstmal vom Schuld aus.



Ich bin persönlich der Meinung, dass das Turniersystem in Deutschland unglücklich gewählt ist, und für Manipulationen anfälliger ist als alternative Systeme.
http://de.wikipedia.org/wiki/Turniersystem_(Tischtennis)
(warum lässt sich der Link nicht kopieren? Nach kurz durchklicken findet man die richtige Seite)
In der Niederlande habe ich 15 Jahre das Dreiermannschaftssystem unter 1.3.2 (schwedisches Liga-System) gespielt.
Soweit ich informiert bin wird immer noch so gespielt und vor meiner Zeit ('76-'90) ebenfalls. Manipulationen kamen eigentlich sehr selten vor. Ist bei dem System auch kaum möglich. (mittels einige einfache Regeln, welche die Ersatzmöglichkeiten in höhere Mannschaften einschränken und "festspielen" unmöglich machen)
Ein zu starker Spieler in eine tiefere Mannschaft stellen, wenn man ein "Depp" dafür findet der da mitmachen will, ist so ungefähr das Einzige was "schiefgehen" kann. Und kam eher selten vor. (jetzt haben die in NL auch ein Ratingsystem, aber ich weiss nicht ob es Aufstellungsrelevant ist)

Das niederländische System ist mir persönlich 10x lieber als das Deutsche. Es gibt sicher einige Nachteile, aber die Vorteile scheinen zu überwiegen. In NL wurde jedenfalls nicht viel Zeit verschwendet sich über Manipulationen auszutauschen und Regel zu finden um sie zu vermeiden.
Leider wird das schwedische System hier nie eingeführt werden, weil "was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht" in Deutschland meist zutrifft.

[tate]

Tatsache ist aber doch auch, dass ein verletzter Spieler, der seine Spiele verletzungsbedingt entweder abschenkt oder stark gehandicapped verliert, in eben diesem Moment seine alte Spielstärke nicht hat. Und der TTR-Wert, den er im Zustand seiner vollen Spielstärke erworben hat, tendiert eben, solange diese für ihn natürlich missliche Verletzungsphase andauert, in Richtung seiner zurzeit wahren - verletzungsbedingt wesentlich niedrigeren - Spielstärke. Und dazu gehört eben, dass dem Spieler auch für abgeschenkte Einzel TTR-Punkte abgezogen werden müssen.

Ich halte die Entscheidung der TTR-Verantwortlichen in Bezug auf die Behandlung abgeschenkter Spiele deswegen für absolut konsequent und damit für logisch und nachvollziehbar.

[Fopspin]

Zitat von NicoZ

Folgt eigentlich keiner dem Gedankengang "Wer kampflos aufgibt weiß, dass er so oder so verloren hätte und setzt damit dieses Ergebnis"? Das finde ich nämlich sehr, sehr naheliegend. Übrigens auch beim Schach.

Ich spiele ~25 Jahre Schach und habe insgesamt nur einmal kampflos verloren weil ich nicht angetreten bin. An dem Tag bin ich ziemlich früh aus Bremen abgereist um zeitig Siegen zu erreichen. Nach ~2std. Stau durch Vollsperrung wurde es eng um noch zum Spielbeginn vor Ort zu sein. Ein zweiter Stau am Westhofenerkreuz machte es dann unmöglich noch zu spielen.
Ist man nach eine kampflose Niederlage wo soviel pech im Spiel ist auf einmal ein "schwächere" Spieler geworden? Und der Gegner stärker? (nur weil ich zu spät abgereist bin)
Das ist doch alles Unsinn.

Auch du stellst die Unschuldsvermutung auf dem Kopf.

[NicoZ]

Zitat von Fopspin

Auch du stellst die Unschuldsvermutung auf dem Kopf.

Nö, tue ich nicht. Ich gehe nur davon aus, dass ein nicht Anwesender, der nicht spielt, auch gar nicht erst als Spieler aufgestellt/gemeldet/nenn-es-wie-du-willst ist bzw. zu sein hat. Wenn er gemeldet ist, ist er in dem Sinne auch nicht "unschuldig". (Und bevor die Frage aufkommt: Ich finde die Regelung beim Turnier unglücklich. Die Runde des Ausscheidens sollte m.E. gewertet werden.)

[Fopspin]

Zitat von NicoZ

... eine 100%ige Messung, noch dazu post-fact, gibt es nicht.)

Und deswegen ist eine Aufstellungsrelevanz (mit enge Toleranzwerten) abzulehnen.
Viel mehr als ein informativen Wert kann man ein TTR-Wertung nicht anhaften.

[Waterhouse]

@ Fopspin

was willst Du eigentlich mit Deiner Unschuldsvermutung? In Mannschaftskämpfen laufen die überwiegende Anzahl der kampflosen Spiele halt so, dass der Schenkende von vornherein nicht spielen will. Und das darf er auch. Meinst Du mit "Unschuldsvermutung", dass er ne Stunde vorher noch nicht wusste, dass er gar nicht spielen will?

[Fopspin]

Zitat von tate

Ich halte die Entscheidung der TTR-Verantwortlichen in Bezug auf die Behandlung abgeschenkter Spiele deswegen für absolut konsequent und damit für logisch und nachvollziehbar.

Und die Berliner-Verantwortlichen die bei der LivePZ-Berechnung korrekt vorgehen sind dann inkonsequent, unlogisch und nicht nachvollziehbar?

Und mit diese Einstellung möchte man diese Leute noch dazu bewegen sich das krüppele TTR/MyTT anzuschließen.
Für wie dumm kann man sich verkaufen lassen.

[Fopspin]

Zitat von Waterhouse

Meinst Du mit "Unschuldsvermutung", dass er ne Stunde vorher noch nicht wusste, dass er gar nicht spielen will?

Du hast mein Link zum Berliner Verband wahrscheinlich nicht angeschaut.
Dort war der erste Fall von "Abschenken" ein Spieler der nach dem Doppel nicht mehr Einzel gespielt hat, und anschließend ~2 Monate nicht aufgestellt wurde.
Hier von taktische Manipulation aus zu gehen halte ich für höchst beleidigend dem betreffende Spieler gegenüber.
(und das meine ich mit "Unschuldsvermutung" ist zu beherzigen)


Wenn ich ein Regel/Gesetz einführe womit ich 10 Diebe erfolgreich belangen und bestrafen kann, aber ich muss dafür in Kauf nehmen das möglicherweise ein 11.Person unschuldig bestraft wird:
taugt eine solche Regel/Gesetz etwas?