Schach Weltmeisterschaften

[Jolien]

Zitat von Neuanfang

11. Partie:
Die Remis-Serie wurde gerade durchbrochen, gewaltiger Vorstoß des Tigers am Damenflügel
...nach Damen-Drachenfehler im Nordwesten>>>
>>> Aufgabe des Titelverteidigers und der junge Inder geht (erstmals) in Führung. *6:5*

Danke dir @Neuanfang für deinen knappen Bericht, ich habe auch auf Facebook gelesen, dass Gukesh seinen 2. Sieg in diesem Weltmeisterschafts-Turnier eingefahren hat. Somit, muss jetzt auch Ding Liren etwas riskieren und "auf Sieg" spielen, denn falls er weiter remisiert, dann verliert Ding diese Weltmeisterschaft. Bin gespannt, wie sich diese neue Situation jetzt auswirken wird...

Jolien

[Neuanfang]

#141 Kurz und knapp (en Passant)

Ein Damenzug nach c8 ("What a blunder" meinte GM Anish Giri) am Ende gab wohl den Ausschlag fürs Aufgeben.

"Riskieren oder verlieren" - ist jetzt die Vorgabe für den amtierenden Weltmeister.

Hoffentlich rechnet und grübelt er nicht seine Eröffnung ... die Nacht (hin)durch....

(Übrigens P.S. Im letzten Jahr hatte sich Ding gegen *Nepo* in der 12. Partie auf ein 6:6 zurückgekämpft!)

[JanMove]

Also was Ding in der 11. Partie zusammenspielte, war aus meiner Sicht Horror. Er wählte völlig unnötig eine sehr scharfe Variante, bei der er selber schon ab dem 4. Zug aus der Buchtheorie war. er benötigte an dieser Stelle bereits eine Stunde, um den nächsten Zug zu spielen. Wieder einmal war Gukesh aber nicht in der Lage dies auszunutzen und verwechselte vermutlich irgendetwas in seiner Theorie. Danach stand auf einmal Ding strategisch klar überlegen mit kaum zu verlierender Stellung. Gukesh leitete aber danach die Partie in ziemlich wilde Bahnen, wobei Ding dann mit knapper werdender Zeit nicht die besten Lösungen fand. Bei den ganzen Komplikationen stellte er dann am Ende einzügig die Partie ein. Giri und Leko meinten während der Analyse, dass Ding wohl bis zu 200000 Dollar gezahlt hätte, wenn er die Eröffnungszüge hätte zurücknehmen können.
Also aus meiner persönlichen Sicht hat Ding strategisch die völlig falsche Eröffnungsvariante gewählt. Sein Zeitmanagment war katastrophal und der Verlust der Partie die Konsequenz daraus.

[JanMove]

Was für eine Partie von Ding in Runde 12. Anstatt nach dem katastrophalen gestrigen Auftritt total einzubrechen, spielt er in einer "Must-Win-Situation" seine mit Abstand beste Partie des gesamten Turniers. Das war ein fehlerfreier Auftritt und endlich mal eine Partie, die eines Weltmeisters würdig ist. Kontinuierlich baute er seinen zunächst kleinen Vorteil aus der Eröffnung aus und setzte dabei Gukesh immer stärker unter Druck. Gukesh unterliefen mehrere kleine Ungenauigkeiten, welche aber in der Summe sein Stellung immer weiter schwächten. Irgendwann war die Stellung dann einfach nicht mehr zu verteidigen.
Die letzten beiden regulären Partien dürften ziemlich interessant werden. Aus meiner Sicht ist nun alles möglich.

[Jolien]

Hi @JanMove,

besonderen Danke für deinen Bericht über die jüngsten beiden Partien dieser Schach-Weltmeisterschaft 2024! Das ist ja ein sehr gegensätzliches Leistungsbild insbesondere von Ding Liren, wenn er erst eine "grottenschlechte" Partie und gleich darauf eine "geniale" (fehlerfreie) Partie abliefert. Muss der erst stark unter Druck stehen, um sein volles Leistungspotential zu zeigen? Das macht jetzt natürlich den Wettkampf der beiden Kontrahenten als solchen mega-spannend. Dann würde ich auch sagen wie JanMove: "Jetzt ist alles möglich!".

Jolien

[JanMove]

@ Jolien

In der Tat war das zwei mal ein extrem unterschiedlicher Ding. Während Gukesh mehr oder weniger konstant durchs Turnier läuft und dabei zwar nicht sein bestes Schach aber durchaus gutes Niveau spielt, ist das bei Ding eine Achterbahnfahrt, die seinesgleichen sucht. Deshalb ist für mich die Ausgangslage für den Rest des Turniers völlig offen, und für mich entscheidet sich das darüber, welchen Ding wir sehen werden, eher den aus der 11. Partie oder den aus der 12. Partie?!

[Neuanfang]

In jedem Fall sind es jetzt noch mindestens 2 Partien - an welchem Punkt seiner Achterbahnfahrt werden wir den Weltmeister wohl nach dem Ruhetag erleben?

[Jolien]

Zitat von JanMove

@ Jolien

In der Tat war das zwei mal ein extrem unterschiedlicher Ding. Während Gukesh mehr oder weniger konstant durchs Turnier läuft und dabei zwar nicht sein bestes Schach aber durchaus gutes Niveau spielt, ist das bei Ding eine Achterbahnfahrt, die seinesgleichen sucht. Deshalb ist für mich die Ausgangslage für den Rest des Turniers völlig offen, und für mich entscheidet sich das darüber, welchen Ding wir sehen werden, eher den aus der 11. Partie oder den aus der 12. Partie?!

In der Tat! :-) Du erkennst immer sehr gut das Wesentliche einer Situation!

Jolien

[Neuanfang]

#148 > Ja, @Jolien, @JanMove bringt es auf den Punkt und findet originelle Beschreibungen für Positionen auf dem Brett und Situations- und Stimmungswechsel im Spiel.

Kommentar von Lara Schneider nach dem Ausgang der 12. Partie: "Es ist Alles wieder offen."

[JanMove]

Was ich noch so als allgemeine Bemerkung zum bisherigen WM-Verlauf in die Runde werfen möchte ist die Tatsache, dass Ding relativ schlecht vorbereitet in die WM gegangen ist. Woran das liegt, weiss ich nicht, aber es fällt auf, dass er in der Eröffnung fast immer von Gukesh irgendwie überrascht und auf dem falschen Fuss erwischt wird. Deswegen bekommt er meist schon zu Beginn Trouble und muss unglaublich viel Zeit investieren, um die Eröffnungsphase ohne grössere Zugeständnisse zu überleben. Man sieht es ihm nicht an, aber in dieser Phase spielt er trotzdem meistens ziemlich stark, und Gukesh ist dann nicht in der Lage irgendeinen Nutzen daraus zu ziehen. Im Gegenteil bringt sich Gukesh oftmals selbst um seinen Eröffnungserfolg und steht dann sogar des Öfteren schlechter. Während dieser Phase geht dann sein gesamter Zeitvorteil von locker 30 bis 60 min drauf, sodass das ab dem 30. Zug beide Spieler schon relativ knapp mit ähnlicher Zeit sind.
Psychologisch finde ich das extrem spannend, den Partieverlauf diesbzgl. zu verfolgen. Bei Ding sieht man in jedem Moment der Partie wie er sich fühlt. Da ist nichts mit Pokerface oder dergleichen, während Gukesh versucht, stets kontrolliert und möglichst emotionslos zu agieren. Wenn man dann aber genauer hinschaut, kann man auch aus Gukeshs Verhalten auf seine Gemütslage zurückschliessen. Wenn er beispielsweise die Figuren recht kraftvoll über die Felder schiebt, dann fühlt er sich sauwohl und ziemlich sicher. Es macht für mich deshalb schon einen deutlichen Unterschied, ob man die Partien insgesamt live verfolgt oder sich nur eine 20-minütige Zusammenfassung bei irgendeinem Youtuber anschaut!
Was die Live-Übertragungen angeht, schaue ich mir immer die englische Version an. Die Kommentare von Giri, Leko, Polgar, ...usw. sind deutlich gehaltvoller als der deutsche Stream mit Gustaffson und Berger. Insbesondere Letzterer geht mir ziemlich auf die Nerven.