ITTF Weltmeisterschaften 2021 (23.11. - 29.11.2021, Houston, USA)

[Wolf11]

Ich finde es schade, dass die WTT auch nach der WM nicht zumindest die Semifinal- oder Finalspiele den Leuten zugänglich macht, die sie nicht live sehen konnten, sondern nur in kurzen Clips ins Netz stellt..

Hier nach dem Damen-Einzel und Damen-Doppel auch das komplette Mixed-Finale

Sun YingSha/Wang ChuQin v Hina Hayata/Tomokazu Harimoto

[Der springende Punkt]

Zitat von Quizard

Mich würde mal interessieren, ob es in China immer noch eine Stallorder gibt.

Das kann ich mir überhaupt nicht vorstellen. China ist doch ein freies Land, da ist so etwas undenkbar. Das werden dir die China-Kenner hier im Forum sicher auch bestätigen können.

[Wolf11]

Der letzte Beitrag vom springenden Punkt zeigt, bei allem Respekt und aller Ironie, auch wieder einmal sehr schön die Arroganz des Westens auf......

Der hier sehr süffisant gewählte Begriff "freies Land" erscheint da in einem ganz anderen Kontext, wenn man sieht, dass es diese sogenannte "Stallorder" vor allem bei uns in der westlichen Welt gibt,

U.a. bei Formel 1-Rennen, wo Schumi, Vettel und Hamilton eine ganze Reihe ihrer Rennen gewannen, weil ihren Teamkameraden eine Stallorder auferlegt wurde, indem sie dazu verdonnert wurden, ihren Team-Captain nicht anzugreifen bzw. ihn überholen zu lassen, wenn man selbst vorne lag

Oder etwa bei Radrennen, wo ein Jan Riis oder ein Indurain einen Teil ihrer großen Triumphe nur deswegen erringen konnte, weil andere für sie die Arbeit machen mussten

Manche mögen jetzt sagen, dass das was anderes ist, weil es vorher bekannt ist, aber das ist es eben faktisch nicht, sondern es ist ein Verfälschen der tatsächlichen sportlichen Kräfteverhältnisse

Mit "freiem Land" hat das also rein gar nichts zu tun.......Ideologie ist hier fehl am Platze

Aber zur eigentlichen Frage von Quizard

"Stallorder" war mal ein Thema vor allem in den 70er Jahren in China, vor allem in der ersten Hälfte dieses Jahrzehnts, als Mao noch Parteichef war bis zu seinem Tod....Da wurde viel zentral geregelt

Bekanntestes Beispiel ist sicher die Chinesin Zhang Li, die angeblich das eine ihrer beiden WM-Finala gegen die Nordkoreanerin Pak-Yung-Sun verlieren musste, weil es politisch so gewünscht war

Dahergehend haben sich natürlich auch noch in den Folgejahren viele Klischees noch lange gehalten, als es diese Stallorder schon lange nicht mehr oder nur noch vereinzelt gab

Was die Damen beispielsweise betrifft, so gibt es seit Jahrzehnten große Rivalitäten und auch erbitterte Kämpfe um Sieg und Niederlage.....Deng YaPing gegen Qiao Hong, Wang Nan gegen Zhang YiNing, Ding Ning gegen Li XiaoXia und heutzutage Chen Meng/Sun YingSha/Wang ManYu........Da ist eine Stallorder absolut undenkbar..........

Da greifen heute ganz andere Mechanismen als früher und soweit ich das beurteilen kann, würde es ein Tischtennis-Offizieller der heutigen Zeit nicht mal mehr im Ansatz wagen, von einer Ding Ning verlangt zu haben, dass sie gegen eine LiXiaoxia verlieren sollte oder einer Chen Meng zu sagen, dass sie gegen eine Wang ManYu verlieren soll. Das ist schlicht und ergreifend undenkbar und nicht mal mehr im Ansatz noch ein Thema. Das ist lange Vergangenheit.

Die Philosophie ist heute eine ganz Andere. Wenn es ein ZhenDong nicht schaffen würde, sich gegen einen JingKun durchzusetzen, wäre er auch nicht gut genug.

Aber früher war es schon ein Thema..

Heute aber findet man solche Stallorder vor allem in der von uns immer so schön zitierten "freien westlichen Welt"....

[Majestät]

Sicherlich würde es in China eine Stallorder geben, wenn man sie denn für nötig hielte. Aber welche Chinesin oder welcher Chinese den Titel holt hat keine so große Bedeutung mehr. Und selbst wenn ein Titel mal weg geht, ist das kein Genickbruch für China. China ist mit Abstand die Nummer 1 im Tischtennis und daran besteht ja kein Zweifel. Darüber hinaus hat das Land an sich ein ganz anderes "Selbstbewusstsein" als noch vor mehreren Jahren/Jahrzehnten.

Die "gemischten" Doppel (China mit einem anderen Land) zeigen doch, dass China nicht im "tryhard"-Modus ist.

Anders sähe es sicher aus, wenn ein politisch unerwünschter Sportler/In Titelchancen hätte. Wenn Ma Long/Fan Zhendong/Chen Meng/Sun Yingsha/Wang Manyu/...über "Vorgänge" gegen sie wie eine Peng Shuai berichten würden, würde sicher eine Stallorder greifen und eine Teilnahme an einem Turnier verhindert werden (unabhängig von sportlicher Leistung und Nominierungs"kriterien").

[Wolf11]

Ja, das mit dem größeren Selbstbewusstsein ist sicherlich richtig. Das meinte ich auch mit einer völlig anderen Philosophie wie noch vor 40 Jahren.

Ja, und auch das Beispiel "Mixed" zeigt da eine veränderte Denkweise auf.........Man sieht da vieles sehr viel entspannter, bei allem Fokus auf sportlichem Erfolg

Dass eine Sportlerin/ein Sportler Schwierigkeiten hätte, nominiert zu werden, wenn man sich politisch abfällig über den Staat oder Entscheidungsträger äußert, ist sicher richtig, aber solche Fälle gabs auch bei uns schon. Mir fällt da jetzt spontan gerade der Biathlet Steinigen ein, der vor Jahren Verbandspolitiker verbal angegriffen hatte und anschließend nicht mehr nominiert wurde. Auch im Skispringen gabs mal so einen Fall, der Name fällt mir jetzt gerade nicht ein.

Den Top-Sportlern in China geht es wirtschaftlich und finanziell allen gut, da gibt es relativ wenig Angriffspunkte für Unzufriedenheit...

Der Fall Peng Shuai ist natürlich etwas Anderes, denn da gings ja um ein Vergehen oder gar verbrechen eines bestimmten Politikers......Er liegt aber auch in dem Kontext anders, dass Peng Shuai ja eigentlich nicht innerhalb eines chinesischen Teams unterwegs war, sondern eines westlich betriebenen Profi-Betriebes......Ist also etwas schwierig zu vergleichen.

[Tansincos]

Mein Fazit der WM (und auch ein wenig von diesem Jahr, ist ja schon fast Weihnachten). Ich fokussiere mich auf die Herren, weil ich bei den Damen nicht ganz so bewandert bin:

Für den DTTB sicherlich das erfolgreichste Jahr seiner Geschichte und vermutlich auch für eine sehr lange Zeit. Einzelmedaillen bei WM (Timo) und Olympia (Dima) im selben Jahr. Nur zum Vergleich: Vor 2021 gab es zwei solche Einzelmedaillen im Zeitraum 1997-2020. Und die beiden Halbfinals gingen ja auch jeweils nur knapp 3:4 weg. Dazu: Team-Silber bei Olympia, Mannschafts-Europameister, rein deutsches EM-Finale (und Titel für Timo), Patrick gewinnt das Europe Top 12. Wenn man nur 2021 betrachtet war Deutschland sicherlich weltweit die Nr. 2 (hinter China) und die klare Nr. 1 in Europa. Dafür auf jeden Fall großen Respekt. Dass das mit einem schon 40-jährigen Timo und zahlreichen starken Nachwuchskräften weltweit nicht ewig so bleibt, ist (leider) auch klar.

Damit wären wir bei den Schweden. Überragende WM mit Gold im Doppel und Silber im Einzel – schon die zweite schwedische Silbermedaille in Folge. Hat natürlich gerade im Einzel auch etwas mit Auslosung und Turnierverlauf zu tun, aber Moregard hat auch mehrere gute Leute geschlagen, als es darauf ankam. Kälberg hat auch sehr gut gespielt, nur leider Pech mit der Auslosung gehabt. Bin mal gespannt, ob die Schweden das in den nächsten Jahren bestätigen können. Falck hatte da ja seine Schwierigkeiten und Olympia sowie insbesondere die europäischen Turniere waren dann doch (gemessen an WM-Maßstäben) eher enttäuschend.

China thront natürlich weiterhin über allem, hat alle Titel souverän abgeräumt. Bei WM und Olympia zusammen gab es überhaupt nur einen Einzel-Sieg eines Nicht-Chinesen gegen einen Chinesen (bezeichnenderweise von Boll gegen Zhou). Umso höher ist die Leistung von Falck und Karlsson im Doppel zu beurteilen. Ich hätte auch gern nochmal Ma Long gegen Fan Zhendong bei der WM gesehen. Einziger Lichtblick für den Rest der Welt: Nachdem die Chinesen über fast zwei Jahrzehnte eigentlich immer drei Spieler hatten, die für den Rest der Welt kaum zu knacken waren, scheint dies in der Generation nach Ma Long und Xu Xin nur für Fan Zhendong zuzutreffen. Die anderen sind natürlich trotzdem Granaten.

Die anderen führenden asiatischen Nationen haben eine eher schwache WM gespielt und haben entweder negativ überrascht (Südkorea, Japan, Taiwan) oder sind nicht mehr so stark aufgestellt wie früher (Hongkong, Singapur). Olympia war ja auch eher durchwachsen für Oastasien: keine Einzelmedaille, Japan im Halbfinale raus. Mit Lin Yun-Ju (extrem starkes Olympia-Halbfinale) und Harimoto (immer noch solide Top10) haben sie natürlich zwei ausgezeichnete, junge Spieler die in der Zukunft noch einiges erreichen werden. Dazu kommen noch mehrere gute Koreaner, die ja z.B. auch Silber im Doppel geholt haben und bei Olympia den vierten Platz im Team erreichten. Aber in 2021 waren die guten europäischen Nationen dann insgesamt doch leicht vorn (China natürlich ausgenommen).

Was mich sehr freut: Das Welttischtennis ist bunter und diverser geworden. Bei der WM waren im Viertelfinale Spieler aus Afrika, Südamerika, Nordamerika, Asien und Europa vertreten. Das hat natürlich auch etwas mit der Auslosung und dem Turnierverlauf zu tun, aber vor 20 Jahren gab es eben in Afrika auch nicht so gute Leute wie Aruna, oder in Südamerika wie Calderano (der ja wirklich um Medaillen bei den großen Turnieren spielen kann), oder in Nordamerika wie Jha. Auch Nationen wie Indien oder Iran sind deutlich stärker als in den 1990ern und 2000ern, wo Olympias und WMs ja quasi Asien-Europa-Meisterschaften waren. Dazu kommen die aufstrebenden Talente aus Russland und Kasachstan. Für die globale Reichweite unseres schönen Sports sicherlich kein Nachteil.

[HSV]

Zitat von Wolf11

Hallo springender Punkt

Ich habe Deinen Beitrag mal den Mods gemeldet...

Da ist es, das rosa Unterhöschen.

Austeilen, aber das mit dem Einstecken funktioniert noch nicht so ganz.

Zitat von JSCH

Nein, Mobbing sollte unterbunden werden.
Wenn jemand allerdings offen seine Meinung kundtut über deine Beiträge weil er sie offensichtlich sch... findet, dann ist das soweit vom Mobbing entfernt wie die Gefahr einer Niederlage der chinesischen Damen .
Das hat null mit Mobbing zu tun.

...im Schafspelz.

Erinnert mich ein wenig an Snape, der beim Stammtisch seit Jahren versucht, die vegane Ernährung an den Menschen zu bringen.

Ein Wolf im Schafspelz und darunter noch ein rosa Unterhöschen, der der Sache einen Bärendienst erweist. Sehr animalisch, das Ganze.

Egal, ist wirklich wie bei dem Anderen.

Sorry, mein Fehler, eine Sache hat schließlich nur die Bedeutung, die man ihr gibt.

Zur WM:

Geil!

Ich hoffe sehr, dass der Truls so weitermacht. Das kann dem Herren-TT nur guttun. Sogar der gesamten Sportart.

[Wolf11]

Champions Words....

Wang ManYu

“I’m very happy and excited to have won. There’s no loser today and everyone’s performance is worthy of respect. Sun Yingsha and I are around the same age. We keep pushing each other to get better, and this represents a very good rhythm of continuous, mutual growth and progress between us. She did very well today. I’m very thankful to her and everyone who supports us.”

Fan ZhenDong

“I’m very happy to have won, but I don’t think this is the ending point for me. I hope that I can progress to a higher stage through my achievement at this championships

[Quizard]

Zitat von Wolf11

"Stallorder" war mal ein Thema vor allem in den 70er Jahren in China, vor allem in der ersten Hälfte dieses Jahrzehnts, als Mao noch Parteichef war bis zu seinem Tod....Da wurde viel zentral geregelt

Also so lange ist das definitiv noch nicht her. Das bekannteste Beispiel ist wohl Chen Xinhua, der im WM Halbfinale 1987 Ballonabwehr gespielt hat und danach aus China nach England ausgewandert ist (auswandern musste).

Im Jahr 2000 habe ich es auf der Studenten-WM live erlebt, als ein unbekannter (aber natürlich richtig guter) Chinsese gegen Liu Guozheng im Halbfinale nach gewonnenem ersten Satz abschenken musste, weil im anderen Halbfinale Chuang Chih-Yuan gegen Wang Liqin gewonnen hatte.

Zum Radfahren: Hier ist das ganze doch ein Sieg der Mannschaft. Da wird einer in der Mannschaft als Champion auserkoren und die anderen werden als Helfer eingeteilt. Als Einzelkämpfer wäre man da komplett verloren.

[Wohlfühlbacher]

Zitat von Quizard

Also so lange ist das definitiv noch nicht her.

2007 bei der WM in Zagreb war ich selbst dabei, als ein Teamkollege Wang Liqin ohne Gegenwehr gewinnen lassen musste. Sehr zum Ärger der dortigen Zuschauer, die sich auf ein klasse Duell gefreut hatten.