Politik - der Thread für politisch Interessierte (bis Dezember 2021)

[Fozzi]

Zitat von Chris Kratzenstein

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Es werden Ängste geschürt, dass dort Faschisten und Nationalisten an der Macht sind...

Wie ich bereits oben erwähnte, halte ich diese Rhetorik, genau so wie die Darstellung von Putin als Hitler/Stalin (auch hier werden Ängste geschürt !!), für Dialoge im selben Schauspiel. In diesem Schauspiel expandiert die Nato nachweißlich (ob gewollt oder getrieben lasse ich mal außer acht) und das Krokodil hat Kasper den Knüppel weggenommen und schlägt nun um sich. Das mögen die Kinder im Publikum natürlich nicht - vor allem, weil das Theater auf dem Podsdamer Platz aufgeführt wird. Auf dem Roten wird diese Stelle vom stolzen Publikum nämlich gefeiert.

Aber mal ohne Kaspern. Natürlich hat Russland/Putin einen Partner verloren und natürlich wird Putin Begründungen und Wege finden, die Ukraine wieder einigermaßen "auf Kurs" zu bekommen. Dazu ist das Land für ihn zu wichtig. Natürlich wird er dazu vor allem die wirtschaftlichen Druckmittel benutzen, die er hat und natürlich wird er das mit einer für ihn passenden Rhetorik untermauern. Ich kann Dir schon jetzt sagen, was von seinen Begründungen zu halten ist (Land verteidigen, Bürger schützen, Stabilität wieder herstellen). Nichts. Weil es um Geld und Macht geht und man selten Politiker in der Öffentlichkeit findet, die solche Ziele aussprechen.

[Chris Kratzenstein]

Auch hier wieder vollkommen bei Dir.
Es ist aber eben nicht so, dass Putin direkt und ehrlich ist, wie es von vielen dargestellt wird. Er hat genau die gleichen Mittel wie die USA was Technik betrifft. Der russische Geheimdienst wird nicht weniger abhören als die NSA. RHB hat aber recht. In Russland wird sich keiner trauen Whistleblower zu spielen.

Der Vergleich Putins mit Hitler oder Stalin ist natürlich übertrieben.
Die Art des Anschlusses der Krim mit der Art des Anschlusses des Sudetenlandes zu vergleichen sollte aber schon legitim sein. Denn da gibt es schon einige Parallelen. Dass der Vergleich natürlich nicht allen passt ist klar, denn damit wird eben auch Hitler mit ins Spiel gebracht. Das sollte man aber trennen.
Es stellt sich die für mich die Frage ob Putin den Anschluss des Sudetenlandes im Nachhinein als legitim ansieht. Da wurde die Tschechoslowakei auch irgendwann gezwungen, die Angliederung Sudetendeutschlands anzuerkennen. Anders wird es der Ukraine auch nicht gehen.

[klugscheisser]

Alaska?

[Chris Kratzenstein]

Wurde verkauft. Da wurde wenigstens nicht so getan als ob es um die Bevölkerung geht. Allerdings ist das noch etwas länger her (1867).

[Fozzi]

Zitat von Chris Kratzenstein

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Es ist aber eben nicht so, dass Putin direkt und ehrlich ist, ...

Zitat von Chris Kratzenstein

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Anders wird es der Ukraine auch nicht gehen.

Es gibt da bestimmt unterschiedliche Interessen und Strömungen, aber ich glaube nicht, dass der Ukraine wirklich etwas an der Krim liegt. Die Ukraine sucht seit 25 Jahren eine neue Identität - ein Prozess, der lange nicht abgeschlossen ist. Ich denke, die breite Bevölkerung ist erst mal froh, wenn man sich friedlich aus der russischen Umklammerung lösen kann, um sich selbst zu finden. Wenn die Krim der Preis ist - so what?!

Der Vergleich ist hinkt natürlich, aber bei der Betrachtung vieler Demokratisierungsprozesse vergessen wir Deutschen oft, dass bei uns dieser Prozess auch immerhin 30 Jahre gedauert hat. Ist ist nicht so, dass einer ne neue Fahne hißt und dann alle lustig demokratisch sind.

[Chris Kratzenstein]

Auch hier bin ich vollkommen bei Dir. Die Krim ist aus meiner Sicht für die Ukrainer auch nicht das absolut entscheidende. Ich denke, da spielt eher die Angst mit, dass, wenn man Putin keine Grenzen aufzeigt, er weiter macht. Die Krim ist da nur das Symbol.
Und wenn Putin nun einen Vertrag unterzeichnen würde, in dem er der Ukraine weiter territoriale Sicherheit garantiert, wie soll die Ukraine dem trauen? Er hat gerade genau so einen Vertrag gebrochen.

Das ist doch das größte Dilemma an der ganzen Sache. Ein weiterer Vertrag wie das Budapester Abkommen wird nicht zustande kommen. Die Ukraine wird mehr Sicherheiten fordern als so einen vertrag. Damit wird sie erst recht in Richtung NATO getrieben. Ich denke nicht, dass dies eine gute Sache ist, aber aus Sicht der Ukraine (gar nicht aus Sicht der EU, der USA oder der NATO), würde ich auch darauf bestehen, dass ich in so ein Bündnis reinkomme, damit ich den Schutz genieße, nachdem ich einem Land, dass den Schutz des Territoriums auch garantiert hat nicht mehr vertrauen werde und kann.

Putin muss sich etwas überlegen um dieses Schutzbedürfnis zu befriedigen, damit es nicht zu einem Beitritt zur NATO kommt.

[Fozzi]

Zitat von Chris Kratzenstein

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Putin muss sich etwas überlegen um dieses Schutzbedürfnis zu befriedigen, damit es nicht zu einem Beitritt zur NATO kommt.

Ich glaube es ist jetzt eher an der Nato/EU, Putin zu versichern und sicher zu stellen, dass die Nato keine Raketen in der Ukraine stationiert.

So rum oder so rum - jetzt gibts Säbelrasseln und danach der Tisch und Verträge, da leg ich mich mal fest. Die wirtschaftlichen Interessen aller Beteiligter sind zu stark als das man das Säbelrasseln über Monate durchziehen könnte.

[Chris Kratzenstein]

Die NATO kann das schon versichern wollen. Wenn aber zwischen Ukraine und Russland kein sauberes Abkommen zustande kommt wird die Ukraine immer Angst vor Russland haben.

Die NATO, EU, und USA müssen sich überlegen wie Sie Putin beruhigen und bändigen. Putin muss sich überlegen wie er die Ukraine beruhigt und wieder Vertrauen zurück gewinnt.

Eine neutrale Ukraine kann es unter den momentanen Voraussetzungen aus meiner Sicht kaum noch geben (leider). Da die Ukraine sich entweder so fürchtet vor Russland, dass sie komplett unter deren Einfluß kommen, oder sich eine Schutzmacht außerhalb suchen und das kann nur die NATO sein.
Beides kein wirkliches Traumszenario.

[Chris Kratzenstein]

Von einer staatlichen russischen Agentur:

http://en.ria.ru/world/20140319/1885...-Official.html

Auch wenn man kompensieren will. Eine der ersten Aussagen ist, dass Krim-Tataren Land abgeben sollen. Was ist daran jetzt besser als die Aussage russisch als Amtssprache abzuschaffen?

Ich hab letzteres als dumm bezeichnet, da man damit viel provoziert hat. Das jetzt ist nicht dumm aber es ist genauso falsch. Dumm nur deshalb nicht, weil niemand etwas dagegen machen kann, da es ja der Stärkere sagt, der es auch durchsetzen kann.

[Fozzi]

Zitat von Chris Kratzenstein

... Da die Ukraine sich entweder so fürchtet vor Russland, dass sie komplett unter deren Einfluß kommen, oder sich eine Schutzmacht außerhalb suchen ....

Wie bereits erwähnt sollte man dabei aber nicht unterschlagen, dass es auch in der Bevölkerung genug Menschen gibt, die sich, ob begründet oder nicht, vor Russland weniger fürchten als vor der Zukunft mit der neuen Regierung und der EU. Janukowytsch kam trotz der orangenen Revolution nicht umsonst wieder an die Macht.

Es ist nicht so, das DIE Ukraine geschlossen gen Westen möchte und die EU der Befreier wäre. Das mag auf einen Teil der Bevölkerung zutreffen, wahrscheinlich auf die Mehrheit, aber längst nicht auf alle!