Olympia 2020 (23.07. - 08.08.2021, Tokio, JPN)

[Wohlfühlbacher]

Zitat von Xam

Warum sie nicht genau so spielen wie er? Das hat in erster Linie mit dem Training und in zweiter Linie mit dem Material zu tun. Wenn ich von Kindesbeinen an mit einem steinharten Vorhandbelag trainiere, erlerne ich automatisch einen langem Armzug, weil ich viel Kraft brauche dem Ball Spin und Tempo zu verleihen. So lässt sich auch der fast gestreckte Arm aller Chinesen beim VH-Topspin erklären. Vielleicht gleicht sich die Technik durch die neue Generation von Belägen (09c etc.) aber in den nächsten Jahren an.

Da möchte ich mal einhaken!

VH-Topspintechnik mit nahezu gestrecktem Arm gibt es seit den 70ern! Surbek ist ein Paradebeispiel dafür. Damals mit relativ weichen, aber schnellen Srivern gespielt. Die legendären Ungarn Yonyer, Klampar, Gergely haben diese Technik bis zur Perfektion gespielt. Ebenso Butterfly Nation.

Ich persönlich halte diese Form der VH-Technik für die durchschlagsstärkste, aber eben körperlich auch aufwendigste. Insofern kein Wunder, dass nahezu alle Nationen den Arm anwinkeln. Bis auf die Besten...

[Wohlfühlbacher]

Wenn wir schon bei Schlagtechniken sind...

Das, was Ovtcharov bei diesen Spielen mit der RH gespielt hat, habe ich in dieser Präzision, Konstanz und Durchschlagskraft bei keinem Spieler jemals zuvor gesehen. Wer das anders sieht, kann mir gerne Beispiele nennen. Die Russen sind schon immer bekannt für ihre feine RH-Technik, prima für "uns", dass das bis in die Gegenwart zu Dima so fortgeführt wurde.

[Kalla79]

Zitat von Wohlfühlbacher

Wenn wir schon bei Schlagtechniken sind...

Das, was Ovtcharov bei diesen Spielen mit der RH gespielt hat, habe ich in dieser Präzision, Konstanz und Durchschlagskraft bei keinem Spieler jemals zuvor gesehen. Wer das anders sieht, kann mir gerne Beispiele nennen. Die Russen sind schon immer bekannt für ihre feine RH-Technik, prima für "uns", dass das bis in die Gegenwart zu Dima so fortgeführt wurde.

Als alter Mazunov-Fan eine wahre Freude

[Wohlfühlbacher]

Zitat von Kalla79

Als alter Mazunov-Fan eine wahre Freude

[Max]

Zitat von JSCH

@Max, Wir reden über TT, nicht Tennis.
Glaube kaum das Tennis Volkssport von 1.4 Mrd. Chinesen ist. Geh nach China, in irgendeine Provinz und schau' es dir an. Und dann komm wieder und erzählst einfach was du gesehen hast. In keinsterweise vergleichbar mit Westeuropa. Die Chinesen sind extrem erfolgreich in Sportarten in denen Trainingintensität gefordert ist, automatisierte Abläufe, unzählige Wiederholungen usw., Talent ist nicht ausschließlich ausschlaggebend.

Mein Reden. Aber immer so zu tun als ob die chinesische Dominanz irgendwelchen Foltermethoden zu danken sei, die bei uns das Grundgesetz verletzen würden ist schlichtweg gelogen. Die arbeiten härter. Kann man bei uns auch. Machen die Tennisspieler. Europa dominiert das Tennis. Glaubt hier allen Ernstes einer, dass Boll so professionell und akribisch arbeitet wie Djokovic? Boll hat zugegeben, gerne zu naschen, da war er Anfang/Mitte Zwanzig. Da hat Djokovic sich einen Ernährungsberater geholt, der ihm seine Glutenunvertäglichkeit erklärt und Abhilfe geschaffen hat. Djokovic holt sich Sportpsychologen ins Boot und meditiert wie ein Weltmeister. Ich beobachte das Ganze schon länger und kann mich gut erinnern, dass man auch ihm (Boll) hier im Forum mentale Schwäche untersagt hat. Die WMs 2003, 2005 und 2007 hat er alle gegen Spieler verloren, die er normalerweise entweder klar dominiert oder zumindest schlagen sollte. Wer die Spiele gesehen hat, weiß, dass da die Unsicherheit regelrecht in der Luft lag. Was waren das für beschissene Vorbereitungen auf die Großtuniere? Jahrelang irgendwelche Showkämpfe während der Vorbereitung auf die WM und Olympia. Wieso ist Boll immer derjenige, der sich bei WMs erkältet? Kann der nicht die Heizung in seinem Zimmer bedienen? Das alles passiert mir zu oft, um allein das Schicksal verantwortlich zu machen. Schon vergessen, dass Rosskopf auch mal die Einstellung von Boll anmahnte?

[Max]

Zitat von Xam

Hier würde ich dir aus Sicht der Techniklehre nicht einmal widersprechen wollen. Man muss aber auch sehen wie lange es her ist, seitdem Boll seine Grundtechnik erlernt hat. Und auch wie sich TT seitdem weiterentwickelt hat, gerade in der Physis. Natürlich hat Franziska die härtere und durchschlagskräftigere Rückhand als Boll, jedoch ist sie auch deutlich fehleranfälliger und unkonstanter. Hier liegt halt eben eine gesamte TT-Generation dazwischen.

Dass Bolls Rückhand in seinen guten Zeiten allerdings nicht konkurrenzfähig war, ist halt wieder totaler Unsinn.

Übrigens hat mein letzter Post nichts mit irgendeinem "Hampl-Kult" zu tun, sondern es lässt sich einfach faktisch belegen, dass 2/3 unseres Olympia-Teams vom gleichen Tischtennistrainer per 1zu1-Betreuung in die Weltspitze geführt wurden. Wer da an Zufälle glaubt, kann das gerne tun.



Natürlich haben sich die Chinesen auch von Boll inspirieren lassen. Allein die stetige Umstellung zum Shakehand-Spiel in den letzten 10-15 Jahren beweist das doch. Die Chinesen haben Bolls Technik bis zum Erbrechen studiert. Liu Guoliang hat mal gesagt: "So lange Boll noch spielt, kann ich nie ruhig schlafen". Merkst du was?

Warum sie nicht genau so spielen wie er? Das hat in erster Linie mit dem Training und in zweiter Linie mit dem Material zu tun. Wenn ich von Kindesbeinen an mit einem steinharten Vorhandbelag trainiere, erlerne ich automatisch einen langem Armzug, weil ich viel Kraft brauche dem Ball Spin und Tempo zu verleihen. So lässt sich auch der fast gestreckte Arm aller Chinesen beim VH-Topspin erklären. Vielleicht gleicht sich die Technik durch die neue Generation von Belägen (09c etc.) aber in den nächsten Jahren an.



Du kannst gern Kritik äußern, total ok. Was Bolls Arbeitsethos angeht, kann man wegen mir gern diskutieren. Aber wenn du schreibst, dass er technische Defizite hat, dann hast du leider keinen blassen Schimmer von TT-Grundtechnik. Der Ton macht eben die Musik und wenn du hart kritisierst, musst du auch damit rechnen, dass klare Worte zurückkommen.



Natürlich kann man nicht sagen: Land X ist eine Diktatur, da kommen automatisch die besten Spieler heraus. Und natürlich hat es auch viel mit monetären Gesichtspunkten zu tun. Geb ich dir total Recht.

Das System in China ist aber über Dekaden gewachsen und politisch forciert. So eine absolute Dominanz einer Nation in einer Rückschlagsportart ist fast einzigartig. Wie gesagt: Würde man in Deutschland nur annähernd so trainieren wollen, wie es die Chinesen können, würde man a) die Schulpflicht und b) das Kinderrecht verletzen.





Genau so ist es.

Die Chinesen scheinen aber was Material und Technik angeht richtig zu liegen. Die neuesten Butterflybeläge sind langsamer und klebriger, erlauben mehr Kontrolle.

Der letzte Punkt ist auch schon wieder total an der Realität vorbei. Wenn die Chinesen ständig die Kinderrechte verletzen, wieso sind sie nicht so dominant oder führend in anderen mindestens ebenso körperlich taxierenden Sportarten? Badminton, Turnen, etc. Da können doch die soften Demokratien auch irgendwie Erfolge einfahren. Es mangelt an Willem und monetärem Anreiz.

Und Boll hat Defizite in seinen Schlägen. Die Technik mag rund und sauber aussehen, aber zu oft kann er sich nicht auf die Rückhand verlassen. Man hat damals so ca. 2006 seinen Rückhandtopspin, den er früh und über dem Tisch gespielt hat sehr gelobt und auch prompt in China zum Schlag des Jahres gekürt. Das war es aber dann auch. Boll spielt bis heute selten den Bananenflip, Ma Long, der die Marschrichtung vorgibt, hat einen Vorhandflip, der seinesgleichen sucht. Der hat über die Jahre Chopblocks effektiv in sein Spiel integriert. Da wird von Koki Niwa gefaselt und dessen angeblicher Kreativität, wenn Ma Long das alles viel effektiver einsetzt. Das sind die Dinge, die ihn dann auch über Fan so locker triumphieren lassen. Ich hätte gedacht, dass das beste Händchen ein bisschen mehr wagt und auch einmal unangenehme Schläge in das Spiel integriert, um weniger ausrechenbar zu sein. Dasselbe lässt sich auch bei Samsonov beobachten. Tolle Grundsicherheit, fast keine Niederlagen gegen Europäer, die er einfach durch Konstanz erdrückt, aber für den großen Wurf braucht es auch Endschläge.
All das kann man verlangen, wenn ständig von Jahrhunderttalent die Rede ist. Oder er ist halt keines, was ich eher glauben mag.

[Max]

Glaube auch nicht, dass Liu Guoliang wegen Boll jemals schlecht geschlafen hat. Der ist halt ein höflicher Kerl. Soll er den Europäern sagen, dass er sie für gut beherrschbar hält? Dann laufen denen ja noch mehr die Zuschauer weg. Hier meinte einer mal im Forum, dass Liu auch mal sagte, dass Boll unter seiner Führung schon längst Weltmeister geworden sei.

[M3rlin]

Zitat von Max

dass Boll unter seiner Führung schon längst Weltmeister geworden sei.

Ich denke, da hätte Giu sogar recht gehabt.

[Xam]

Zitat von Max

Der letzte Punkt ist auch schon wieder total an der Realität vorbei. Wenn die Chinesen ständig die Kinderrechte verletzen, wieso sind sie nicht so dominant oder führend in anderen mindestens ebenso körperlich taxierenden Sportarten? Badminton, Turnen, etc. Da können doch die soften Demokratien auch irgendwie Erfolge einfahren. Es mangelt an Willem und monetärem Anreiz.

Scheint der DOSB-Chef anders zu sehen als du

https://www.bild.de/sport/olympia/ol...3244.bild.html

Und nochmal: Tischtennis ist mit anderen Sportarten in China nicht im Geringsten zu vergleichen! Kein Sport wird - politisch forciert - seit Generationen so akribisch und nachhaltig gefördert. Glaubst du wirklich, dass eine Nation 9 mal hintereinander Team-Weltmeister wird, weil die anderen einfach nicht genug wollen? Das ist doch total naiv.

Es geht mir übrigens in keinster Weise darum irgendwie zwischen dem "guten" Westen und den "bösen" Chinesen zu unterscheiden. Fakt ist aber, dass in China Menschen- und gerade Kinderrechte nicht den gleichen Stellenwert wie in Europa haben. Das ist übrigens auch nur ein Teil des Puzzles... aber ich wiederhole mich.

[Xam]

Zitat von Max

Glaube auch nicht, dass Liu Guoliang wegen Boll jemals schlecht geschlafen hat. Der ist halt ein höflicher Kerl. Soll er den Europäern sagen, dass er sie für gut beherrschbar hält? Dann laufen denen ja noch mehr die Zuschauer weg. Hier meinte einer mal im Forum, dass Liu auch mal sagte, dass Boll unter seiner Führung schon längst Weltmeister geworden sei.

Das halte ich absolut im Bereich des Möglichen. Das Know-How, der ständige Konkurrenzdruck, die besten Trainingspartner der Welt etc. hat ein Timo Boll in Deutschland eben nicht.

Und genau hier liegt ja mein Argument. Das chinesische System ist nahezu perfekt. Das extrem harte Training in jungen Jahren und die dafür mangelnde Schulbildung, die ich oben angesprochen habe, sind eben nur ein Teilaspekt. Aber sie existieren nun mal.