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Stammtisch Hier könnt Ihr über "Gott und die Welt", Politik, Fernsehen, Bücher, Musik und alles was Euch sonst interessiert diskutieren. Plaudern in lockerer Atmosphäre ;-)

Umfrageergebnis anzeigen: Wie würdet Ihr Euer politisches Interesse einschätzen?
ich bin politisch interessiert 193 57,10%
ich bin teilweise politisch interessiert 97 28,70%
ich interessiere mich nicht für Politik 19 5,62%
ich verweigere die Aussage 29 8,58%
Teilnehmer: 338. Sie dürfen bei dieser Umfrage nicht abstimmen

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  #481  
Alt 03.11.2009, 02:08
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Carstens_Brüderchen Carstens_Brüderchen ist offline
Isch hol glei mein Bruda!
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AW: DER Thread für politisch Interessierte

Zur Frage, ob ich schon mal von Väterchen Staat gelebt habe: Im Prinzip als ich beim Bund war. Da gab's 15 Monate lang neben dem Monatssold von 253,- DM (zum Schluss! Zu Anfang war es weniger) natürlich noch freie Kost und Logis. Die Kost war nicht lecker, die Logis war eher spartanisch, der Roomservice war 'ne Katastrophe...

Nach dem Bund bin ich bei meinen Eltern ausgezogen, ohne einen Pfennig Geld in der Tasche. Hatte keinen Job und mir 'ne Bude gemietet für 350,- DM Kaltmiete. Am Ende des ersten Monats musste die Kohle da sein, sonst wäre ich rausgeflogen. Also habe ich alle möglichen Jobs angefragt und bin dann nach einigen Jobs als Bauhelfer als Lagerarbeiter bei Mercedes-Benz in Dortmund gelandet - damals für immerhin 1.400,- DM brutto. Das waren knapp 1.000,- netto. Immerhin! Dafür habe ich 40 Stunden die Woche alles geschleppt, was an der Fahrzeugflotte so verbaut wurde - vom Gumminippel für die Scheibenwischerdichtung bis zum LKW-Getriebe (Lagerort 50, wenn ich mich recht entsinne...). Dass man als Anfänger natürlich eher die Getriebe als die Gummidichtungen bedienen durfte, brauche ich wohl nicht zu erwähnen. Aber egal! Ich stand somit auf eigenen Füßen!

Ich hatte auch kurz vor dem Lagerjob mal versucht, Wohngeld zu beantragen. Da sagte man mir dann, dass ich einen Anspruch auf Wohngeld habe, weil quasi jeder Mensch einen gesetzlichen Anspruch habe, aber dass mein Anspruch die Summe von 0,- DM nicht übersteige...

Somit verwies man mich auf das Einkommen meiner Eltern und dass ich diese auf Zahlung von Leistungen verklagen könne. Hm - das fand ich dann doch etwas überzogen...ich stand zwar zu der Zeit mit meinen Eltern etwas auf Kriegsfuß (weshalb ich ja das traute Heim verlassen hatte), aber DAS wäre für mich einer menschlichen Bankrotterklärung gleichgekommen. Also Arsch hoch und verdammt noch mal selber klar kommen!

Hat mir nicht geschadet - auf dem Wege habe ich zwar nicht die Erfahrung gemacht, von Sozialhilfe zu leben, dafür aber, was es heißt, das von vornherein zu vermeiden. Das war MIR persönlich wichtig. Und wir reden hier nicht von Goldenen Löffeln im Allerwertesten, mit denen man geboren ist, nicht von Privatschulen oder Academies, die es mir ermöglicht hätten, das mit einem abschätzigen Blick abzutun. Ich hatte mein Abi in der Tasche und hatte vielleicht mehr Perspektiven als Andere, aber ich habe monatelang Tapeten bei der Neuen Heimat abgekratzt, die seit 90 Jahren in 20 Lagen übereinander geklebt waren, habe weitere Monate alte Scheißhäuser (Entschuldigung für die Wortwahl, aber alles andere wäre unpassend) leergepumpt oder komplett abgerissen (auch lecker...), noch ein paar Monate auf dem Bau Steine geschleppt und dann knapp zwei Jahre Getriebe gewuchtet. Feine Sache, das!

Während des späteren Studiums habe ich auch durchgehend gearbeitet - Vollzeit in der Spät- bzw. Nachtschicht übrigens. BaFöG gab's nicht, weil meine Eltern immer noch zuviel verdienten..."Aber Sie können Ihre Eltern verklagen..."..."Ja ja...!"

Selbstwertgefühl hat vor allem damit zu tun, was man selbst dafür zu tun bereit ist. Ich habe nicht nach Spitzenjobs in der Bank geschielt, sondern habe Tätigkeiten ausgeübt, die nicht zwingend als "Spitzenjobs" betrachtet werden, ABER: Das waren alles Jobs, derer sich absolut niemand zu schämen braucht! (...im Gegensatz zu vielen Bankern und Managern heutzutage sowieso nicht!!).

Okay, damals war damals. Nur stellt sich mir schon seit vielen Jahren zunehmend die Frage, ob diese Welt immer weiter in ein Anspruchsdenken verfällt, das jedem Vollidioten bereits vor der Geburt ein Dasein als "Superstar" zusichert. Das Thema habe ich schon mal vor geraumer Zeit ausgewälzt und will ich nicht noch mal ausrollen. Allerdings sehe ich die wesentliche Schieflage heute in der Selbstbetrachtung vieler Menschen, die deutlich über ihren Fähigkeiten liegt. Dieser Dissens ist allerdings zu einem Großteil gesellschaftlich beeinflusst. "Wer Dixi-Klos sauber macht, ist ein Loser!" So sieht doch die gesellschaftliche Bewertung aus! Ich kann an dieser Tätigkeit nichts Verwerfliches finden. Wenn ich eine Familie damit ernähren und meinen Kindern die Chance bieten kann, mal einen besser bezahlten Job zu erlernen, dann ist das aller Ehren wert!

Zugegeben - ich muss es nicht. Aber ich würde es tun, wenn ich müsste! Und da weiß ich definitiv, wovon ich rede!
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"Wenn Freiheit überhaupt etwas bedeutet, dann das Recht, anderen Leuten das zu sagen, was sie nicht hören wollen." George Orwell (1903-50), eigtl. Eric Arthur Blair, engl. Schriftsteller.
  #482  
Alt 03.11.2009, 02:40
Tony_Iommi Tony_Iommi ist offline
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Zitat:
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(...)
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  #483  
Alt 03.11.2009, 09:10
Jaskula Jaskula ist offline
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Zitat:
Zitat von Carstens_Brüderchen Beitrag anzeigen
Also habe ich alle möglichen Jobs angefragt und bin dann nach einigen Jobs als Bauhelfer als Lagerarbeiter bei Mercedes-Benz in Dortmund gelandet
Ist ja alles schön und gut und zeigt, dass man mit Motivation und Anstrengung vieles selbst regeln kann. Leider ist aus Deinem Beitrag aber im Unterton herauszuhören, dass somit alle, die auf Staatshilfe angewiesen sind mehr oder weniger selbst schuld sind. Das geht aber m.E. an der heutigen Realität der betroffenen vorbei.

Du warst jung und brauchtest das Geld ...

Stell Dir vor, Du hättest bei Mercedes-Benz gelernt, dann 35 Jahre dort gearbeitet und wirst dann betriebsbedingt gekündigt. Mit Mitte 50 ist Dein geschilderter Lebenslauf nicht mehr ganz so einfach realisierbar. Du wirst weder auf dem Bau, noch beim Getriebeschleppen gute Chancen haben. Trotzdem fällst Du in kürzester Zeit in Hartz-4. Ab da bist Du dann sofort Alkoholiker und lebensunfähig.

Stell Dir vor, Du hättest kein Abitur, sondern nur Hauptschulabschluss. In der heutigen Zeit stehen Dir damit nur wenige Türen offen. Dann schlägst Du Dich durch immer neue zeitlich befristete Jobs, musst immer wieder von Neuem suchen, weil wieder mal Dein Job wegrationalisiert oder ins Ausland verlagert wurde. Wenn Dein Lebenslauf dann irgendwann in keine Bewerbungsmappe mehr passt, wirst Du als unzuverlässig und sprunghaft angesehen und immer weniger Chancen haben. Die Brüche in Deinem Berufsleben werden sich auch in Deiner Seele spiegeln. Familiengründung auf unbestimmte Zeit verschoben. Dann stellt sich die Frage, ob Du tatsächlich die Kraft und Energie hättest, auch in dieser Situation alles selbst in die Hand zu nehmen. Diese Frage kannst Du m.E. nicht wirklich beantworten.

Es gibt heute so viele verschiedene Möglichkeiten in den Genuß von staatlichen Almosen zu kommen, dass jede Verallgemeinerung eine Beleidigung darstellt. Bei manchen Schicksalen möchte ich mal sehen, dass Du einem Betroffenen Deine Geschichte genau so erzählen und ihm dabei in die Augen schauen kannst.
  #484  
Alt 03.11.2009, 09:42
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Noch mal zu den Gutscheinen ganz von den anderen dargelegten Kritikpunkten abgesehen: Es würde sich nach deren Einführung, ja eigentlich ganz zur Freude der Mächtigen bis hin zu einem ideologischen Orgasmus, ein Markt bilden. Da verticken die, welche es nötig haben, dann nämlich unter Preis die auf Gutschein erworbenen Lebensmittel gegen Bares.
  #485  
Alt 03.11.2009, 10:43
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Zitat:
Zitat von Nacki Beitrag anzeigen
Noch mal zu den Gutscheinen ganz von den anderen dargelegten Kritikpunkten abgesehen: Es würde sich nach deren Einführung, ja eigentlich ganz zur Freude der Mächtigen bis hin zu einem ideologischen Orgasmus, ein Markt bilden. Da verticken die, welche es nötig haben, dann nämlich unter Preis die auf Gutschein erworbenen Lebensmittel gegen Bares.
Nacki, genau so geht es, und es wird schon so gemacht. Ich habe Betreute (mehr als 20) gehabt, die Gutscheine erhielten, und diese für irgendwas verwendeten! In der Regel spielten übrigens die Kaufmannsläden mit.

Aber das könnte man ja verhindern, wenn man ein paar zusätzliche Kontrolleure einstellte.

@ Olaf: alles schön und gut, was Du sagst, 'n ähnlicher Werdegang wie Deiner ist sicher nicht allen ganz fremd, aber, ob Du unterstellst das typische: 'Wer Arbeit will auch eine kriegt'.

Das stimmt nicht, nicht mal als Dixiklomanager!

Aber darum geht es auch gar nicht: es geht darum, dass hier ein Anspruchsdenken der Mittellosen verallgemeinert wird, das so nicht richtig ist.

Du hast recht, wenn Du von 'überzogenem' Anspruchsdenken einer Generation sprichst, die statt Ausbildung lieber bei Bohlen was werden will.

Ist ja recht bekannt die These durch Stefan Bonner und Anne Weiss: 'Generation Doof'. (Auszug hier: http://www.youtube.com/watch?v=6zm0cxL8iqQ, für die ganz Harten: http://www.youtube.com/watch?v=AW2IC...eature=related

Das Problem ist, dass dieses Denken nicht die Bahnhofspenner und Junkies umtreibt, nicht die kinderreichen Jungfamilien, sondern weite Teile des 'ehemaligen' Mittelstandes, man betrachte nur den Lottowahnsinn. Kaum sind mehr als vier Millionen im Topf, dreht die Nation am Rad.

Dass es dabei einige gibt, die diesem 'Ich-Muss-Konsumieren-Wahn' erliegen und nicht mehr auf die Beine kommen, sind doch gewollt-gewußte Kollateralschäden.

Und sich dann als Politiker, Werbe- oder Medienmensch (usw...) hinzustellen, und die Verantwortung, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, mal hübsch KOMPLETT abzuwälzen, zeugt m.E. weder von besonderer Größe noch von irgendeinem Weitblick!
  #486  
Alt 03.11.2009, 11:01
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Hier ein schön geschriebener Blogeintrag, der auch einige der hier angesprochenen Punkte anreißt.
http://www.spiegelfechter.com/wordpr...alischen-wende
  #487  
Alt 03.11.2009, 11:41
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Zitat:
Zitat von Nacki Beitrag anzeigen
Hier ein schön geschriebener Blogeintrag, der auch einige der hier angesprochenen Punkte anreißt.
http://www.spiegelfechter.com/wordpr...alischen-wende
Sehr schön. Mußte, obwohl's so schrecklich ist, herzlich lachen. Über Herrn Sinn könnte man auch mal..., aber, fällt mir grade ein: was ist eigentlich mit dem liebenswerten Herrn Henkel? Ist der abgetaucht? Oder trägt meine weitgehende Fernsehabstinenz tatsächlich Früchte?

Wer mal ganz was Heißes anfassen will und wirklich starke Nerven hat, werfe einen kurzen Blick in sein Machwerk: "Die Ethik des Erfolgs", Ullstein Taschenbuch 2004, ISBN 3-430-15515-0

Aber nicht zu lange lesen, das ist gesundheitsgefährdend!

Z.B.:
"Der Kern der modernen Ethik muss die Freiheit sein: die Freiheit des Einzelnen, am globalen Spiel teilnehmen und sich aktiv verwirklichen zu können, und zwar nicht nur zum eigenen, sondern zum Nutzen aller."

Da wird jedem, der mal einen Aufsatz darüber gelesen hat, was 'Ethik' ist oder sich einen Gedanken jenseits von F....., Fressen, Fernsehen gemacht hat, umgehend schlecht.
  #488  
Alt 03.11.2009, 11:46
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Zitat:
Zitat von Jaskula Beitrag anzeigen
Ist ja alles schön und gut und zeigt, dass man mit Motivation und Anstrengung vieles selbst regeln kann. Leider ist aus Deinem Beitrag aber im Unterton herauszuhören, dass somit alle, die auf Staatshilfe angewiesen sind mehr oder weniger selbst schuld sind. Das geht aber m.E. an der heutigen Realität der betroffenen vorbei.

Den Unterton habe ich nicht bezweckt. Es sind keineswegs alle selbst schuld, wenn sie staatliche Hilfe beziehen, einige schon.

Du warst jung und brauchtest das Geld ...

Stell Dir vor, Du hättest bei Mercedes-Benz gelernt, dann 35 Jahre dort gearbeitet und wirst dann betriebsbedingt gekündigt. Mit Mitte 50 ist Dein geschilderter Lebenslauf nicht mehr ganz so einfach realisierbar. Du wirst weder auf dem Bau, noch beim Getriebeschleppen gute Chancen haben. Trotzdem fällst Du in kürzester Zeit in Hartz-4. Ab da bist Du dann sofort Alkoholiker und lebensunfähig.

Ist das so, wenn man schwer vermittelbar ist? Kann mir ja noch passieren - ob aus gesundheitlichen Gründen oder durch den endgültigen Vollkollaps der Weltwirtschaft. Ich bin dann als Selbstständiger mal so richtig fertig mit Schönschreiben! Da lande ICH dann nämlich direkt in der untersten Schublade der sozialen Hilfe, ohne noch mal über Los zu gehen. Frührente geht auch nicht wirklich - staatliche Rente beliefe sich nach derzeitigen Hochrechnungen auf 241,- Euro, für die private Rente habe ich noch nicht lange genug eingezahlt, dass da ein merklicher Betrag bei rauskäme. Dieses Risiko trage ich nun seit 15 Jahren. Die Bombe kann jederzeit platzen - Schlaganfall, Krebs, Unfall...interessiert sich dann jemand für mein Schicksal...? Eher nicht. Würde ich dann einem HartzIV-Empfänger, der nie gearbeitet hat (ich weiß, das ist nicht der Großteil) mein Leid klagen, käme dann eher sowas wie "Selbst schuld! Das haste jetzt davon, dass Du die ganze Zeit geackert hast!" oder wie...?

Stell Dir vor, Du hättest kein Abitur, sondern nur Hauptschulabschluss. In der heutigen Zeit stehen Dir damit nur wenige Türen offen. Dann schlägst Du Dich durch immer neue zeitlich befristete Jobs, musst immer wieder von Neuem suchen, weil wieder mal Dein Job wegrationalisiert oder ins Ausland verlagert wurde. Wenn Dein Lebenslauf dann irgendwann in keine Bewerbungsmappe mehr passt, wirst Du als unzuverlässig und sprunghaft angesehen und immer weniger Chancen haben. Die Brüche in Deinem Berufsleben werden sich auch in Deiner Seele spiegeln. Familiengründung auf unbestimmte Zeit verschoben. Dann stellt sich die Frage, ob Du tatsächlich die Kraft und Energie hättest, auch in dieser Situation alles selbst in die Hand zu nehmen. Diese Frage kannst Du m.E. nicht wirklich beantworten.

Ich weiß nicht, was Du ein Bild von mir hast, aber es weicht offensichtlich vollkommen von der Realität meines Lebens ab. In keinem Fall kannst Du jedenfalls beurteilen, ob oder warum ich die von Dir gestellte Frage wirklich beantworten kann oder nicht. Ich habe in meinem Leben schon so einige herbe Rückschläge hinnehmen dürfen. Die werde ich hier allerdings nicht in Form eines weiterführenden Seelen-Striptease ausbreiten. Jedenfalls bin ich schon mehr als einmal wieder aufgestanden in Situationen, in denen viele Andere aufgegeben hätten. Das kannst Du glauben oder eben nicht.

Es gibt heute so viele verschiedene Möglichkeiten in den Genuß von staatlichen Almosen zu kommen, dass jede Verallgemeinerung eine Beleidigung darstellt. Bei manchen Schicksalen möchte ich mal sehen, dass Du einem Betroffenen Deine Geschichte genau so erzählen und ihm dabei in die Augen schauen kannst.
Ich habe nicht verallgemeinert, sondern meinen eigenen Werdegang geschildert. Das sollte auch nicht dazu gereichen, aus dem "Wettbewerb für den härtesten Lebenslauf" als Sieger hervorzugehen.

Muss ich mich aber schämen, weil ich es vielleicht nicht so schlecht gehabt habe, wie einige der von Dir aufgeführten Betroffenen? Nein, schämen würde ich mich definitiv nicht! Und ich könnte den Leuten dabei garantiert in die Augen schauen. Oder habe ich dieses Recht verwirkt, WEIL ich mein Leben lang hart gearbeitet habe...?
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"Wenn Freiheit überhaupt etwas bedeutet, dann das Recht, anderen Leuten das zu sagen, was sie nicht hören wollen." George Orwell (1903-50), eigtl. Eric Arthur Blair, engl. Schriftsteller.
  #489  
Alt 03.11.2009, 11:46
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Nacki Nacki ist offline
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...jenseits von F....., Fressen, Fernsehen gemacht hat,...
Fachsimpeln? Feuilleton? Fenerbahçe?
  #490  
Alt 03.11.2009, 11:51
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Fachsimpeln? Feuilleton? Fenerbahçe?
Füßeln!

Schön, Dein Kringel unter'm 'c', ich liebe politisch korrekte Menschen!
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