Politik - der Thread für politisch Interessierte (bis Dezember 2021)

[Lustigforever]

Zitat von Carstens_Brüderchen

"Die Gerechtigkeitsmotivation entsteht nach Lerners (1977) Konzeption in jener Entwicklungsphase,
in der sich das Kind zunehmend weg vom Lustprinzip und hin zum Realitätsprinzip
orientiert. In Lerners metaphorischer Konstruktion verpflichtet sich das heranwachsende
Kind in einem „persönlichen Vertrag“ (PV) mit seiner Umwelt, augenblickliche, vom Lustprinzip
diktierte Bedürfnisse zurückzustellen, und erwirbt dafür den Anspruch, für langfristig
angelegte Investitionen später um so angemessener belohnt zu werden. Im Rahmen der Entwicklung
dieses „Vertrages“ werden die in einer Gesellschaft akzeptierten Zuteilungsregeln
gelernt, internalisiert und zunehmend als verbindlich erlebt. Im PV erklärt sich ein Individuum
bereit, bestimmte Dinge zu tun und andere zu unterlassen, unter der Voraussetzung,
dass ihm bestimmte positive Konsequenzen daraus erwachsen, dass es einen Anspruch auf sie
erwirbt. Der PV beinhaltet also die Vorstellungen eines Individuums darüber, was es verdient.
Es übernimmt Verpflichtungen und erwirbt Rechte. Ist der PV einmal herausgebildet, erhält
das Verhalten des Individuums eine neue motivationale Basis: Es bemüht sich nun nicht mehr
zu bekommen, was es will, sondern was es verdient."

Und genau damit habe ich meine Probleme.

Manche augenblickliche, intuitive Bedürfnisse werden einfach "ausgetrieben".
Kein Wunder, dass das Individuum nur noch "verdient" und nicht mehr träumt, den Augenblick nicht mehr genießt, sondern nur auf Gewinn aus ist.

Kinder müssen erzogen werden, klar, aber...(siehe oben)

[Nacki]

Also ich empfehle allen zur Lektüre Abschnitt 2.2 und folgende aus dem zweiten vorhin geposteten PDF.

[Jaskula]

Zitat von Carstens_Brüderchen

Das Wort 'Gewinnmaximierung' habe ich nur ein einziges Mal verwendet ...

OK, Du windest Dich etwas. Dein Beispiel mit dem Gerangel um die Mutterbrust (wobei Du die ungerechte Rolle des Vaters hierbei wieder mal außen vor lässt ) sollte belegen, dass Gewinnstreben schon von Geburt an beim Menschen angelegt ist. Du wirst wohl hoffentlich jetzt nicht die Goldwaage rausholen und sagen, dass Gewinnstreben ja etwas ganz anderes sei.

Zitat von Carstens_Brüderchen

Das schließt z.B. ein, dass ein Kleinkind einem anderen Kind die Rassel wegnimmt, obwohl es selbst gerade mit einem anderen Spielzeug beschäftigt war. "Das will ich auch haben" inkludiert dabei "Das soll das andere Kind nicht mehr haben". Korrigiert wird das dann eventuell durch die Eltern ...

Aus Erfahrung als Vater würde ich Dir hier vehement widersprechen. Antrieb für das Wegnehmen ist sicher nicht die später im BWL-Studium oder der Banklehre verinnerlichte Raffgier des Kindes, sondern ausschließlich Neugier und Spieltrieb. Hierbei wird versucht nicht nur herauszufinden, was man mit der rassel anstellen kann, sondern noch viel mehr, was man mit dem Kollegen und den lieben Eltern anstellen kann.
Das Horten von Besitztümern ist bei kleinen Kindern m.E. nicht vorhanden. Meist ist die Rassel gleich wieder uninteressant, wenn der Kollege sich nicht wehrt. Letztlich geht es doch immer nur um die Frage, was passiert wenn ... ?
Deshalb ist jede Rechtfertigung des bei uns vorherrschenden wirtschaftlichen Handelns aus naturgegebenen Eigenschaften aus meiner Sicht völliger Nonsens und eine billige Ausrede, sich nicht damit beschäftigen zu müssen, dass gerade die Erziehung für das spätere Handeln verantwortlich ist.

[Lustigforever]

Zitat von Carstens_Brüderchen

..Würde nicht reglementierend oder formend eingegriffen, hätte Kandidat 1 jetzt seine Tigerente, den Topf mit Löffel und die Rassel, während Kandidat 2 zusehen muss, ob er sich auf ein Kämpfchen einlässt oder ob er sich mit sich selbst auf einen Weinkrampf einigt, der die Position eventuell noch mal neu definiert - vor allem für die Eltern...

Und warum nehmen diese "Eltern" dann später den Tiger, den Topf usw. doch zu sich, während Kandidat 2 zusehen muss, wie er mit der Rassel satt wird?

[stefan.s]

Zitat von Lustigforever

Und warum nehmen diese "Eltern" dann später den Tiger, den Topf usw. doch zu sich, während Kandidat 2 zusehen muss, wie er mit der Rassel satt wird?

Weil sie sich die Definitionsmacht zubilligen, denn sie haben sich ja 'Rechte' erworben.
Und diese äußern sich in nix anderem als im 'Kaufen können'!

[stefan.s]

Zitat von Jaskula

Deshalb ist jede Rechtfertigung des bei uns vorherrschenden wirtschaftlichen Handelns aus naturgegebenen Eigenschaften aus meiner Sicht völliger Nonsens und eine billige Ausrede, sich nicht damit beschäftigen zu müssen, dass gerade die Erziehung für das spätere Handeln verantwortlich ist.

Wunderbar, großartig, richtig! Cheers!

[Carstens_Brüderchen]

Zitat von Jaskula

...Meist ist die Rassel gleich wieder uninteressant, wenn der Kollege sich nicht wehrt. ...

Das deckt sich in weiten Teilen mit dem Ergebnis der vor einigen Seiten angeführten Studie. Wobei das subjektive Gefühl der inneren Zufriedenheit offensichtlich daran gekoppelt ist, dass man Anderen gegenüber 'besser' da steht. Ist es dem Anderen egal, schwindet auch die eigene Zufriedenheit und macht den Besitz der Rassel verzichtbar.

Gefährlich wird jetzt natürlich der überzeichnete Folgeschluss, den Stefan ja auch schon skizzierte: Jeder, dem was weggenommen wird, sollte sich also nicht wehren, damit der 'Reiche' das Interesse daran verliert...

Wohl sicher nicht. Aber ich gehe auch nicht davon aus, dass Du das damit sagen wolltest...

[Carstens_Brüderchen]

Zitat von stefan.s

Weil sie sich die Definitionsmacht zubilligen, denn sie haben sich ja 'Rechte' erworben.
Und diese äußern sich in nix anderem als im 'Kaufen können'!

Völliger Blödsinn! Dazu brauchst Du keine Güter anzuschaffen.

Gehe mit zwei Kindern in den Wald, wo tausend Blumen sind. Das eine Kind pflückt eine, das andere will genau DIE Blume auch haben. Dann liegt es an den Eltern, dem zweiten Kind klarzumachen, dass man Anderen nichts wegnehmen muss, um selbst AUCH glücklich werden zu können. Nur sollte das nicht mit den Worten "schau, da ist doch noch eine viel schönere Blume" passieren, sondern eher mit "schau, da ist eine Blume, die ganz genauso schön ist".

[Lustigforever]

Zitat von Carstens_Brüderchen

Solange die Mehrheit so funktioniert, wird es auch niemals "Gerechtigkeit" im Sinne eines einträchtigen und gleichwertigen Miteinanders geben können.

Nicht immer entscheidet die Mehrheit.
Wenn ich danach gehen würde, was die denken, was sie machen, wie sie.......,
würde ich mir in den A.... treten.(und zwar gewaltig, mehrmals)

Wenn wir die Gerechtigkeit "abschreiben", schreiben wir UNS ab.

[stefan.s]

Zitat von Carstens_Brüderchen

Völliger Blödsinn! Dazu brauchst Du keine Güter anzuschaffen.

Gehe mit zwei Kindern in den Wald, wo tausend Blumen sind. Das eine Kind pflückt eine, das andere will genau DIE Blume auch haben. Dann liegt es an den Eltern, dem zweiten Kind klarzumachen, dass man Anderen nichts wegnehmen muss, um selbst AUCH glücklich werden zu können. Nur sollte das nicht mit den Worten "schau, da ist doch noch eine viel schönere Blume" passieren, sondern eher mit "schau, da ist eine Blume, die ganz genauso schön ist".

Kapitulation, hisse die weiße Fahne.

Och doch nicht, zu nervig: es geht doch nicht darum, tausend Blumen unter zwei Kindern aufzuteilen, sondern zwei Blumen zwischen tausend Menschen! Denk mal drüber nach...