European Games 2023 (21.06. - 02.07.2023, Krakau, POL)

[2007 VK184]

Die dritten European Games, nach Baku und Minsk, werden in Polen stattfinden.

Und zwar in Krakau (Kraków) und der Region Malopolska (Der als Kleinpolen bezeichnete südliche Teil Polens mit Polens längstem Fluss Weichsel) mit den Metropolen Krakau und Lublin, außerdem dem aus dem Wintersport und insbesondere dem Skispringen sehr bekannten Zakopane.

Schwierigkeiten Ausrichter zu finden - finanzielle Hürden sind hoch

Obwohl laut EOC starke Gebote für die Ausrichtung der European Games eingingen, mussten sie zweimal die Bewerbungsfrist verlängern, erst von 28. Februar auf 30. April und dann sogar auf 31. Mai 2019.
Anfangs war wohl noch das russische Kazan im Gespräch (die sich gemeinsam mit Sotschi auch für die European Games 2019 beworben hatten), aber da von dort dann keine offizielle Bewerbung kam, gab es keinen weiteren Bewerber für die Austragung der Europaspiele 2023. Daher war die Vergabe für das European Olympic Committee (EOC) nur Formsache.

Krakau ersetzte den ursprünglichen polnischen Bewerber Kattowitz, die wohl aufgrund finanzieller Bedenken seine Bewerbung zurück zog. Das passierte auch schon 2019, als die European Games in den Niederlanden stattfinden sollten, die sich aber auch aufgrund der hohen Kosten zurückzogen.

Für Krakau war das wohl ein willkommener Ersatz, nachdem deren Bewerbung für die Ausrichtung der Olympischen und Paralympischen Winterspiele 2022 aufgrund von Bürgerprotesten und einem Referendum zurückgezogen werden musste. Deshalb ist es etwas pikant, dass die Einwohner über die Bewerbung für die European Games im Vorfeld gar nicht informiert wurden.

Krakau hat Erfahrung mit größeren Sportevents, so fanden dort u.a. die Volleyball Weltmeisterschaften 2014 statt und die Handball Europameisterschaften 2016. Außerdem war Krakau die "European City of Sports 2014" und war zudem als "European Capital of Culture 2000" nominiert.
Trotzdem gibt es noch einiges zu tun, da u.a. eine Radrennbahn mit Überdachung und eine Leichtathletik-Arena, die IAAF-Standars genügen muss, nicht vorhanden sind und gebaut werden müssen.

Rund 5000 Athleten aus 50 Ländern Europas in mehr als 200 Wettkämpfen

Interessant ist wie auch bei den Olympischen Spielen immer, welche Sportarten dabei sein werden, welche neu dazu kommen und welche gestrichen werden. Im Vergleich zu 2015 sind beispielsweise 2019 diese Sportarten aus dem Programm gestrichen worden: Schwimmen, Triathlon, Fechten, BMX, Mountainbike, Beachvolleyball, Synchronschwimmen und Taekwondo.

Bei den Europaspielen 2015 in Baku (Aserbaidschan) nahmen über 6000 Athleten teil und es wurden 255 Wettkämpfe in 20 Sportarten ausgetragen. 2019 in Minsk (Weißrussland) gab es 200 Wettkämpfe in 15 Sportarten und über 4000 Athleten.
Bei beiden Auflagen nahmen alle 50 Mitgliedsländer des Europäischen Olympischen Komitees teil.

Sportarten bei den European Games und die erfolgreichsten Nationen

Man muss dabei Begrifflichkeiten unterscheiden wie Sportarten und Wettbewerbe. Unterschiedliche Zahlen können auch daher rühren, dass Wettbewerbe manchmal unter Oberbegriffen zusammen gefasst wurden, manchmal aber auch nicht. So wird 2015 nur Radsport ausgewiesen, während 2019 zwischen Bahnradsport und Straßenradsport unterschieden wurde. Auch im Bereich des Turnens gibt es teilweise Zusammenfassungen (Aerobic, Geräteturnen, Sportakrobatik, Trampolinturnen, Rhythmische Sportgymnastik).

Interessant ist auch ein Blick auf den Medaillenspiegel der bisherigen Europaspiele. Dabei muss man natürlich auch die Sportarten berücksichtigen, die dort im Programm waren.

2015 waren das Aerobic, Badminton, Basketball 3x3, Beachsoccer, Beachvolleyball, Bogenschießen, Boxen, Fechten, Judo, Kanu, Karate, Leichtathletik, Radsport, Rhythmische Sportgymnastik, Ringen, Sambo, Schwimmen, Sportakrobatik, Sportschießen, Synchronschwimmen, Taekwondo, Tischtennis, Trampolinturnen, Triathlon, Gerätturnen, Volleyball, Wasserball, Wasserspringen.

2019 dann Aerobic, Badminton, Bahnradsport, Basketball 3x3, Beachsoccer, Bogenschießen, Boxen, Gerätturnen, Judo, Kanurennsport, Karate, Leichtathletik, Rhythmische Sportgymnastik, Ringen, Sambo, Sportakrobatik, Sportschießen, Straßenradsport, Tischtennis, Trampolinturnen.

Hier gibt es dann Sportarten wie Ringen, Judo und Sambo, in denen Russland dominierend war, außerdem Länder wie die Ukraine (Sambo, Judo, Ringen), Georgien (Sambo, Judo), Weißrussland (Sambo, Ringen) oder Aserbaidschan (Ringen) zu den Topnationen gehören. Während Ringen und Judo auch in Deutschland einen gewissen Stellenwert hat, ist Sambo hierzulande praktisch gar nicht existent. Daher relativeren die angebotenen Sportarten bei den European Games dann etwas den Medaillenspiegel, ohne die Leistungen der Athleten und Nationen zu schmälern.

Medaillenspiegel European Games 2015 (Baku, Aserbaidschan)
Platz Land Gold Silber Bronze Gesamt
1 Russland 79 40 45 164
2 Aserbaidschan 21 15 20 56
3 Großbritannien 18 10 19 47
4 Deutschland 16 17 33 66
5 Frankreich 12 13 18 43
6 Italien 10 26 11 47
7 Weißrussland 10 11 22 43
8 Ukraine 8 14 24 46
9 Niederlande 8 12 9 29
10 Spanien 8 11 11 30

Medaillenspiegel European Games 2019 (Minsk, Weißrussland)
Platz Land Gold Silber Bronze Gesamt
1 Russland 44 23 42 109
2 Weißrussland 24 16 29 69
3 Ukraine 16 17 18 51
4 Italien 13 15 13 41
5 Niederlande 9 13 7 29
6 Deutschland 7 6 13 26
7 Georgien 6 10 14 30
8 Frankreich 6 9 13 28
9 Großbritannien 6 9 8 23
10 Aserbaidschan 5 10 13 28

Unterschiedlicher Stellenwert kontinentaler Spiele in Europa und dem Rest der Welt

Der Stellenwert in den verschiedenen Ländern Europas ist sehr unterschiedlich. Teilweise hängt das mit der Veranstaltung an sich zusammen, die erst richtig etabliert sein muss, teilweise aber auch an den Sportarten.

Wenn die European Games erst noch 2-3 weitere Male ausgerichtet wurden, werden diese kontinentalen Spiele vielleicht einen ähnlichen Stellenwert bekommen, wie die Panamerikanischen Spiele und die Asienspielen, die in ihren Kontinenten ja sehr ganz groß sind und schon viele Jahrezehnte etabliert sind. Da sind auch die Pacific Games, über denen Wertigkeit im südpazifischen Raum mir aber keine Informationen vorliegen.

Konkurrenz durch die gebündelten European Championships?

In Europa stehen allerdings die European Games in Konkurrenz mit den European Championships, die 2018 ihre Premiere in Glasgow und Berlin hatten und ebenfalls alle vier Jahre ausgerichtet werden sollen.
Mittelfristig kann vielleicht nur eine dieser beiden Veranstaltungen überleben. Die European Championships werden es da vermutlich schwerer haben, da in vielen Sportarten Europameisterschaften nicht nur alle vier Jahre stattfinden, sondern alle zwei Jahre oder sogar jedes Jahr, aber eben bei den den European Championships nur die Sportarten dabei sein sollen, die alle vier Jahre ihren Europameister küren.

Ich gehe deshalb davon aus, dass es eher bei den European Championships eine Änderung geben wird und diese alle 1-2 Jahre ausgerichtet werden, während den European Games (die ja auch olympisch unterstützt sind) der vierjähriges Rhythmus vorbehalten bleiben wird und es alleine dadurch schon das größere bzw. prestigeträchtigere Event bleiben wird. Beim einen wird man eben Europameister, was im Fußball eine höhere Bedeutung hat als im Tischtennis, eben weil Tischtennis bereits alle zwei Jahre und früher sogar jedes Jahr einen Einzel-Europameister und Team-Europameister kürte. Aber ein European Games Sieger ist da dann schon etwas "Größeres".

Relevanz der European Games für Tischtennis

Gespannt darf man auch sein, ob die European Games weiterhin den (erzwungen) hohen Stellenwert für Tischtennis haben, da es dort seither Direkt-Qualifikationsplätze für die Olympischen Spiele gab.

Es steht und fällt meiner Meinung nach damit, ob man sich durch die European Games weiterhin für die Olympischen Spiele qualifizieren kann oder nicht. Da dies bislang so ist, sieht man Deutschland mit allen Topspielern - bei den Herren mit Timo Boll, Dimitrij Ovtcharov und Patrick Franziska.

Würde dies geändert werden, dürften zwar die Damen weiterhin in stärkster Aufstellung kommen, aber bei den Herren hätte man wohl 2015 und 2019 nicht zwingend Boll und Ovtcharov gesehen. Dann wäre es eine Frage der Prioritäten der einzelnen Spieler gewesen und wenig überraschend wäre stattdessen ein Ruwen Filus oder Ricardo Walther dabei gewesen.

[pittje]

Danke für deinen informativen Beitrag!
Ich sehe eine Zukunft für die European Games, wenn man das Ganze nicht so monumental aufzieht wie die Olympischen Spiele und sich die notwendigen Investitionen des Ausrichters im Rahmen halten. Dann werden mehr Städte erkennen, dass hier eine gute Chance geboten wird, Sportler und Publikum für zwei Wochen in die Stadt zu locken.

[piston]

Zitat von 2007 VK184

Die dritten European Games, nach Baku und Minsk, werden in Polen stattfinden.

Relevanz der European Games für Tischtennis

Gespannt darf man auch sein, ob die European Games weiterhin den (erzwungen) hohen Stellenwert für Tischtennis haben, da es dort seither Direkt-Qualifikationsplätze für die Olympischen Spiele gab.

Es steht und fällt meiner Meinung nach damit, ob man sich durch die European Games weiterhin für die Olympischen Spiele qualifizieren kann oder nicht. Da dies bislang so ist, sieht man Deutschland mit allen Topspielern - bei den Herren mit Timo Boll, Dimitrij Ovtcharov und Patrick Franziska.

Würde dies geändert werden, dürften zwar die Damen weiterhin in stärkster Aufstellung kommen, aber bei den Herren hätte man wohl 2015 und 2019 nicht zwingend Boll und Ovtcharov gesehen. Dann wäre es eine Frage der Prioritäten der einzelnen Spieler gewesen und wenig überraschend wäre stattdessen ein Ruwen Filus oder Ricardo Walther dabei gewesen.

Ist das weiterhin so, dass man sich einen direkten Olympia Startplatz bei den European Games erspielen kann?

Ich bin gespannt, wen Deutschland bei den Damen und Herren nach Krakau schicken wird.

[cdmz]

Laut dem derzeit veröffentlichten Plan gibt es nur für die Mannschaft kontinentale Qualifikationen und fürs Mixed (das wären dann wohl die European Games). Dort soll je ein Platz ausgespielt werden
Wolf schreibt aber, dass das Qualischema nicht mehr gilt.

[markx]

Tischtennis.de sagt: "152 Tischtennisspieler werden ein Jahr vor den Olympischen Spielen 2024 in Paris an den European Games in Polen teilnehmen, bei denen auch diesmal wieder direkte Startplätze für Paris vergeben werden sollen." - Das klingt für mich noch nicht sattelfest.

[cdmz]

Meldeschluss für die European Games ist der 2. Juni.
Auf der Tischtennis-Seite der EG ( https://www.european-games.org/sports/table-tennis/ )
kann man unter Participants bisher nur die qualifizierten Teams sehen:

[cdmz]

Da ich nichts Gegenteiliges gelesen habe, gehe ich davon aus, dass es dabei geblieben ist, dass nur ein einziger Olympia-Platz ausgespiel wird, nämlich für die Gewinner des Mixed-Wettbewerbs.

Die Qualifikation für diesen Mixed-Wettbewerb (nur 1 Mixed pro NOK) lief offenbar iW über die EM 2022:

Qualifying Event or Ranking:
European Table Tennis Championships, Munich, GER, August 2022 and
ITTF World Mixed Doubles Ranking List as of 28 February 2023

Qualification Process:
The highest placed athletes, who reach the round of 16, in the 2022 European Championships Mixed Doubles event, maximum 1 per NOC.
Minimum of one (1) best ranked pair, not yet qualified, according to ITTF World Mixed Doubles Ranking List as of 28 February 2023 will qualify one (1) quota place.

Beide deutschen Mixed erreichten da das Achtelfinale und schieden mehr oder weniger enttäuschend aus:
Qiu/Mittelham gegen Gardos/Polcanova;
Duda/Winter gegen Pistej/Balazova
(beide gegnerischen Mixed holten dann Bronze).
Von Franziska/Shan war da glaube ich noch keine Rede; keine Ahnung ob man die jetzt trotzdem in Krakau antreten lassen dürfte.

[cdmz]

In den Einzeln gibt's zwar keine Olympia-Tickets zu gewinnen, aber vermutlich (?) reichlich WRL-Punkte.

Die Qualifikation (maximal 2 pro NOK) lief analog zum Mixed:
The highest placed athletes, who reach the round of 32, in the 2022 European
Championships Women’s [bzw. Men's] Singles event, maximum 2 per NOC.

Für Deutschland kämen da bei den Herren neben Europameister Dang Qiu Timo und Dima infrage, die beide bis ins Viertelfinale kamen.
Bei den Damen schied Han Ying ja (gegen Winter) früh aus; daher wären hier hinter Vizeeuropameisterin Nina Mittelham die beiden Bronzemedaillistinnen Sabine Winter und Shan Xiaona formal die nächsten.
(Ähnlich übrigens bei den schwedischen Herren, wo Karlsson und Falck weiter kamen als Moregardh.)
Ich gehe aber eigentlich davon aus, dass jedes NOK die Einzelplätze frei besetzen darf; das dürfte natürlich keine einfache Entscheidung sein.

Fürs Team dürfen übrigens jeweils 4 Spieler:innen gemeldet werden.

[Tobi W.]

Zitat von piston

Ist das weiterhin so, dass man sich einen direkten Olympia Startplatz bei den European Games erspielen kann?

Ich bin gespannt, wen Deutschland bei den Damen und Herren nach Krakau schicken wird.

Das müsste doch etwa einen Monat vor den European Games fest stehen. Oder will man die WM noch abwarten und dann eine Entscheidung treffen?

Ich habe gehört, dass Timo Boll nach seiner Verletzung für die European Games gesetzt ist, wenn es seine Verletzung zulassen sollte, also wenn er wieder fit genug ist.

[Niklas01]

Zitat von Tobi W.

Das müsste doch etwa einen Monat vor den European Games fest stehen. Oder will man die WM noch abwarten und dann eine Entscheidung treffen?

Steht jetzt fest!

Zitat von Tobi W.

Ich habe gehört, dass Timo Boll nach seiner Verletzung für die European Games gesetzt ist, wenn es seine Verletzung zulassen sollte, also wenn er wieder fit genug ist.

Ist dabei!