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Alt 29.08.2001, 11:38
Benutzerbild von Heribert Pilch
Heribert Pilch Heribert Pilch ist offline
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Post Artikel in der HNA zum Thema "Regeländerungen"

Nachstehend ein Artikel und ein Kommentar, die in der HNA (Hessisch-Niedersächsische Allgemeine) zum Thema Regeländerungen erschienen sind:

Ich finde Artikel und Kommentar bilden das Thema sehr gut ab.

Heribert


Mit Wut nur noch bis "11"

KASSEL - Seit Jahrzehnten war die Sportart Tischtennis mit der Zahl 21 untrennbar verbunden. In der neuen Saison ist alles anders - ein Satz endet künftig bereits bei elf Punkten.

Horst Reyer spielt seit mittlerweile 55 Jahren Tischtennis und hatte früher im Trikot von Grün-Weiß Kassel und des ESV Jahn Kassel in der Oberliga seine Glanzzeiten. Mit inzwischen 69 Jahren denkt er noch nicht ans Aufhören, doch Anfreunden kann er sich mit dem neuen Regelwerk überhaupt nicht. "Was soll an einer Zählweise bis elf Punkte pro Satz besser sein", sagt der Routinier.

"Der Tischtennissport erleidet einen Identifikationsverlust. Der Übergang zu den größeren 40-Millimeter-Bällen hat das Spiel kaum verlangsamt und ist reine Geldschneiderei. Unsere Sportart wird zum Spielball wirtschaftlicher Interessen", glaubt der Kreisklassenspieler des SV Ermschwerd.

Und Reyer steht mit seiner Meinung längst nicht allein. So wie er denken viele Zelluloidball-Akteure. Mit gehörigem Groll gehen auch Frank Rühling vom Bezirksligisten TV Hess. Lichtenau und viele seiner Vereinskameraden in die neue Serie. "Es macht kein Spaß mehr, sagt Lichtenaus Nummer eins. "Auch bei den dicken Bällen dreschen die Angriffsspieler nach wie vor richtig drauf und mit der Verkürzung der Sätze und den dauernden Aufschlagwechseln gibt es gerade im Doppel ein großes Durcheinander."

Alt und jung sind sich weitgehend einig. Das neue Regelwerk ist nicht nur höchst gewöhnungsbedürftig, sondern geht auch an den Interessen der Basis vorbei. "Die Gedanken einer Veränderung gibt es schon länger", weiß Bezirkssportwart Heinz Rohm. "Aber die Art und Weise, wie uns die Regeln aufgedrückt wurden kommt schon einer Überrumpelung gleich."

Neben dem Ärger über die eigene Ohnmächtigkeit kommt die Befürchtung, dass viele ältere Spieler ihre Drohung wahr machen und den Schläger an den Nagel hängen. "Die Jüngeren nehmen das noch hin, aber einige Ältere wollen sich einfach nicht auf der Nase herumtanzen lassen", so der Bezirkswart.
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Gespaltene Lager
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Größere Bälle okay, aber nun auch noch eine ganz andere Zählweise und die Abkehr von Tischtennis-Tradition und Identifikation? Die mit großer Mehrheit von den nationalen Mitgliedsverbänden im vergangenen Jahr bei der Weltmeisterschaft im japanischen Osaka beschlossenen Regelreformen spalten die Aktiven in zwei Lager.

"Die verkürzten Sätze bringen auch Vorteile und zusätzliche Spannungsmomente für die Zuschauer", meint Youngster Daniel Weitz vom Zweit-Bundesligisten ESV Jahn Kassel. Widerspruch kommt aber aus dem eigenen Lager. "Sätze nur bis elf sind ganz schön stressig. Man hat überhaupt keine Zeit den Gegner zu studieren. Man darf keinen Punkt verschenken muss sich mehr konzentrieren und für die Fans gibt es weniger sehenswerte Ballwechsel", kontzert Mannschaftskamerad Miroslav Bindatsch.

Und ähnlich sieht's auch Björn Ungruhe aus dem ESV-Lager. "Spiele für die Galerie sind bei den kurzen Sätzen passé. Man muss sich jetzt mächtig konzentrieren und seine Kräfte im Spiel wesentlich besser einteilen." Allerdings sieht Jahns Nummer zwei auch Vorteile im umstrittenen Reformwerk. "Der Spielrhythmus ist ein ganz anderer. Bei einem guten Aufschlag kann es so manche Überraschungen geben." Nur mit Aufschlagwechseln nach nur zwei Punkten kann sich auch Ungruhe nicht anfreunden. "Im Doppel ist das geradezu katastrophal."
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Drohgebärden
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"Hoffentlich laufen uns jetzt die Aktiven nicht weg", sorgt sich Bezirkssportwart Heinz Rohm. Dann hätte der Weltverband ein klassisches Eigentor geschossen." Und Vorreiter mit Drohgebärden gibt es genug: "Das ist kein Spiel mehr für mich. Gut, dass das Regelwerk jetzt erst kommt", sagt TTC Grenzaus Bundesliga-Trainer Andrzej Grubba aus Polen - und der war mal die Nummer drei in der Weltrangliste.

(VON ECKEHARD MEYER / HNA-Sportredaktion)

28.08.01 / 16:55 Uhr

KOMMENTAR

Falsch gedacht

KASSEL - Adham Sharara ist nicht allein verantwortlich. Der allgewaltige Präsident und "Macher" des Tischtennis-Weltverbandes aus Kanada wusste vor der Abstimmung im Vorjahr in Osaka um die Unterstützung der Mitgliedsverbände beim heiß diskutierten Regel-Reformwerk.

Mit der überwältigenden Mehrheit von 104:7 Stimmen sprachen sich dann auch die Verbände für das Reform-Regelpaket mit kürzeren Sätzen, größeren Bällen und demnächst neuer Aufschlagregel aus.

Adham Sharara hatte nach der Abstimmung zunächst gut Lachen. Mehr Medieninteresse für eine Randsportart war seine Intention. Alle Verbände zogen mit - nur die Basis dieser Verbände eben nicht. Die bezweifelt nämlich - ganz abgesehen vom Identitätsverlust ihrer Sportart - die durch diese Reformen angestrebten Ziele.

Und für die Medien sind nur Erfolge wichtig. Um zwei Millimeter im Umfang vergrößerte Bälle drosseln kaum das Tempo bei den Ballwechseln und machen eine Sportart damit nicht interessanter, dazu ist eine Zählweise pro Satz bis "11" kein Garant für größere Aufmerksamkeit für eine Randsportart. Adham Sharara und alle Befürworter irren, wenn sie an größeres (Medien-) Interesse durch diese Regelreformen glauben.

Tischtennis nimmt im Konzert der Sportgrößen wie Fußball, Motorsport oder Tennis nur eine eine sekundäre Rolle ein - und das wird auch so bleiben.

Der Sport mit dem Zelluloidball wird solange in der "zweiten" Reihe bei den Fernseh-Übertragungen verharren, solange nicht Triumphe deutscher Spieler bei Weltmeisterschaften das Publikum aufmerksam machen. Daran ist angesichts der asiatischen Übermacht aber überhaupt nicht zu denken.

(Eckehard Meyer /HNA-Sportredaktion)

28.08.01 / 16:09 Uhr
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