Lohnt Jugendarbeit?

[mastermind777]

Schon klar, der Titel ist einigermaßen provokativ. Natürlich ist Jugendarbeit unwahrscheinlich wichtig, schon aus gesellschaftspolitischen Gründen, um die Jugend von der Straße zu holen.

Andererseits ist es bei mir im Verein schon so oft (zu oft) vorgekommen, dass z.B.
- die Jungen mit der ersten Freundin aufhörten (die war wichtiger),
- angesichts des heutigen riesigen Freizeitangebots sich irgendwann anderen Sportarten / Beschäftigungen etc. zuwendeten,
- von höherspielenden Verein (Verbandsliga aufwärts) abgeworben wurden.

Und das waren eben halt oftmals riesengroße Talente (z.B. Meister des Verbandes in ihrer Altersklasse), die sich im Verein wirklich wohlfühlten, und in die unsere Trainer und Betreuer jede Menge persönlicher Zeit und Aufwand investiert hatten um sie dorthin zu bringen. Aber von einem auf den anderen Tag waren sie dann weg, meist ohne Danke oder so. Und da fragt man sich doch schon mal, ob das wirklich alles lohnt.

Wie denkt ihr darüber ?

[klugscheisser]

Zitat von mastermind777

Schon klar, der Titel ist einigermaßen provokativ. Natürlich ist Jugendarbeit unwahrscheinlich wichtig, schon aus gesellschaftspolitischen Gründen, um die Jugend von der Straße zu holen.

Andererseits ist es bei mir im Verein schon so oft (zu oft) vorgekommen, dass z.B.
- die Jungen mit der ersten Freundin aufhörten (die war wichtiger),
- angesichts des heutigen riesigen Freizeitangebots sich irgendwann anderen Sportarten / Beschäftigungen etc. zuwendeten,
- von höherspielenden Verein (Verbandsliga aufwärts) abgeworben wurden.

Und das waren eben halt oftmals riesengroße Talente (z.B. Meister des Verbandes in ihrer Altersklasse), die sich im Verein wirklich wohlfühlten, und in die unsere Trainer und Betreuer jede Menge persönlicher Zeit und Aufwand investiert hatten um sie dorthin zu bringen. Aber von einem auf den anderen Tag waren sie dann weg, meist ohne Danke oder so. Und da fragt man sich doch schon mal, ob das wirklich alles lohnt.

Wie denkt ihr darüber ?

Ja!

Dass viele auf der Strecke bleiben, ist normal und üblich. Stelle dir mal vor, jedes Jahr kämen 10 neue dazu (nichts besonderes) und die würden alle bis ins Seniorenalter dabei bleiben. Wenn jeder zehnte Anfänger durchkommt, ist das schon eine gute Quote. Zum Thema "lohnen": du brauchst wahrscheinlich die Beiträge von 10 Durchnitts-Spielern, um ein "Talent" richtig fördern zu können.

Wenn du dann gute Arbeit machst und die allerbesten nach oben weggehen, ist das doch ein Erfolg für deine Arbeit. In Hessen gibts dafür auch eine Ausbildungsvergütung. Oder möchtest du lieber, dass ein von dir sehr gut ausgebildeter Spieler mit Stärke Oberliga oder höher in der BOL oder VL hängen bleibt? Dann wäre die Jugendarbeit umsonst gewesen (ist jetzt etwas überzeichnet)!

Wenn die Jugendarbeit jahrelang gut gemacht wird, wird eure 1. Mannschaft auch in die Regionen aufsteigen, in denen die Talente bei euch bleiben können. Es dauert halt und kostet auch ....

Ausserdem: die Arbeit eines Trainers kann auch befriedigen, wenn es gelingt, aus einem eher unsportlichen Kind einen durchschnittlichen Spieler zu machen., der aus seinen beschränkten Möglichkeiten das optimale herausholt.

Also: Jugendarbeit lohnt sich!

[Rudi Endres]

Das Thema ist so alt, wie der Sport. Jeder Verein oder Trainer, der sich auf wenige Ausnahmetalente konzentriert wird Schiffbruch erleiden. Talente wechseln früher oder später, es sei denn der Verein spielt bereits höherklassig. Selbst die besten sozialen Bindungen können dies auf Dauer nicht verhindern. Nun werden einige von euch mit Gegenbeispielen aufwarten. Doch die Ausnahmen bestätigen die Regel.
Es muss das Ziel sein eine größere Gruppe Kinder/Jugendliche an den Verein zu binden und zu fördern. Dann werden immer genügend Spieler übrig bleiben, um die Existenz des Vereins zu sichern. Mehr kann man im allgemeinen nicht erwarten. Der Jugendliche nimmt den Aufwand, den der Verein betreibt, als Selbstverständlichkeit wahr. Warum sollte er dankbar sein und in der entscheidenden Prägungsphase nicht in höhere Ligen wechseln? Leider gibt es in den meisten Verbänden keine Ausbildungsentschädigungen. Daher müssen die Vereine Möglichkeiten suchen Training, Turnierbesuche, Hallenmiete und was sonst noch so anfällt, kostenneutral zu bewältigen. Möglich wäre eine finanzielle Beteiligung der Eltern an einer Leistungsgruppe. Ansonsten darf man halt nur Breitensport anbieten.

[klugscheisser]

@rudi.
Danke fürs Abrunden ..

[martinspin]

Hallo mastermind777

Eine wirklich gute Frage! Jeder langjährige Trainer wird dir sagen, dass die Jugendarbeit für den Verein wichtig ist, auch wenn die Talente früher oder später abspringen. Ohne diese Arbeit, würden die Erwachsenenmanschaften bald einmal überaltern.

Voraussetzung für diese Tätigkeit ist sicher Freude im Umgang mit den Jugendlichen, ein gewisser Ehrgeiz was die beabsichtigte Leistungssteigerung der Schützlinge betrifft und die Verantwortung gegenüber dem Verein, den Eltern und der Gesellschaft.

Umgang mit dem Jugendlichen hält einem selbst auch jung. Die Kids sind nicht bloss faul, frech und doof. Wenn sie individuel betreut werden, stellen die oft sehr interessante Fragen, denken selbst mit und lassen sich behilflich sein bei der Findung ihres eigenen Wegs. Wenn nur langweiliges Systemtraining angeboten wird, ohne dass auf die Bedürfnisse der Kids eingegangen wird, lohnt es sich für die Jugendlichen und den Trainer tatsächlich nicht. Umgekehrt kommt es auch nicht gut, wenn nur Spiele gespielt werden und die Kids wenig lernen. Die goldige Mitte scheint das Optimumg zu sein. Die wenigsten können und wollen ein einseitiges Training auf lange Sicht mitmachen.

Wenn ein Spieler das TT liebt und sich darin weiterentwickelt, ist es normal, dass er irgendwann das Bedürfnis hat, den Jungen etwas von seiner Leidenschaft weiterzugeben. Da fragt dann niemand mehr, was es bringt. Es ist bloss ein Bedürfnis und vielleicht auch die Erkenntnis, dass irgend jemand diesen "Freizeitjob" übernehmen muss.

Ich finde das Argument, dass mit dem Sport die Jugendlichen von der Strasse ferngehalten werden, nicht ganz verkehrt, kann aber nicht verallgemeinert werden. Wahrscheinlich trifft das auf ein paar wenige labile Persönlichkeiten zu. Ich muss zugeben, dass die Mitgliedschaft in einem Verein schon diese sozial stabilisierende Eigenschaft hat.

Selbst bin ich nicht nur Mitglied im Verein, weil ich besser TT spielen möchte. Das Gesellschaftliche scheint mir längerfristig wichtiger zu sein. Ich hab mal eine Umfrage in diesem Forum zu Thema gestartet und nach der Motivation für das TT gefragt. Die am häufigsten genannte Motivation war dieser soziale Aspekt (Mit den Kumpels nach dem Training ein Bier trinken gehn usw.) Gerade in der heutigen Zeit, wo die Leute in ihren Wohnungen z.T. vereinsamen, kann das Vereinsleben einen gewissen Halt bieten, aber sicher kein Ersatz für ein Familie sein. Bei den Kids ist es genau gleich, wie bei den Erwachsenen. Die nehmen sich viel Zeit im Training, um miteinander zu plaudern, scheiss zu machen und das Gruppenleben zu zelebrieren.

Also, ob sich die Jugendarbeit lohnt, kann ich generell nicht beantworten. Mir macht es Spass, auch wenn's ab und zu starke Nerven braucht. Solange ich mehrheitlich am TT-Spielen Freude habe und ich gerne die Anfänger trainiere, ist die Welt für mich in Ordnung.

Dass die Talente irgendwann den Verein wechseln, ist doch normal. Zurück bleiben zwei bis drei weniger talentierte Kids, die dann irgendwann im Erwachsenenalter wichtige Stützen im Verein werden. Ob man den abgesprungen Talenten nachtrauern soll oder ob man glücklich über die zukünftigen Vereinsmitglieder sein kann, bleibt Ansichtssache. Das ist sowas wie das Glas, das entweder "halb leer" oder "halb voll" ist.

Gruss
Martin

[Bernd Beringer]

Jugendarbeit lohnt sich nicht nur, sie ist die Voraussetzung für die Zukunft eines Vereins. Viele Beispiele belegen: Wer konsequent Jugendarbeit betreibt, hat weitaus bessere Chance aufzusteigen, seinen Unterbau zu stärken, als Verein insgesamt zu wachsen.

Wenn einem Verein die meisten Jugendlichen "weggeklaut oder abgeworben" werden, dann stimmt etwas mit dem Verein nicht. Die meisten Jugendlichen (die Mädchen sowieso) sind nämlich "vereinstreu". Natürlich muss der Verein dem Jugendlichen die Chance geben aufzusteigen - persönlich in der Rangliste, aber auch mit den Mannschaften. In unserem Verein gilt seit jeher: Im Zweifelsfall "Jugend vor Alter". Das Ergebnis sind sieben Herren-Mannschaften und drei Damen-Mannschaften (neben sechs Jugendmannschaften) im Spielbetrieb - von der Regionalliga über die Verbandsliga bis zur zweiten Kreisliga. Trotz vieler Versuche, unsere besten Jugendlichen (teilweise mit viel Geld) abzuwerben: Keiner hat gewechselt! Weil alle das Gefühl hatten und haben: Hier wird auf Jugendarbeit viel Wert gelegt, hier ist die Jugend das Wichtigste, was der Verein hat.

Die Jugend ist die Zukunft eines Vereins. Wer Zukunft haben will, muss auf die Jugend setzen - einen anderen Weg gibt es nicht oder höchstens nur für kurze Zeit.

[CHE-MAN]

Zitat von mastermind777

Schon klar, der Titel ist einigermaßen provokativ. Natürlich ist Jugendarbeit unwahrscheinlich wichtig, schon aus gesellschaftspolitischen Gründen, um die Jugend von der Straße zu holen.

Andererseits ist es bei mir im Verein schon so oft (zu oft) vorgekommen, dass z.B.
- die Jungen mit der ersten Freundin aufhörten (die war wichtiger),
- angesichts des heutigen riesigen Freizeitangebots sich irgendwann anderen Sportarten / Beschäftigungen etc. zuwendeten,
- von höherspielenden Verein (Verbandsliga aufwärts) abgeworben wurden.

Und das waren eben halt oftmals riesengroße Talente (z.B. Meister des Verbandes in ihrer Altersklasse), die sich im Verein wirklich wohlfühlten, und in die unsere Trainer und Betreuer jede Menge persönlicher Zeit und Aufwand investiert hatten um sie dorthin zu bringen. Aber von einem auf den anderen Tag waren sie dann weg, meist ohne Danke oder so. Und da fragt man sich doch schon mal, ob das wirklich alles lohnt.

Wie denkt ihr darüber ?

zu 1): Kommt meistens auf die Spielstärke an. Wenn einer erkennt, dass er
was erreicht, dann wird er auch dabei bleiben.
Ansonsten, bei uns gibt es einen Jugendwart UND einen
Jugendkoordinator. ( Aktuell bin ich kommissarisch Jugendwart und
auch Jugendkoordinator ) Ich versuche, mit den Leuten auf einer
Ebene zu stehen (siehe mein Alter, dass geht ganz gut!) und sie näher
kennenzulernen. (z.B. auf gemeinsamen Freizeiten, usw.) Dann kann
man in solchen Situationen eingreifen, mit den Leuten reden. (evtl. mit
der Freundin reden,...)
zu 2): Auch hier sind spielstärkere Spieler meistens nicht betroffen, weil sie
erkennen, das sie Leistung bringen und sich weiterentwickeln können.
Aber wenn jemand der Meinung ist, dass ein anderer Sport besser für
ihn ist, kann man nichts machen! Bei Leistungsträgern hilft, wie in 1)
evtl. noch ein Jugendkoordinator oder ein Freund des Betroffenen.
Ansonsten, was will man tuen?
zu 3): Wenn man einen Jugendspieler so weit gebracht hat, dass er im
eigenen Verein keine Zukunft mehr hat, da er zu stark ist, sollte man
stolz sein! Es bringt nichts, einen Spieler zu halten, der in der ersten
Mannschaft alle Spiele ohne Schläger gewinnt. Evtl. fallen ja hier
Wechselprämien an. (bei Ranglistenspielern) Und wenn man einen
besonders guten Spieler abgibt, sollte man den Kontakt halten und
versuchen, ihnanderweitig an den Verein zu binden, z.B. als Trainer.
Bei unserer Saisonabschlussfeier sind immer viele "alte Recken", die
inzwischen woanders spielen. Das ist immer ein schönes Wiedersehen!
Zum letzten: Wenn Spieler ohne ein Wort des Dankes verschwinden, stimmte entweder ihre Einstellung zum TT nicht, oder im Verein läuft was verkehrt. Vielleicht kann man auch mal mit den Eltern sprechen, die wissen bei Problemen Bescheid und können vermitteln.

[El-Mar4H]

Jugendarbeit lohnt sich auf jedenfall und macht auch Spaß wenn man die Entwicklung talentierter Kids sieht auch wenn die besten Talente den Verein irgendwann verlassen.

Letzte Saison haben wir 7 Jugendliche in den Herrenbereich eingegliedert nur zwei davon altersbedingt. 4 aus der 1. Jugend - Bayerliga (2 davon 1. Herren - 2. Bezirksliga, 2 - 3. Herren 1. Kreisliga). Aus der zweiten Jugend - 2. Bezirksliga - 3 in die 4. Herren 3. Kreisliga)

Unseres größtes Talent hat leider den Verein verlassen spielt halt jetzt Landesliga Herren statt 2. Bezirksliga Herren bei einem anderen Verein in unserem Landkreis. Uns bleiben aber immer noch sechs übrig.
Die besten Talente kann man langfristig als kleiner Verein nur schwer halten.

Ich denke unsere Jugendarbeit in den letzten Jahren hat sich schon gelohnt.
Obwohl wir da noch einiges verbessern könnten wenn wir mehr Leute für die Jugendarbeit hätten und mehr Geld.

Sind jetzt gerade wieder beim Neuaufbau in der Jugend macht mir Spass neue Talente für den Verein ranzuziehen unsere 1. Jugend spielt jetzt 2. Kreisliga und unsere 2. 3. Kreisliga.

Freu mich schon auf die neu Saison mit den Kids.

Heroldsbach forever.

[Fastest115]

Soziale Aspekte und Freude an der Verbesserung der Jugendlichen-da stimme ich als langjähriger Trainer in mehreren Vereinen vollkommen zu. Wenn man das betrachtet, lohnt sich Jugendarbeit immer.

Wenn man den Lohn darin sieht: Es bleiben jedes Jahr X Jugendliche für die Herreen über, dann hat man ein Problem. Das kann keiner garantieren. Das ist wie Roulette. Läuft es gut wie bei dem Kollegen im vorigen Post bleiben einige Jungs über. Kann aber auch dumm laufen und es ist kein einziger. Dann hat man viel Zeit und MÜhe und Geld in die Jugend gesteckt aber das gewünschte Ziel nicht erreicht. Da machen es die anderen Hochklassigen Vereine teilweise anders: Kaum Jugendarbeit-wenn nur mit den Riesentalenten, die dann jung woanders her geholt werden-und zur Not kauft man nen paar Leute woanders weg, die dann in den oberen Mannschaften spielen und später wenn sie weniger trainieren eben da bleiben und niedriger spielen.

[El-Mar4H]

Zitat von Prinzessin81

Soziale Aspekte und Freude an der Verbesserung der Jugendlichen-da stimme ich als langjähriger Trainer in mehreren Vereinen vollkommen zu. Wenn man das betrachtet, lohnt sich Jugendarbeit immer.

Wenn man den Lohn darin sieht: Es bleiben jedes Jahr X Jugendliche für die Herreen über, dann hat man ein Problem. Das kann keiner garantieren. Das ist wie Roulette. Läuft es gut wie bei dem Kollegen im vorigen Post bleiben einige Jungs über. Kann aber auch dumm laufen und es ist kein einziger. Dann hat man viel Zeit und MÜhe und Geld in die Jugend gesteckt aber das gewünschte Ziel nicht erreicht. Da machen es die anderen Hochklassigen Vereine teilweise anders: Kaum Jugendarbeit-wenn nur mit den Riesentalenten, die dann jung woanders her geholt werden-und zur Not kauft man nen paar Leute woanders weg, die dann in den oberen Mannschaften spielen und später wenn sie weniger trainieren eben da bleiben und niedriger spielen.

Das ist ja nur ein Aspekt, denn ich erwähnt habe so denke ich weniger ich mache die Jugendarbeit, weil Sie mir Spaß macht. Sicherlich frustriert es, dasa andere Vereine die Früchte unserer Arbeit ernten aber Ausnahmetalente sind nun mal nur schwer zu halten. Soviel Realismus muss sein. Außerdem sehe ich den Lohn darin die Entwicklung eines Jungen Spielers zu verfolgen der früher mal im eigenen Verein gespielt hat auch wenn er bei einem anderen Verein spielt.

Der gesellschaftliche Aspekt, den Jugendlichen den Spaß am Sport im Allgemeinen und vor allem den Spaß am Tischtennis zu vermitteln spielt sicherlich auch eine wichtige Rolle.

Grüße an Peter Prade- Jugendleiter bei uns in Heroldsbach, sowie Friedrich Wetzel und Alwin Bögelein.
Und an Alle, die die Jugendlichen jedes Jahr zu den Auswärtsspielen fahren.

Grüße an Johannes Kugler
früher Heroldsbach (Jugend Oberfrankenliga)
dann Effeltrich (3. Bezirksliga u. Landesliga Herren)
jetzt Würzburger Hofbräu (Regionalliga)

Du machst deinen Weg Johannes.