Sabine Winter (GER)

[Tackiness]

Historisch

Erste Europäerin im Finale

Winter schreibt Tischtennis-Geschichte bei WTT-Champions-Turnier

Team-Europameisterin Sabine Winter hat beim WTT-Champions-Turnier in Montpellier trotz der verpassten Krönung eines famosen Siegeszuges europäische Tischtennis-Geschichte geschrieben.

Als erste europäische Spielerin kam die deutsche Vizemeisterin nach zwei Überraschungserfolgen gegen Top-20-Asse bei einem Event der 500.000-Dollar-Elitekategorie bis ins Finale.

Im Duell um den Titel mit der chinesischen Weltranglisten-Fünften Wang Yidi jedoch musste sich die 33-Jährige durch ein 9:11 im siebten und entscheidenden Satz mit 3:4 geschlagen geben. Dabei hatte Winter, die erst im Vorjahr zu einem Antispin-System gewechselt war, im Endspiel gegen die Mannschafts-Weltmeisterin aus dem Reich der Mitte nach einer 2:0-Führung im sechsten Durchgang einen Matchball zum größten Triumph ihrer Laufbahn ungenutzt gelassen.

Zwei Wochen nach ihrem fünften EM-Gold mit der Mannschaft in Zadar bedeutete Winters mit 20.000 Dollar belohnter Erfolg eine der größten Überraschungen der vergangenen Jahre im internationalen Frauen-Bereich. In der neuen Weltrangliste verbessert sich die Rechtshänderin als Europas neue Nummer eins erstmals unter die besten 20.

SID

[markx]

Gab gestern sogar eine Erwähnung in den heute-Nachrichten um 19 Uhr - vor Fußball!

[Alexey]

Zitat von Duisbergsch

Schöner Erfolg für Sabine

Wie groß sind für sie die Chancen bei den WTT Finals dabei zu sein? Kann das jemand einschätzen?

AFAIK steht sie ganz kurz davor. Wenn sie in Frankfurt gut abschneidet und die andere Konkurrentin früher ausscheidet, sind die Chancen gut.

[oliver]

Zitat von Alisko

Ich finde es krass wie schnell sie teilweise den Schläger dreht. Aufschlag-Abnahme oder zweiter Ball Rückhand/Vorhand ist dann nicht selten der normale Belag und es schlägt ein.
Also einfach nur hinhalten ist das nicht. Das ist extrem vorausschauend und sehr gut antizipierend gespielt.
Muss man clever, aufmerksam und sehr schnell sein! Einfach nur stark!

so sehe ich das auch - gerade dadurch wird man erst so richtig unberechenbar für den Gegner

[Gandalf446]

https://www.spiegel.de/sport/tischte...0-f022137dae90

Auch Spiegel Online hat von dem Erfolg erfahren und berichtet.
Da erfährt das deutsche (Damen) Tischtennis gerade ordentliche mediale Präsenz - wohl verdient!

[cdmz]

Zitat von Duisbergsch

Wie groß sind für sie die Chancen bei den WTT Finals dabei zu sein? Kann das jemand einschätzen?

Siehe hier:
https://forum.tt-news.de/showthread....94#post3822194
https://forum.tt-news.de/showthread....07#post3822207
https://forum.tt-news.de/showthread....75#post3822275

Ich bin eher skeptisch. Wenn Sabine im Frankurter Achtelfinale nicht gegen Harimoto gewinnt, tippe ich auf Joo als letzte Qualifizierte.

[Wohlfühlbacher]

Nach dem Spiegel nu die SZ

https://www.sueddeutsche.de/sport/sa...ier-li.3333616

Mehr positive Presse fürs deutsche TT geht nicht

[Trillian]

Schön ist auch, dass sich die beiden Artikel deutlich unterscheiden und nicht nur einer beim anderen abgeschrieben hat..

[Tackiness]

Zitat von Trillian

Schön ist auch, dass sich die beiden Artikel deutlich unterscheiden und nicht nur einer beim anderen abgeschrieben hat..

Heute auch in der FAZ:

Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 04.11.2025, S. 27

Die Kunst des langsamen Spiels
Mit 33 Jahren entwickelt sich Sabine Winter zur besten Europäerin im Tischtennis.

FRANKFURT. Der Schmerz ließ schnell nach bei Sabine Winter. Sie hatte eine 2:0-Satzführung verspielt, einen Matchball nicht nutzen können, und das ausgerechnet im größten Finale ihrer schon ziemlich langen Karriere. Empfindsamere Gemüter würden eine Weile unter einer derart zerstörten Hoffnung leiden. Doch die derzeit beste Tischtennisspielerin Deutschlands ordnete die Endspielniederlage gegen die Chinesin Wang Yidi beim hochklassigen "Champions"-Turnier in Montpellier kurz und gut für sich ein. Sie ließ mitteilen, "dass ich ein phantastisches Turnier gespielt habe, auch im Finale". Starke Auftritte, die sind in diesem Jahr zu Winters Gewohnheit geworden.

Ihr Karriereknick nach oben im fortgeschrittenen Athletinnenalter von 33 Jahren ist ebenso erstaunlich wie einzigartig in dieser Saison auf der Tour von World Table Tennis (WTT): Bei der Europameisterschaft vor dreizehn Monaten trat die Dachauerin als Nummer 69 der Welt an. In dieser Woche wird sie so hoch wie nie auf Platz 17 stehen und damit erstmals die beste Europäerin sein. Auch mit dem Team ist sie kontinentale Spitze, haben die deutschen Damen doch neulich in Kroatien zum dritten Mal nacheinander den EM-Titel gewonnen. Freunde boulevardesker Formulierungen würden es wohl so sagen: Winter erlebt den zweiten Frühling.

Die Erklärungen für derartige Leistungssprünge könnten mannigfaltig sein: ein neuer Coach, der frische Impulse bringt und das Beste aus einer Athletin herausholt. Ein Mentaltrainer, der dazu beiträgt, den Leistungssport mit einer gesunden Geisteshaltung anzugehen. Oder, auch das gehört in diese Aufzählung, unerlaubte Mittel und Wege. Im Falle von Sabine Winter dagegen erscheint die Erklärung für ihre steile Entwicklung so einfach wie unverdächtig: Sie hat Gummi gegeben. Und zwar ein anderes.

Nachdem die Bundesligaspielerin vom TSV Dachau trotz zweier Ausfälle im deutschen Damenteam nicht für die Olympischen Spiele in Paris nominiert worden war, wechselte sie im Dezember 2024 ihr Spielweise. In den Monaten zuvor hatte sie die Umstellung gelegentlich erprobt, nun dann schien die Zeit reif für einen grundlegenden Wandel.

Weil sie mit ihrer Rückhand nicht außergewöhnlich viel Power erzeugen konnte, machte sie aus ihrer vermeintlichen Schwäche eine Stärke und entdeckte die Langsamkeit. Statt es weiterhin mit Topspin zu versuchen, lernte Sabine Winter, das Spiel auf der Rückhandseite zu entschleunigen, um mit einer knallharten Vorhand den Anschluss zu suchen. Sie musste Bewegungsabläufe und Technik anpassen, aber die entscheidende Rolle spielte der Gummibelag, den sie auf die Rückhandseite ihres Schlägers klebte. Die Oberfläche ist nicht glatt und griffig oder genoppt, sondern erzeugt kaum Reibung. Manche nennen sie die Teflonpfanne unter den Tischtennisschlägern. In der Szene wird der Belag "Anti" genannt, weil er Topspinschläge des Gegners entschärft. Sportlich gesehen sei es "vermutlich die beste Entscheidung gewesen, die ich je getroffen habe", sagte Winter unlängst: "Ich bin nicht nur spielerisch auf einem höheren Level als zuvor, sondern ich habe auch den Spaß am Trainieren und Spielen wiederentdeckt."

Mit ihrem Mut zur Veränderung und ihrer neuen Unberechenbarkeit wurde Winter binnen weniger Monate zur Anti-Heldin. Sie verblüffte sogar die schier übermächtigen Chinesinnen wie Wang Yidi, die einer orthodoxen Schule entstammen und ein solches Spielsystem nicht gewohnt sind. "Es ist unglaublich, was sie im letzten Jahr gemacht hat", sagte Bundestrainerin Tamara Boros, "das hat sie sich verdient."

Zu welchem Erfolg eine Anpassung von Material und Stil in fortgeschrittenem Athletenalter führen kann, hat im Tennis Roger Federer vorgemacht. Nachdem der Schweizer auf einen Schläger mit größerem Kopf umgestellt hat, konnte er seine Karrierebilanz noch um drei Grand-Slam-Titel und weitere Turniersiege aufhübschen.

Zum ganz großen Titel hat es für Sabine Winter zwar noch nicht gereicht am Sonntag in Montpellier. Doch schon in dieser Woche bietet sich ihr beim nächsten WTT Champions - diesmal in Frankfurt - die nächste Gelegenheit. Sabine Winter startet erst am Donnerstag in ihre erste Runde, wo sie auf die Portugiesin Fu Yu trifft. Sie hoffe, dass vor heimischem Publikum "diese traumhafte Reise weitergeht".

THOMAS KLEMM

[Butzi]

Da im Montpellier-Thema noch über Sabine, ihren Glanti und dessen Einfluss auf ihre derzeitigen Erfolge geschrieben wird möchte ich mal meine Einschätzung dazu anhand eines Vergleichs mit Manika Batra und deren Entwicklung schreiben:

Batra hat sich in den letzten zwei/drei Jahren in die erweiterte Weltspitze gespielt. Am Anfang hatte sie Erfolge, weil sie ihre lange Noppe am Tisch bei Blockbällen gut einzusetzen wusste. Ihre Vorhand war nur gut, wenn sie Zeit hatte. Kam sie unter Druck, so hat sie oft die Kontrolle über das Spiel verloren und hat, vor allem gegen Chinesinnen, oft hohe Niederlagen verkraften müssen. Sie hat an ihrer Vorhand viel gearbeitet und kann heute viel besser auch schnelle Bälle gegenziehen. Dadurch ist sie noch gefährlicher geworden.

Sabine hat sich als Angriffspielerin in die erweiterte Weltspitze gespielt. Irgendwann ging's nicht mehr weiter, weil ihre Rückhand einfach eine Schwachstelle war. Nicht weil sie schlecht war, sondern weil sie deutlich schwächer als ihre Vorhand war. Durch den Wechsel auf den Glanti hat sich ihr Spiel sogar weiterentwickelt. Sie nimmt den Gegnerinnen durch die Tempo- und Schnittvariationen die Sicherheit und durch die ausgebremsten Bälle holt sie sich die Möglichkeit, ihre starke Vorhand noch effektiver einzusetzen. Im Finale von Montpellier hat sie ihr Spiel auf einem sehr hohen Niveau gespielt. Sie war meistens in der Lage, das Spiel zu bestimmen. Gelang ihr das nicht, wie bei ihrem abgewehrten Matchball und auch beim verwandelten Matchball von Wang Yidi, dann wird's auch für Sabine sehr schwer. Allerdings hat sie die technischen Fähigkeiten, ihre Rückhand wie früher mit dem Vorhandbelag zu spielen und die Spielfreude, einfach mal einen Ball mit dem Seemillergriff einzustreuen.

Ich bin der Meinung, dass das Spiel von Sabine viel gefährlicher ist als das von Manika Batra. Es wird ihr nicht immer gelingen, ihr Spiel erfolgreich durchzusetzen, aber sie wird noch zwei/drei Jahre unter den Top 20 der Welt spielen können. Es wird Spiele geben, bei denen das Spiel zu schnell wird. Aber nur gegen die Allerbesten. Ansonsten wird sie weiter Erfolge feiern, weil die Qualität in ihrem Spiel durch die Variationsmöglichkeiten so hoch ist, dass das nicht so einfach zu knacken sein wird. Und die Niederlagen, die mit Sicherheit kommen werden, werden sie nicht aus der Bahn werfen, weil sie das mit ihrer Erfahrung viel besser wegstecken können wird als das jüngere Spielerinnen können.

Ich denke und hoffe, dass sie diese Freude an diesem Spiel noch ein paar Jahre behält und dass sich diese Freude weiter auf uns Zuschauer überträgt. Wenn diese Art des kreativen Spiels dann auch noch junge Nachahmer/-innen findet, dann schadet das sicherlich auch nicht.
Ich drücke ihr die Daumen und wünsche ihr weiter viel Spaß und Erfolg.