Amoklauf in Winnenden und Wendlingen

[wabe]

Erstaunlich wie viele Spezialisten für psychische Ausnahmezustände hier diskutieren. Und trotzdem sind scheinbar einfache (und so wichtige) Gesten der Solidarität für die Opfer völlig undenkbar.

Selbst die Fußballbundesliga wird am Wochenende mit Trauerflor spielen. Vom Tischtennisbund hab ich bisher noch nichts gelesen oder gesehen. Weder beim DTTB, noch beim TTVWH oder auf der TT-Bezirk Rems-Seite. Schade.

[Against All Odds]

...ich sehe das ähnlich wie Olaf. Dieser ganze Medienrummel wirkt solchen Taten nicht unbedingt entgegen. Es ist nachgewiesen, dass die Medienaufmerksamkeit, die die Columbine-Schüler bekommen haben, Robert Steinhäuser (Täter in Erfurt) fasziniert hat. Und Heroisierung spielt bei solchen Dingen keine unwichtige Rolle.

Hier mal zwei Tagebuchauszüge vom Täter in Emsdetten - zum Nachdenken:

„ERIC HARRIS IST GOTT! Da gibt es keinen Zweifel. Es ist erschreckend, wie ähnlich Eric mir war. Manchmal kommt es mir so vor, als würde ich sein Leben noch mal leben (…) Ich bin keine Kopie von REB*, VoDKa**, Steini, […] oder sonst wem! Ich bin die Weiterentwicklung von REB! (...) Aus seinem ganzen Leben habe ich gelernt.“

„I hope that other outcasts will be treated better after GSS ! And I hope that some of´ em will be like REB, Vod and me! A FUCKING HERO!”

*REB steht für Eric Harris
**VoDKa für Dylan Klebold

[stefan.s]

Zitat von wabe

Zuerst einmal - ganz vorne und ganz wichtig - mein tief empfundenes Beileid an alle Betroffenen. Was für eine Tragödie.

Was mich jetzt aber interessiert, und was mich auch bewogen hat hier zu posten, ist die Frage, ob es irgendeine Reaktion des Verbandes zu diesem Thema gibt.

Ich finde es relativ unerträglich, am nächsten Wochenende einfach so zur Tagesordnung überzugehen und Punktspiele auszutragen als ob nichts geschehen wäre.

Klar hat "das Tischtennis" vermutlich sehr wenig damit zu tun, trotzdem ist es jemand aus unseren Reihen gewesen. Und da fände ich es einfach angebracht, ein Zeichen zu setzen. Um vielleicht mal ein wenig nachzudenken, wie wir mit unseren Sport-, Vereins- und Mannschaftskollegen umgehen. Ob wir nicht manchmal (und vielleicht viel zu oft) Nöte einfach übergehen oder -sehen, denen vielleicht sogar mit Agression begegnen.


Ich würde mir eine Trauerunterbrechung zumindest für den TTVWH am nächsten Wochenende wünschen.

Also ich zitiere Dich hier mal stellvertretend. Deine Aussagen decken sich ja weitgehend mit denen vieler anderer hier - und ich verstehe sie ganz und gar nicht.

So schrecklich sowas für die Beteiligten, Betroffenen oder wie auch immer Involvierten ist - und dazu gehören z.B. auch die Eltern des Täters (@the Greatest: deine Aussagen sind unsäglich dumm) oder der Chatpartner - aber soll deshalb die Welt stillstehen?

Es ist sicher richtig, dass man nach einem solchen 'Vorfall' mal in sich geht und nachdenkt - und zwar nicht dämlich-populistisch wie 'unsere' Politiker, die nach Psychologen schreien (als ob das was nutzen würde) und schon nächste Woche die Unfinanzierbarkeit dieser anführen werden, Computerspiele verbieten und das Waffengesetz so belassen wollen (Schäuble).

Warum nun aber nicht Tischtennis gespielt werden soll, ist mir schleierhaft. Sollen auch die Kindergärten zumachen, schließlich war er ja bestimmt in einem Solchen?
Dürfen wir hier noch 'Stadionraten'?

Es passieren ganz viele grausige Dinge auf der Welt und Menschen, die diese erlebt oder deren Freunde und Angehörig betroffen sind und waren: für diese ist die Welt nie wie sie vorher war.

Wenn das aber Allen so ginge, gäbe es diese Welt schon lange nicht mehr...

@Olaf: da ist ganz sicher was dran: Amok hat auch was mit Globalisierung, Massenmedien sowie gesellschaftlichen Entwicklungen zu tun, die das 'Gewinnen' als singulare Triebfeder menschlicher Existenz propagieren.

Zumindest in den hier thematisierten Fällen scheint doch der Drang nach Anerkennung und 'Spektakularität' elementar gewesen zu sein.

[yolatango]

ich schließe mich den beiträgen 90 und 91 voll an.

[tarantino]

Zitat von stefan.s

Es ist sicher richtig, dass man nach einem solchen 'Vorfall' mal in sich geht und nachdenkt - und zwar nicht dämlich-populistisch wie 'unsere' Politiker, die nach Psychologen schreien (als ob das was nutzen würde) und schon nächste Woche die Unfinanzierbarkeit dieser anführen werden, Computerspiele verbieten und das Waffengesetz so belassen wollen (Schäuble).

dazu gerade einen mehr als lesenswerten Bericht bei Spiegel Online gelesen:

http://www.spiegel.de/panorama/justi...612730,00.html

[wabe]

Erstaunlich, Solidarität mit Opfern hat offensichtlich keine große Lobby. Sehr traurig.

@Against All Odds
Nehmen wir mal für eine Sekunde an, dass das ursächlich wäre, was du sagst. Dann wäre das die perfekte Argumentation um all die Baller-/Killerspiele entgültig und für immer zu verbieten. UND gleich all die Horrorfilme dazu. Denn genau dort wird die Heroisierung solcher Taten zelebriert und auch vorbereitet. Ist es wirklich ein Zufall, dass bei allen Tätern solche Spiele und Videos in Häufung gefunden wurden? Also, weg damit.

So, jetzt wird der Aufschrei groß sein, DAS darf dann doch wirklich nicht sein.

Aber zurück zum eigentlichen Thema.

Vielleicht solltet ihr mal mit genauso großer Intensität über die Opfer nachdenken, und nicht so sehr über die Täter. UND, solltet ihr nicht mit genauso großer Lust über Vermeidungsstrategien in der eigenen Umgebung nachdenken, wie so mancher auch hier das große Gruseln zu geniesen scheint?

Ich wiederhole es gerne. Es geht um Solidarität. Der Mangel daran ist das verbindende Element aller dieser Taten, nicht die Faszination an vorhergehenden Tätern. Die ist nachgelagert und Teil der Ritualiserung der eventuell bevorstehenden Gewalttat. Nicht die Ursache.

[LAIBACH]

Zitat von wabe

Erstaunlich, Solidarität mit Opfern hat offensichtlich keine große Lobby. Sehr traurig.
Ich wiederhole es gerne. Es geht um Solidarität.

Solidarität mit mir unbekannten Personen?
Nenn mich ruhig "gefühlskalt" oder ähnlich, aber ich halte wenig von einem Mutter-Teresa-Verhalten...
Lieber investiere ich meine Sorgen (und mein Umsorgen) in die mir wirklich wichtigen, nahestehenden Menschen.
Von allgemeiner Betroffenheit hielt ich noch nie etwas. Weder am 11. September, noch heute.

Ansonsten stimme ich stefan s.' letztem Beitrag voll und ganz zu.

[stefan.s]

Zitat von wabe

Erstaunlich, Solidarität mit Opfern hat offensichtlich keine große Lobby. Sehr traurig.


Ich wiederhole es gerne. Es geht um Solidarität. Der Mangel daran ist das verbindende Element aller dieser Taten, nicht die Faszination an vorhergehenden Tätern. Die ist nachgelagert und Teil der Ritualiserung der eventuell bevorstehenden Gewalttat. Nicht die Ursache.

Da du ja auch mich hiermit meinst: was soll das?

Ich halte es für fast schon unerhört, hier pauschal Leute mangelnder Empathie zu bezichtigen.
Ich hatte hier so eine Diskussion schon mal, und ich hatte seinerzeit argumentiert, dass man als nicht direkt Betroffener gar nicht so 'fühlen' kann wie ein Betroffener. Das ist übrigens auch gut so und von Mutter Natur so gewollt...

Alle, die hier gepostet haben, haben die Tat nachdrücklich verurteilt. Was willst Du?

Was meinst du mit Solidarität?

Mitgefühl,Mitmenschlichkeit? Also das 'Verstehen' des Leides der Betroffenen?
Das kannst du hier keinem absprechen.

Oder die Forderung nach 'Unterstützung', '(Mit-)Hilfe'?

Da nun bin z.B. ich tatsächlich vollkommen 'unsolidarisch', weil ich davon ausgehe, dass die Angehörigen der Opfer auf solcherart 'Solidarität' keinen Wert legen.

Nicht umsonst steht übrigens in vielen Todesanzeigen: von Beileidsbekundungen ist bitte Abstand zu nehmen...

Die von dir kritisierte fehlende gesellschaftliche Solidarität, d.i. im Grunde der aristotelische 'Gemeinsinn', ist Fakt und als Diagnose vollkommen untauglich weil redundant.

[Vic Dorn]

Ich bin der gleichen Ansicht wie Laibach und Stefan. Natürlich war und bin ich geschockt darüber, was da passiert ist. Mit diesen Beileidsbekundungen an mir wildfremde Menschen kann ich mich jedoch gar nicht anfreunden. Das ist für mich einfach nur so hingefaselt. So nach Schema F., bla bla bla. Wenn ich jemanden von den Opfern, Angehörigen oder sonstigen Geschädigten/Beteiligten kennen würde, sähe die Sache schon GANZ anders aus. Dann wär es wirklich aus tiefstem Herzen ernst von mir gemeint.

Wir können uns nicht in die Hinterbliebenen hineinversetzen. Als ich es gestern zum ersten Mal im Radio hörte, war ich echt geschockt und starrte lange vor mich hin. Dann kam ein Kollege rein, machte irgendeinen Witz und ich konnte mich schon wieder abrollen vor Lachen. Bin ich jetzt deshalb gefühlskalt? Das bin ich ganz und gar nicht!

[wabe]

@stefan.s
Was Fakt und was nicht Fakt ist, darüber möchte ich nicht spekulieren. Und was "viele (Todesanzeigen)" sind auch. Ich denke aber, dass es momentan weder die richtige Plattform noch der richtige Zeitpunkt ist, das in allen Einzelheiten auszudiskutieren. Bleib weiterhin schön unsolidarisch.