Olympia 2016 (06.08. - 17.08.2016, Rio de Janeiro, BRA)

[ks23]

Ich hab da mal ne Frage bezüglich Roßkopf und Ovtcharov/ Samsonov:

Die beide kennen sich doch wirklich in- und auswendig. Da weiß ich doch im Schlaf, wie ich zu spielen habe.
Seid ihr wirklich der Meinung, dass in dem Fall Coaching so relevant ist?

Wenn jetzt Boll gegen Ovtcharov gespielt hätte, hätte es dann Coaching gegeben?
Und ich bin der Meinung, dass sich Ovtcharov/ Samsonov besser kennen als Ovtcharov/ Boll.

[Footsteps]

1. Timo Boll war und ist der weltbeste Tischtennisspieler aller Zeiten. Aber, nur weil du nach objektiven Gesichtspunkten der bessere Spieler bist, heißt das noch lange nicht das du auch gewinnst. Nehmen wir das letzte Spiel und vergleichen wir in Kategorien:

Aufschlag -> Boll besser
Rückschlag -> Boll besser
Spieleröffnung -> Boll besser
Kurz-Kurz -> Boll besser
Gegentopspin -> ARUNA TURMHOCHÜBERLEGEN



2. Timo Boll ist ein Weichei und ein Waschlappen. Oder, anders formuliert: Ein Wohlfühlspieler und ein extrem fairer Sportsmann.

Was Timo fehlt ist die Fähigkeit dreckig zu gewinnen, hässlich zu spielen, den Schönheitspreis mal nicht gewinnen zu wollen, sich mal nicht zu entschuldigen, mal nicht Mr. Niceguy zu sein, mal nicht zu gratulieren sondern sauer, wütend und wild entschlossen zu sein. Aber das ist seine bewusste Entscheidung! Das müsst ihr mal verstehen: Timo Boll ist das gewinnen weniger wichtig als das WIE er spielt und wie er dabei auftritt.


Aus meiner Sicht gibt es deshalb nur eine einzige Lösung für Timo, damit er sich selbst treu bleiben und sich in den nächsten 4 Jahren trotzdem tatsächlich nochmal verbessern kann: Er muss den Fokus auf das passive Spiel legen. Timo muss den Monsterblock für sich entdecken und zusehen dass er lernt, Gegner auch mal auflaufen zu lassen. Der Matchball von Vladi gegen Dima gestern sollte dafür Inspiration genug sein, das nächste mal ist Timo 39 und Ma Long darf dem Ball hinterherschauen.

[tsb]

Zitat von ks23

Ich hab da mal ne Frage bezüglich Roßkopf und Ovtcharov/ Samsonov:

Die beide kennen sich doch wirklich in- und auswendig. Da weiß ich doch im Schlaf, wie ich zu spielen habe.
Seid ihr wirklich der Meinung, dass in dem Fall Coaching so relevant ist?

Wenn jetzt Boll gegen Ovtcharov gespielt hätte, hätte es dann Coaching gegeben?
Und ich bin der Meinung, dass sich Ovtcharov/ Samsonov besser kennen als Ovtcharov/ Boll.

Meine Meinung ist: Coaching wäre bei einem normalen Spielverlauf wenig relevant gewesen. Aber es war kein normaler Spielverlauf. Durch die Verletzung von Samsonov wurde das Spiel mental sehr belastend und auch taktisch musste man darauf reagieren. Bei dem gestrigen Spiel war Coaching also hoch relevant.

edit:

Zitat von Footsteps

2. Timo Boll ist ein Weichei und ein Waschlappen. Oder, anders formuliert: Ein Wohlfühlspieler und ein extrem fairer Sportsmann.

Was Timo fehlt ist die Fähigkeit dreckig zu gewinnen, hässlich zu spielen, den Schönheitspreis mal nicht gewinnen zu wollen, sich mal nicht zu entschuldigen, mal nicht Mr. Niceguy zu sein, mal nicht zu gratulieren sondern sauer, wütend und wild entschlossen zu sein. Aber das ist seine bewusste Entscheidung! Das müsst ihr mal verstehen: Timo Boll ist das gewinnen weniger wichtig als das WIE er spielt und wie er dabei auftritt.

So sehe ich das auch. Ich erinnere mich an ein Interview, wo er sagte: "Neulich habe ich gegen einen Gegner gespielt, der jeden Aufschlag mit dem Körper versteckte. Ich habe mich innerlich tierisch darüber aufgeregt. Im Training habe ich dann noch fiesere Aufschläge eintrainiert, weil ich diese 2 Wochen später gegen ihn einsetzen wollte. Das habe ich dann aber doch nicht gemacht, ich konnte es einfach nicht."

Mit so einer Einstellung hat man im Sport einen enormen Wettbewerbsnachteil. Aber es macht Boll so sympathisch, dass er seiner Einstellung treu geblieben ist und hoffentlich auf ewig treu bleiben wird.

[ks23]

Zitat von tsb

Da gibt dir doch auch jeder Recht. Ich bin mal eben die Medaillenspiegel von der WM 2010 bis 2016 durchgegangen und siehe da: Deutschland hat als einzige europäische Nation eine nennenswerte Anzahl an Medaillen (5 Stück) gewonnen. An 4 dieser 5 Medaillen war Boll beteiligt. Alle anderen europäischen Nationen kamen im gleichen Zeitraum auf genau 2 Medaillen. (Eine davon war ein Doppel aus zwei gebürtigen Chinesinnen, die erst mit 16 Jahren nach Europa kamen.)

Genau da liegt doch das Problem. Wenn du sagst, Europa war im Tischtennis bis auf wenige Ausnahmen nicht präsent, dann hast du recht. Aber diese Ausnahme ist Boll, nicht irgendjemand anders. Er war an 4 von 7 europäischen WM-Medaillen in den letzten 6 Jahren beteiligt. Das ist eine überragende Bilanz.

edit: Bei Olympia gilt natürlich das gleiche. Seit 2008 hat Europa 3 Medaillen bei Olympia gewonnen. Alle drei sind deutsche Medaillen. An zwei von drei war Boll beteiligt. (Und an allen drei war Ovtcharov beteiligt, was mann vielleicht auch nochmal betonen sollte. )

Okay. Da gebe ich dir auch Recht. Wobei ich aber sagen muss, dass für mich nur Medaillen im Einzel zählen. Aber das ist mein persönliches Ding. Aber wenn ich da halt mal schaue, wie viele Halbfinalteilnahmen es bei Olympia und WM zwischen 2005 bis 2016 gab, dann sieht es halt mau aus.

Was ich wirklich hoch anrechne, ja ging total unter ... ;-) ist Bronze von 2012 von Ovtcharov (gewonnen gegen einen Asiaten!) im Einzel.

Und wenn man sich das Spiel von Boll ansieht, dann hat der Gegner ihm wirklich viel Chancen gelassen bzw. offene Seiten ... hätte man nur platziert anspielen müssen (hat er auch paar Mal gemacht, aber nicht konsequent). Lieber wie blöd auf den Ball einprügeln und sich wundern das die Bälle zurückkommen (ich sag nur 40mm Plastikbomber).

[tsb]

Zitat von ks23

Okay. Da gebe ich dir auch Recht. Wobei ich aber sagen muss, dass für mich nur Medaillen im Einzel zählen. Aber das ist mein persönliches Ding. Aber wenn ich da halt mal schaue, wie viele Halbfinalteilnahmen es bei Olympia und WM zwischen 2005 bis 2016 gab, dann sieht es halt mau aus.

Ok. Ich akzeptiere ja, wenn das dein persönliches Ding ist. Aber dann musst du auch akzeptieren, dass du daraus eine sehr kontroverse Meinung ableitest, die in den Augen sehr vieler Leute dem Sportler Boll keineswegs gerecht wird.

Ja, im Einzel ist er seit 2005 unter seinen Möglichkeiten geblieben. Aber das negiert nicht die unzähligen, beispiellosen anderen Erfolge, die er hatte.

[ks23]

Zitat von tsb

Meine Meinung ist: Coaching wäre bei einem normalen Spielverlauf wenig relevant gewesen. Aber es war kein normaler Spielverlauf. Durch die Verletzung Samsonov wurde das Spiel mental sehr belastend und auch taktisch musste man darauf reagieren. Bei dem gestrigen Spiel war Coaching also hoch relevant.

Gebe ich dir teilweise auch Recht. ABER, in dem Moment muss ich doch dann selbst zu mir sagen, so ... jetzt lasse ich dich laufen.

Klar, ist nicht einfach. Aber dann muss Rossi zu ihm sagen bzw. ihn fragen, willst du gewinnen oder verlieren? Willst du eine Medaille?

Okay, da muss man schon eiskalt sein.

Und bezüglich den versteckten Aufschlägen, wenn einer welche machen würde, würde ich das auch. War ja früher normal und wäre ja in diesem Fall auch nicht unfair.

Was ich auf jeden Fall immer zugeben würde wären Kantenbälle
Beim vorletzten Spiel von Ovtcharov gabe es doch einen Kantenball? Meint ihr der Ball war dran?

[Matousek]

Zitat von JanMove

Die letzte europäische Innovation, an die ich mich erinnern kann, war die "Erfindung" der "Banane", und die kam aus Osteuropa (Tschechien).

Petr Korbel war so ein Spezialist.

[ks23]

Zitat von tsb

Ja, im Einzel ist er seit 2005 unter seinen Möglichkeiten geblieben. Aber das negiert nicht die unzähligen, beispiellosen anderen Erfolge, die er hatte.

Ja okay. Wollte jetzt auch nicht sagen, dass Boll eine blinde Flachpfeife ist, der ab und zu mal n Ball trifft :-)

Mir fehlen einfach ein paar europäische Medaillen bei WMs und Olympia im Einzel.
Und mir fehlen in Europa geborene Spitzenspielerinen im Tischtennis :-)

[ks23]

Zitat von Matousek

Petr Korbel war so ein Spezialist.

Patrick Chila :-)

[Snape]

Zitat von tsb

Du hast den Widerspruch in seinen Aussagen ja erkannt: "keine Rolle" und "kleine Verunsicherung" passen nicht zusammen.

Natürlich passt das zusammen, wenn man eben den ganzen zitierten Text liest.
"Das spielt keine Rolle" und "daran lag es definitiv nicht" - was willst Du denn noch lesen?