Jugend Weltmeisterschaften 2003 (14.12. - 21.12.2003, Santiago de Chile, CHL)

[Bernd Beringer]

@ Dragonspin

Das Thema ist schwierig und vielschichtig. Die Chinesen schöpfen ihre Talente aus einer ganz anderen "Masse" (Volkssport! Schulsport!) ab wie wir, ihr Fördersystem lässt sich auch (wie das der DDR) nicht 1:1 auf unsere Gesellschaft übertragen. Wir brauchen jedoch mehr Tischtennisspieler(innen) in frühem Alter in unseren Vereinen und wir brauchen mehr gut ausgebildete Tischtennistrainer. Vor allem brauchen wir aber eine viel bessere Verzahnung zwischen Schule und Verein. Durch die häufig blinden und kontraproduktiven Sparmaßnahmen der öffentlichen Hände wird jedoch genau das Gegenteil eintreten: weniger Schulsport, weniger Förderung des "Sport nach 1", weniger Talente in unseren Vereinen, weniger internationale Erfolge.

An den Vereinen wird gespart auf Teufel komm raus. Richtig Geld bekommen die Verbände nur noch aufgrund von internationalen Erfolgen. Aber die gibt es auf Dauer nur, wenn der Nachwuchs erstmal "ganz unten" besser gefördert wird - eine Katze, die sich in den Schwanz beißt.

Günter hat Recht, wenn er mehr Engagement der Bundesliga-Vereine einfordert. Beim Fußball und im Eishockey z.B. geht das ja auch. Im Tischtennis sieht die Realität leider jedoch so aus, wie von Günter beschrieben. Noch deutlicher gesagt: Die Großen (Vereine) kümmern sich einen Kehrricht um den Nachwuchs, sie "kaufen" ihn, wenn überhaupt, irgendwann ein. Die Kleinen und die Verbände machen die anstrengende Jugendarbeit und müssen dann erleben, dass ihre gut ausgebildeten Leute von hochklassigen Vereinen weggeholt werden - teilweise und pikanterweise mit Unterstützung der Bundes- und Verbandstrainer.

Den "dritten" Weg zu gehen, nämlich mit den eigenen Talenten so lange aufzusteigen, bis man selbst hochklassig ist, schafft fast keiner, denn, s.o., die Talente werden ja vorher "weggekauft". Das wiederum demotiviert viele Vereine und sie stellen ihre Jugendarbeit ganz ein. Einziges Gegenmittel: Dort wo gute (Vereins)Arbeit gemacht wird, leistungsorientierte Stützpunkte einrichten mit finanziellen Anreizen für die ausbildenden Vereine.

Hier, nämlich an der Basis, anzusetzen, wäre für den DTTB mittelfristsig weitaus erfolgversprechender, als z.B. die 1. Liga auf acht Vereine stutzen zu wollen, was allenfalls für eine Handvoll Spieler und vielleicht zwei/drei Vereine von Vorteil wäre. Und eine Erfolgs-Garantie - nämlich mehr internationale Erfolge durch ausgeruhtere Spieler - ist mit diesem DTTB-"Konzept" natürlich auch nicht verbunden.

[Dragonspin]

@Bernd:

Ganz recht. Das Thema ist aber nicht nur vielschichtig und schwierig, sondern auch äußerst interessant.
In meinem kurzen Statement konnte ich natürlich nur kurze Punkte anreißen, hatte auch nicht wirklich mehr vor. Dennoch, es lohnt sich über diese Punkte zu diskutieren, vielleicht bringt uns das weiter.

Selbstverständlich kann man das chinesische System nicht einfach nach Europa übertragen, vermutlich will man das noch nicht einmal. Aber es gibt gewisse Gesetzmäßigkeiten, da sind wir wohl einer Meinung. z.b. brauchen wir bestens ausgebildete Trainer schon im Anfängerbereich.

Die Politik lass ich mal außen vor. Wir können die Politik nicht ändern, ich meine abgesehen von der Möglichkeit eine andere Partei zu wählen und Lobby-Arbeit zu leisten. Aber im Grunde müssen wir hinnehmen, was uns als Basis gegeben wird.

Vereinswechsel von Jugendlichen müssen nicht schlecht sein, auch hat nicht jeder Verein das Ziel mit seinen Spielern in Klasse XY aufzusteigen. Manchen genügt der Ruf als "Talentschmiede", auch ich spiele lieber in einem "Talentschmieden"-Verein als in einem Bundesliga-Club.


Und in einem Punkt gebe ich dir unbedingt Recht: An der Basis muss etwas getan werden um die Spitze langfristig zu fördern! Ob die Bundesliga jetzt mit 8 oder mit 10 Mannschaften spielt, ist für die Jugendförderung nicht wichtig (für die Bundesligaclubs umso mehr).
Ein anderes Beispiel: Gemeinsame europäische Trainingscamps. Ich möchte diese Idee gar nicht schlecht machen, ich halte sie sogar für gut. Aber davor sollte man doch mal dafür sorgen, dass an der Basis bessere Qualität im Jugendtraining stattfindet.