Welche Spielweise ist typisch Frau oder typisch Mann?

[Bautzemann]

Ich hab die Erfahrungen gemacht, dass der Stil der Frauen/Mädchen abhängig ist von ihren Trainingspartnern. Trainieren sie vorwiegend mit Männern, dann übernehmen sie auch diese Spielweise. Bestes Beispiel ist meine bessere Hälfte, denn ihre Stärken sind (ungewöhnlicherweise für Frauen) der Vorhand-TS und der Aufschlag.
Im Nachwuchsbereich kann ich beobachten, dass die Mädchen oftmals weniger Engagement/Dynamik am Tisch zeigen. Vielleicht entwickelt sich deshalb oft das Block-und Konterspiel.

[Itsme]

Gibt zwar viel zu viele Ausnahmen als es verallgemeinern zu können aber von meiner Einschätzung her.

Männer: Effektive aber eigene Technik (Schläge, Bewegungsabläufe ect.), Friss oder stirb (3rd Ball attack). Fokus eher auf Spin.

Frauen: Lehrbuch Technik. Flinke Augen, Katzenartige Reflexe, schnelles Gerades Spin armes Spiel.

[JanMove]

Zitat von Fastest115

Ich denke auch das sind die grundsätzlichen Unterschiede wobei natürlich Ausnahmen die Regel bestätigen
Damen viel Rückhand, Männer mehr Vorhand
Damen eher Punkte über Speed oder Sicherheit
Männer viel spin bzw spinvariation.
Wenn Männer gegen Damen spielen ist dann die Frage wer bekommt sein Spiel durch.
Dabei entscheidend... Kann die Dame den ersten topspin des Mannes gut blocken und/oder selber gut auf US eröffnen.

So kann es aussehen, wenn Männer gegen Frauen auf relativ hohem Niveau (TTR ~ 2050 +/-100) gegeneinander spielen:









(Als Info:
1. Spiel: Rahel verliert
2. Spiel: Rahel gewinnt
3: Spiel: Rahel gewinnt
4. Spiel: Alex gewinnt)

[Rückhandmonster]

Hi,

hab mal gerade in den Unterlagen aus dem B-Trainerlehrgang von 2016 nachgeschlagen:

Modernes Damentischtennis

• Änderung in Richtung mehr TS
• früherer BLock/Konter
• mehr offensiv
• lange Ballwechsel
• stark vom Konter geprägt
• viel kurze Aufschläge über VH

Modernes Herrentischtennis

• tischfern, mindestens Halbdistanz
• viel TS
• RH nimmt zu
• VH dominant
• wenig Platzierung
• von Physis geprägt
• wenig feste Bälle
• kurze, halblange Aufschläge über VH/Tischmitte
• viel aktiver/agressiver als Damen auf den Punkt
• Eröffnung oft über RH-Seite
• oft kurz Ablegen in VH/Tischmitte
• RH oft als Vorbereitung

Vielleicht hilft es ja jemand...

[Armendariz]

Da ist jetzt wirklich die Frage nach der Genese interessant.

Sind Männer vielleicht mehr "Kampfsäue" (wobei besonders Damen im Topbereich auch ordentlich beißen) und brauchen eine Art Prestigeobjekt? Also was der Porsche vor dem Haus, ist im TT der Mõrder-Eröffnungstopspin und der komplizierte Aufschlag mit ausladender Armbewegung und schnellem, grenzwertigem Ballwurf, für den sie dann auch mal Stunden langweiliger Perfektionsarbeit leisten.

Viele Frauen die ich kenne mögen das Herrenprinzip nicht, dass man sich teilweise über ein ganzes Spiel gegenseitig beackert (spielerisch, aber auch durch eine bestimmte Ausstrahlung), und teilweise auch direkt hinterher nicht so richtig warm miteinander wird, bis das Punktspiel rum ist.

Haben Damen durch die andere Muskelstruktur sowieso mehr Probleme, in puncto Spin mitzuhalten? Aber kommt es nicht eh viel mehr auf Timing an, dass die Damen beim Kontern oft viel natürlicher ausstrahlen, da sie Bälle auch öfter früh blocken?

Brauchen Herren evtl. das Adrenalin, das durch ein körperbetontes Spiel vermehrt ausgeschüttet wird? Brauchen sie mehr Anerkennung von der Bande als die Damen, von denen viele sich vor allem damit begnügen können, dass sie im Spiel nicht allzu schlecht aussehen?
(So was "Entwürdigendes" wie nen Hechtsprung hab ich bisher von einigen (jungen) Herren gesehen, aber von keiner Dame).

Modelllernen kann sicher mit reinspielen. Und das funktioniert eben am stärksten mit Personen, mit denen sie sich identifizieren können. Haben ein Junge und ein Mädchen zwei Stunden die Woche (je eine bei nem Mann und eine bei ner Frau), dann würde das Mädchen sich mehr von der Trainerin abschauen, der Junge mehr vom Trainer, grob vereinfacht.

Ich glaub, dass da viel Tiefenpsychologie mit reinspielt, und die Geschlechterrollen in der Gesellschaft eine große Komponente sind.

[rocknromeo]

Zitat von Armendariz

Da ist jetzt wirklich die Frage nach der Genese interessant.

[...]

Ich glaub, dass da viel Tiefenpsychologie mit reinspielt, und die Geschlechterrollen in der Gesellschaft eine große Komponente sind.

Da stimme ich dir total zu, den Punkt mit der Muskelstruktur möchte ich aber nochmal aufgreifen.

Dass es geschlechtsspezifische Zuschreibungen in der Gesellschaft gibt und sich daraus auch für den Tischtennissport die Modelle "Katze" und "Kampfsau" ableiten lassen finde ich ziemlich schlüssig. Aber wie kommt es, dass ausgerechnet Rotation ein Männerding zu sein scheint? Eigentlich müsste doch der temporeiche Endschlag (Geschwindigkeit und flache Höhe) eher männlich sein und der filigrane Handgelenkeinsatz (Rotation und Platzierung) weiblich. Spielen denn anatomische Faktoren (= Potential zu Schnellkraft) da wirklich die entscheidende Rolle?

@Rückhandmonster: Wie ist das im Trainerlehrgang denn begründet worden? Und sind die Punkte, die du aufgezählt hast vorschreibend oder beschreibend?

[Armendariz]

Frauen schießen aber meistens auch deutlich technischer und krafteffizienter als Männer, hab ich den Eindruck (also mehr über ein gutes Timing im Handgelenk). Hier ist ein Beispiel:
https://youtu.be/d8ys2lqqp94?t=1m.

Zitat von rocknromeo

Aber wie kommt es, dass ausgerechnet Rotation ein Männerding zu sein scheint? Eigentlich müsste doch der temporeiche Endschlag (Geschwindigkeit und flache Höhe) eher männlich sein und der filigrane Handgelenkeinsatz (Rotation und Platzierung) weiblich. Spielen denn anatomische Faktoren (= Potential zu Schnellkraft) da wirklich die entscheidende Rolle?

Vielleicht liegt es daran, dass ein VH-Topspin mit viel Schnitt meistens auch viel Ausholen benötigt. Diese Zeit gibt es bei klassischen Damenspielen selten, bzw wird durch schnelle Konter und präzise Platzierung bestraft.

[Rückhandmonster]

Zitat von rocknromeo

@Rückhandmonster: Wie ist das im Trainerlehrgang denn begründet worden? Und sind die Punkte, die du aufgezählt hast vorschreibend oder beschreibend?

Das war ein Konsens in der Trainingsgruppe. Es ist beschreibend und zu dem Zeitpunkt von den Teilnehmern so gesehen worden - mit Unterstützung von Jasmin Kersten und wurde auch so in der Prüfung abgefragt. Stand 2016
Schien zu diesem Zeitpunkt also Konsens in Hamburg zu sein.

[Zuni]

Das ist mMn weniger der Fall. Ich würde eher sagen, dass Frauen generell eine längere Bewegung benötigen, weil sie physisch gesehen deutlich im Nachteil sind aufgrund geringerer Kraft nicht so einfach entsprechende Geschwindigkeiten beim Armzug erreichen wie Männer.

Kann man meiner Meinung nach auch recht gut daran erkennen, dass bei gemischten Spielen Frauen die generell ganz gut mithalten können trotzdem oft Probleme mit einem Endschlag haben.

[Armendariz]

Richtig. Aber mein Argument ist ja, dass sie den "langen" Endschlag nicht so gut anwenden können, da er in ihren klassischen Spielen kaum vorkommt. Trotzdem halte ich es für grundsätzlich möglich, dass eine Dame, die von Anfang an fast nur Herren spielt, einen Endschlag entwickelt, der dem der meisten Herren kaum nachsteht. So viel Maximalkraft ist ein Endschlag schließlich auch nicht, da gehts doch mehr um Technik und Schnellkraft.