Die Zukunft der Sportart Tischtennis

[Rudi Endres]

Einen Fernsehmassensport kann man aus TT nicht machen. Aber alles so lassen, wie es ist, könnte eine gefährliche Sackgasse sein. TT verliert weltweit im Vergleich mit anderen Ballsportarten prozentual die meisten Mitglieder. Die ITTF sieht nicht nur Deutschland. Der Spruch von Aham Sharara: "Ohne Fernsehen sind wir tot", gilt zumindest für den Profibereich. Für Sponsoren ist nur die TV - Quote wichtig. Es wird immer den ein oder anderen Mäzen geben. Doch das reicht nicht. Schauen wir uns die Herren-Bundesliga an. Sie wird jedes Jahr schwächer, weil sich die Vereine kaum noch finanzieren können. Ohne Profis gibt es keine erfolgreichen Vorbilder. Langfristig hat dies gravierende Auswirkungen auf den Breitensport.
Die Identifikation mit den Spielern allein reicht im Tischtennissport nicht aus. Trotz der Erfolge eines Timo Boll haben wir noch nie so viele Mitglieder verloren, wie letztes Jahr. Der Laie am Fernsehschirm zappt weg, wenn TT kommt. Das Produkt TT besteht für ihn aus einer Aneinanderreihung leichter Fehler. Die kurzen Ballwechsel im Spitzenbereich kann, im Gegensatz zum Tennis, niemand nachvollziehen. Das Produkt ist für den Laien daher nichts wert. Bei den großen Events sieht es etwas besser aus. Die Tischtennisenthusiasten aus ganz Europa schalten ein. Das reicht für eine Fernsehquote, die eine Übertragung gerade noch rechtfertigt. Am Grundproblem ändert sich nichts.
Man kann über mögliche Gegenmaßnahmen streiten. Nicht jede Änderung wird Erfolg bringen. Nichts unternehmen wäre der größte Fehler.
Die Welt ist in allen Lebensbereichen voller Leute, die nie etwa ändern wollen, aber am lautesten schreien, wenn sie selbst durch die Folgen des Nichtstuns betroffen sind.

[TCLo]

Schauen wir uns die Herren-Bundesliga an. Sie wird jedes Jahr schwächer, weil sich die Vereine kaum noch finanzieren können.

Nur mal zu diesem Punkt - schauen wir uns doch mal die Tennis-Bundesliga an...die ist von Weltspitze aber sowas von entfernt...da können wir doch als Sportart noch froh sein, daß wir noch einigermaßen was zu Stande bringen...

Ich meine, welche Bundesliga hat denn dauerhafte Medienpräsenz außer den großen wie Fußball, Handball, Eishockey und Basketball? Basketball-Übertragungen kommen ja auch schon nicht mehr, da haben sich SAT.1 und DSF auch verabschiedet. Eishockey kommt auf premiere oder mal Sonntags nachmittags im sport-studio. Handball wird live übertragen - immerhin...

[Rudi Endres]

Als die Bundesligisten vor einigen Jahren die Übertragungen finanzierten, hatte selbst das Pausenbild eine höhere Quote. Sicher, die Qualität der Übertragungen war nicht berauschend. Doch was ist das für eine Sportart, die noch nicht mal ihre eigenen Fans zum Einschalten bringt. Vielleicht kann die anstehende WM etwas bewirken.

[Rückhandwunder1]

Hoffe auch das dann mehr Leute TT im Fernsehen sehen wollen,
vorallem auf Eurosport hätte es echt genung Platz dafür, sollten sie halt mal snooker von 3 Std. auf zwei Std. kürzen.

[tarantino]

Zitat von Mark Waldner

Zuguterletzt bin ich davon überzeugt, dass der Blick der Gesellschaft von all der Technik auf kurz oder lang wieder auf persönliche Stärken zurückfinden wird. Damit wird auch Sport und vor allem die Sportarten, in denen man sich messen kann (also auch Tischtennis) wieder stärker in das Bewußtsein rücken.

@ Mark Waldner: Ich gehe konform mit vielem von dem, was bisher von Dir gesagt wurde, aber in einem Punkt, fürchte ich, ist oder war der Wunsch Vater des Gedankens (s.o.)

Ich befürchte das die Techniklastigkeit bei weitem noch zunehmen wird und so dem Sport weitere "Marktanteile" abnehmen wird. Schau Dir die junge Generation an. Für die ist das Internet, chatten, Battlegames und Handy das größte. Die verbringen Ihre Zeit nicht mehr mit Bewegungen des Körpers sondern der Finger an Maus und Joystick. Entsprechend rudimentär ist die Motorik ausgebildet. Ich hatte neulich ein 9-jähriges Mädchen bei mir im Training (Tochter übrigens eines sehr guten Fußballers in unserer Stadt). Da benötigte ich geschlagene 3 Wochen, bis Ihr der Hopserlauf gelang. Auch ansonsten war Ihre Motorik äußerst dürftig ausgeprägt.

Sie ist nicht das einzige Beispiel, denn ich stelle ganz allgemein fest, dass Kinder unbeweglicher als früher sind (stehe jetzt seit 20 Jahren als Trainer in der Halle). Ich befürchte das liegt am Spielzeug, dass die Kids heutzutage bekommen genauso wie am umfangreichen TV- und Computerangebot. Auch in den Schulen wird der Sportunterricht zusammengestrichen, was ich hinsichtlich der Gesundheit unserer Kinder mehr als bedenklich finde.

Ich befürchte daher, dass es ein frommer Wunsch ist, dass wir "auf kurz oder lang wieder auf persönliche Stärken zurückfinden"

Doch mit diesem Problem haben auch andere Sportarten zu kämpfen

Was die andere Problematik anbetrifft, ich glaube nicht, dass es ein Problem fehlenden Nachwuchses ist, sondern ein Fehlen an engagierten Trainern oder Betreuern. Soll jetzt kein Eigenlob sein, aber unser Jugendleiter und ich, wir sind im positiven Sinne "tischtennisverrückt" und bei uns boomt es ohne Ende. Natürlich wäre es nicht so, wenn wir nicht 4 Mal die Woche 2-3 Stunden in der Halle stehen würden. Wir sind erfolgreich und gut in den Medien vertreten, was man vom Fußball hier bei uns nicht sagen kann. Die haben auch ein Trainerproblem in 2 Alterstufen. Zudem: Weil alles "Kleingemüse" zu uns in die TT-Halle rennt, musste ich neulich zu meiner Überraschung in der Lokalpresse lesen, dass die Fußballabteilung eine Mitgliederaktion bei Bambinis gestartet hat....

Will sagen: Gibt es Leute die engagiert bei der Sache sind, dann kann man gesellschaftliche Trends auch mal aufhalten und was bewegen ! Soziales Engagement, überdies muss wieder besser honoriert werden !

[Rudi Endres]

Das ist alles richtig. Die alten Zeiten werden nicht wiederkommen. Laut einem Bericht des DLF haben erstmals seit Jahren auch die kommerziellen Sportanbieter große Probleme.
Besorgniserrregend ist nur, dass wir global gesehen, aber auch in Deutschland, so stark auf dem Rückzug sind, wie keine andere Ballsportart. Wo sich, in Vereinen oder Regionen, Betreuer finden funktioniert´s. Hier liegt das Problem. Ob die wenigen Sportkameraden, die überhaupt die Zeit haben, regelmäßig in der Halle zu stehen, dies auch wollen hat mit dem Image der Sportart zu tun.
Tischtennis wird im allgemeinen von der Mehrheit der Bevölkerung nicht als Sport akzeptiert. Das Problem ist vielschichtig (kurze, nicht nachvollziehbare Ballwechsel im Spitzensport, schlechtes Image, fehlende Betreuer, fehlende Lobby in den Medien und, und, und..). Das Drehen an nur der ein oder anderen Stellschraube wird nichts bringen. Manchmal habe ich das Gefühl, dass die meisten Vereine resigniert haben. Der RTTV führt z.Z. eine Schulungsreihe zur Funktionärsgewinnung durch. Kaum ein Verein interessiert sich dafür. Die wenigen anwesenden Vereinsdeligierten kommen aus gesunden Vereinen. Die, die es nötig hätten glänzen durch Abwesenheit.

[w_W_]

Zitat von Rudi Endres

Funktionärsgewinnung....

Huhn- Ei- Problem.

Wenn der Mann da ist und sich zu so einer Veranstaltung anmeldet,
dann ist er ja schon gewonnen und hat vermutlich andere Sorgen

[Rudi Endres]

Zitat von w_W_

Huhn- Ei- Problem.

Wenn der Mann da ist und sich zu so einer Veranstaltung anmeldet,
dann ist er ja schon gewonnen und hat vermutlich andere Sorgen

So ist es.

[mithardemb]

Zitat von Rudi Endres

Zu Zeiten eines Peter Stellwag waren die Hallen schon Wochen vorher ausverkauft. Er garantierte eben lange Ballwechsel. Und die kann man auch als Laie nachvollziehen oder glaubt es zumindest.

Ich glaube, die Zeiten und Randbedingungen liegen einfach zu weit auseinander, als daß man das geänderte Zuschauerinteresse mit der Nachvollziehbarkeit erklären könnte. Davon abgesehen, liegt der Hauptunterschied zwischen damals und heute eigentlich eher in der Zuname des Tempos als des Effets oder sehe ich das falsch? Daß ein höheres Tempo den Ball schwerer returnierbar macht, sollte eigentlich leicht nachvollziehbar sein.

Übrigends gibts viele Stimmen im Forum die die Zeit von Walder Anfang der 90er für das optisch schönste TT halten. Dort war das Interesse doch eigentlich auch geringer als zu Zeiten von Stellwag.

[platten]

Zitat von Rudi Endres

Der RTTV führt z.Z. eine Schulungsreihe zur Funktionärsgewinnung durch. Kaum ein Verein interessiert sich dafür. Die wenigen anwesenden Vereinsdeligierten kommen aus gesunden Vereinen. Die, die es nötig hätten glänzen durch Abwesenheit.

Es gab in der Region Trier/Wittlich 2 solcher Termine. Zuerst ein Jugendregionstag und dann der Termin zur Funktionärsgewinnung. Am ersten Termin hatten wir, am zweiten unsere Jugend ein Spiel.
Vieleicht sollte man solche Termine in eine spielfreie Woche (Rahmenterminplan) legen.
Gerade die Vereine die es nötig haben, haben meist nur ein, zwei Personen die überhaupt solche Termine wahrnehmen.