Amoklauf in Winnenden und Wendlingen

[Abschenker]

Die Homepage seines Heimatvereins ist ja auch schon gestern offline genommen worden. Der Spielbetrieb wird sicherlich nicht so schnell wieder aufgenommen werden. Zumindest könnte ich mir das vorstellen. Schlimm das Ganze!

N-TV sagt aktuell, dass es wohl tatsächlich "Hass auf Frauen/Mädchen" war. Er sei verschmäht worden. Und natürlich hat die Polizei viele Killerspiele auf seinem PC gefunden.

[DerWechsler]

Zuallererst möchte ich mein Beileid allen Betroffenen ausprechen.
Egal ob mittelbar oder unmittelbar, es sollte jeder in so einer Ausnahmesituation psychologische Hilfe in Anspruch nehmen.
Erfurt ist 7 Jahre her, es gibt aber immer noch viele, die mit den Geschehnissen noch nicht umgehen können.

Was mich aber traurig und zornig zugleich macht:
Wir alle haben aus Erfurt nicht viel gelernt.
Wie kann ein Mensch (und ich sage jetzt bewußt Mensch) jahrelang als Einzelgänger fungieren und gleichzeitig in einem Sportverein sein?
Ich will keine Schuld verteilen aber mich wundert so etwas.
Des weiteren frage ich mich, wie man 14 oder 15 Waffen zu Hause haben muß.
Eine Aufklärung des Amoklaufes wird, wie in Erfurt, scheitern.
Man kann mutmaßen und versuchen irgendjemanden die Schuld zu geben, das ist aber auch schon alles.
Zum Thema, es war ein TT-Spieler: Dort eine Parallele zum Sport und eventuellen Niederlagen zu ziehen ist natürlich Nonsens.
Ich möchte mich auch nicht an Vermutungen beteiligen, denn es sind sicher vielschichtige Probleme, die einen Menschen zum Amokläufer machen.
Noch eins zum Abschluß.
Es ist schon perfid wenn man sieht, wie sich sogenannte Reporter und Journalisten auf alles stürzen, was auch nur im Umfeld des T.K. war.
Eine sachliche und bildlich gute Berichterstattung hab ich gestern jedenfalls vermißt und wird es auch nicht geben.
Komisch ist nur, alle sogenannten Experten für Erziehung und Kriminalpsychologie treten erst auf, wenns zu spät ist.
Wo sind die Unterstützungen für Familien mit Problemen??
Warum können sich viele Familien den Beitrag in einem Sportverein nicht leisten (Hartz IV)?
Integration?? Für viele in Deutschland ein Fremdwort.
Abschließend zu ML:
Absolut verständlich sein Verhalten und Texte hier.

[klugscheisser]

Zitat von druckknecht

Mein aufrichtiges Beileid an alle Betroffenen.

Dieser Formulierung schließe ich mich an, an alle Betroffenen. Auch die Eltern des "Täters" sind Betroffene und verdienen Mitgefühl. Sie leiden genauso wie die Eltern der anderen, wahrscheinlich noch viel mehr, weil sie sich immer fragen müssen, ob sie etwas Entscheidendes falsch gemacht haben.

Was bringt einen Jungen dazu, so zu handeln? Im Affekt war es wohl nicht, denn die Waffe und die Munition an sich zu bringen und sich geplant auf den Weg zur "Hinrichtung" zu machen, schließt das eigentlich aus.

Ich vermute, dass sich über einen längeren Zeitraum etwas angestaut hat, das er nicht mehr kanalisieren konnte. Vermutlich haben die natürlichen Sicherungen glatt versagt.

Nebenbei: für junge Leute mit diesen Problemen ist Tischtennis auch eine denkbar ungeeignete Sportart, dazu aber mehr viel später an anderer Stelle.

Wer das auf falsche Erziehung, schlechten Umgang oder Videospiele reduziert, macht es sich zu einfach. Hatte er in seinem Umfeld (Familie, Freunde, Schule, Verein, Kirche) jemand, bei dem er bei seelischem Überdruck "Dampf ablassen" konnte?

Ich rede nicht wie der Blinde von der Farbe, ich war in meinem Leben auch schon gelegentlich in Situationen, die ich für ausweglos hielt. Einmal (mit etwa 11 Jahren) hatte ich sogar Suizid-Absichten, aber meine Sicherung hat funktioniert: ich bin eingeschlafen. Am nächsten Morgen sah die Welt wieder ganz rosig aus. Und der Schritt von Gewalt gegen sich selbst zu Gewalt gegen andere ist manchmal sehr klein; die Reihenfolge ist wichtig.

[wabe]

Zuerst einmal - ganz vorne und ganz wichtig - mein tief empfundenes Beileid an alle Betroffenen. Was für eine Tragödie.

Was mich jetzt aber interessiert, und was mich auch bewogen hat hier zu posten, ist die Frage, ob es irgendeine Reaktion des Verbandes zu diesem Thema gibt.

Ich finde es relativ unerträglich, am nächsten Wochenende einfach so zur Tagesordnung überzugehen und Punktspiele auszutragen als ob nichts geschehen wäre.

Klar hat "das Tischtennis" vermutlich sehr wenig damit zu tun, trotzdem ist es jemand aus unseren Reihen gewesen. Und da fände ich es einfach angebracht, ein Zeichen zu setzen. Um vielleicht mal ein wenig nachzudenken, wie wir mit unseren Sport-, Vereins- und Mannschaftskollegen umgehen. Ob wir nicht manchmal (und vielleicht viel zu oft) Nöte einfach übergehen oder -sehen, denen vielleicht sogar mit Agression begegnen.

Übrigens Matthias (ML), ich finde es sehr gut, wie du mit diesem Thema hier bei TT-News umgehst. Auch das sollte mal gesagt sein.

Ich würde mir eine Trauerunterbrechung zumindest für den TTVWH am nächsten Wochenende wünschen.

[DerWechsler]

Guter Beitrag von klugscheisser. Bin absolut deiner Meinung.
Auch ich war schon in schier ausweglosen Ausnahmesituationen aber hatte Freunde und Familie, die gemerkt haben, das ich mich verrannt hatte.
Haben mich dann wieder auf den Richtigen gebracht.
Hatte gestern auch ein Gespräch mit einem Betroffenen aus Erfurt.
Seine Frau ist damals in Erfurt getötet worden.
Es ist für ihn auch heute noch sehr schwer, überhaupt zu unterrichten.

[Carstens_Brüderchen]

Zitat von wabe

...Ich würde mir eine Trauerunterbrechung zumindest für den TTVWH am nächsten Wochenende wünschen.

Man kann es mit der Betroffenheit auch übertreiben!

Keine Frage, dass das Verbrechen im höchsten Maße verabscheuungswürdig ist. Keine Frage, dass Mitleid und Betroffenheit absolut gerechtfertigt sind.

Allerdings kann ich den Täter nicht zu "Sportfreunden" zählen! Einen Spieltag zu stornieren, weil dieser Unmensch mal TT gespielt hat, halte ich für eine unangebrachte und überzogen wirkende Reaktion, mit der man falsche Zeichen setzt.

Das wäre so, als würden alle Seat-Leon-Fahrer kollektiv ihren Wagen für einen Tag in der Garage stehen lassen, weil irgendein Idiot einige Tage zuvor mit einer Geisterfahrt in Suizidabsicht eine Massenkarambolage auf der A5 mit 17 Toten verursacht hat und dabei einen Seat Leon fuhr. Der Seat-Leon-Supercup am folgenden Wochenende fällt dann auch nicht aus. Und Seat verkauft deswegen nicht weniger Autos.

Hier sollten einige Dinge nicht miteinander in einen Hut geworfen werden, die wenig bis nichts miteinander zu tun haben!

Sonst müssten sämtliche Schützen- und Schießvereine auch ein Trauerwochenende einlegen, sämtliche 17-Jährige müssten einen Trauerflor tragen, um sich öffentlich von dem gleichaltrigen Täter zu distanzieren. Jeder Ballerspiel- und Horrorfilmkonsument müsste sich in Scham zurückziehen. Wenn der Typ morgens zum Frühstück Nutella auf dem Brot aß, wird am kommenden Wochenende in ganz Deutschland demonstrativ Marmelade gegessen...Leute!

[wabe]

Von "hat mal TT gespielt" kann keine Rede sein. Das letzte Punktspiel, wenn ich es richtig gesehen hatte war am 6.3.09.

In der Tat finde ich, dass sich so mancher einfach mal zurückziehen könnte um nachzudenken.

Ich versuch mir einfach mal vorzustellen, wie es im Bezirk Rems grade so zugeht. Und da am nächsten Wochenende einfach so weiterzuspielen ist wirklich nur wenig angebracht.

[wabe]

Ich hab noch was vergessen zu erwähnen. Wenn ich die Nachrichten richtig lese, dann nutzen viele Schulen den heutigen Tag um über das Geschehene zu reden und zu trauern. Wenn die Schulen so was tun, dann sollte der TT-Verband auch mal darüber nachdenken.

[Big_Maama]

Zitat von Carstens_Brüderchen

Allerdings kann ich den Täter nicht zu "Sportfreunden" zählen! Einen Spieltag zu stornieren, weil dieser Unmensch mal TT gespielt hat, halte ich für eine unangebrachte und überzogen wirkende Reaktion, mit der man falsche Zeichen setzt.

Der Täter war auch ein Mensch, das sollte man nicht vergessen. Außerdem hat er ja wohl relativ viel Zeit mit TT verbracht und da halte ich einen Spielfreien Tag als Trauertag für die Opfer - zumindest für den betreffenden Kreis - für angemessen.

[Carstens_Brüderchen]

Zitat von wabe

Von "hat mal TT gespielt" kann keine Rede sein. Das letzte Punktspiel, wenn ich es richtig gesehen hatte war am 6.3.09.

In der Tat finde ich, dass sich so mancher einfach mal zurückziehen könnte um nachzudenken.

Ich versuch mir einfach mal vorzustellen, wie es im Bezirk Rems grade so zugeht. Und da am nächsten Wochenende einfach so weiterzuspielen ist wirklich nur wenig angebracht.

Hiermit würde man ein Zeichen setzen, das von Personen, die ebenfalls überlegen, einen Amoklauf zu starten, nur falsch verstanden werden könnte. Je größer die Tragweite in die Gesellschaft hineinragt, desto "größer" mutet für derlei Irrgeleitete das "Werk" des Täters an!

Amokläufer laufen Amok, um sich demonstrativ mit einem riesigen Knall zu verabschieden. Je größer der Nachhall, desto größer wird die Versuchung für potenzielle Nachahmer, das noch zu übertreffen.

Im Sinne der künfigen Vermeidung solcher Geschehnisse sollte man eher darüber berichten, was dieser Schwachmat für ein armes Würstchen war. Klingt auf den ersten Blick kontraproduktiv - ist aber in meinen Augen sinnvoller, als den Schock noch weiter auszuleben, indem man derartige kollektive Solidaritätsaktionen betreibt.

Potenzielle Amokläufer werden dadurch nur noch bestärkt! Weil sie einer größtmöglichen Gemeinschaft, zu der sie sich ja nicht mehr zählen, einen größtmöglichen Schaden zufügen können.

Die Medien wären m.E. gut beraten, den Täter als den größten Loser aller Zeiten darzustellen, der zu dämlich war, in einer Problemsituation nach Lösungen zu suchen. DAMIT würden sich andere potenzielle Amokläufer jedenfalls nicht identifizieren wollen.