Hartes oder weiches Holz?

[jobtg]

Hallo Kollegen

spiele nun (mit Unterbrechung) seit 40 Jahren TT und habe mir meine Hölzer immer nach Tempo und Kontrollwerten (sowie dem Preis ) ausgesucht. Immer waren es Hölzer im Bereich ALL+ (früher) bis ALL- (heute). Auf die Härte bzw. Biegesteifigkeit habe ich nie geachtet. Was sagt da eigentlich die Theorie? Was ist da für welchen Spielstiel geeignet? Und wie verhält es sich mit Balsahölzern?

Aus den Beschreibungen der Hersteller werde ich auch nicht immer schlau. Das sind ja immer alles Wunderhölzer (wenn man das dann glaubt ).

Gruss
Jo

[jobtg]

Also ganz konkret: Spiele moderne Defensive (aber umgekehrt), also RH Angriff und VH Verteidigung. RH mit einem schnellen, spinnigen NI-Belag, VH mit LN. Welches Holz wäre wohl für so eine Kombination gut?
Aktuell habe ich zwei Hölzer im Einsatz, Andro Fibercomp DEF und Tibhar Defense Plus. Vom Materialaufbau wohl ähnlich (Balsakern), von der Balance etwas unterschiedlich. Aber vielleicht gäbe es ja auch noch was besseres?

[pibach]

Zitat von jobtg

Auf die Härte bzw. Biegesteifigkeit habe ich nie geachtet. Was sagt da eigentlich die Theorie? Was ist da für welchen Spielstiel geeignet?

Sowohl Anschläghärte als auch Biegesteifigkeit beeinflussen erstaunlich stark die Kontaktzeit, weil dabei das Holz bis zu ein paar mm nachgibt kann man den Ball etwas länger führen (bei tangentialen, beschleunigten Schlägen sind das ca 1-2 cm). Das ermöglich gewisses "liften" des Balles. Sowie nachführen der Schlagbewegung zur Dosierung der Ballbeschleunigung. Es wird dann bei entsprechender Technik u.U. mehr Spin generiert, weil durch die längere Kontaktzeit auch mehr Zeit für Scherung des Belags bleibt. Hängt aber stark von der Abstimmung (Härte) der Beläge und der Geschwindigkeit des Armzugs ab. Mehr Verformung geht auf Kosten der Präzision bei harten Schlägen, der Energieffizienz (Tempo) und der Gegner hat auch etwas mehr Zeit zu reagieren.

Anschlaghärte versus Biegesteifigkeit unterscheiden sich dabei durch andere (dynamische) Kraft-Weg-Kurve, also wie viel Kraft nötig ist für welche Verformung. Da spielt auch die Masse und damit gewisse Trägkeit hinein. Vor allem biegt es sich nicht nur um den Griff, sondern das ganze Blatt wird eingebogen, abhängig von der Blattgröße. Kann man auch an der Resonanzfrequenz erkennen.

Zum Spielstil: kurze Kontaktzeit ist geeignet für Block, Konter, Schuss. Topspin sollte dann mit schnellem Armzug erfolgen, ansonsten kriegt man nur schlecht Rotation rein. Längere Kontaktzeit eignet sich für variables Topspinspiel. Imho sollte Härte und Steifigkeit in etwa zusammen passen, also weich + elastisch um längere Kontaktzeit zu erreiche und hart + steif für kurze Kontaktzeit. Wobei durchaus auch extreme Kombinationen zu gewissen Spezial-Spielsystemen passen können (z.B. wird hart+biegeelastisch gerne für Störnoppen eingesetzt).

[jobtg]

Vielen Dank für die ausführliche Antwort, jetzt ist mir einiges klarer.
Leider geben nicht alle Hersteller die Eigenschaften der Hölzer (Härte, Biegesteifigkeit) auch an.

[Zod]

Und wenn das von Herstellerseite angegeben wird, dann teilweise noch falsch.
Find ich auch schade, aber die Hersteller haben ja gar nicht den Wunsch, dass man direkt "das Richtige" kauft, sondern verdienen ja auch doppelt, wenn man nach einem Fehlkauf was anderes braucht oder testet.

[Mark5]

Unter TabletennisDB
http://www.tabletennisdb.com/blade/
gibt es zu fast jeden Holz eine Angabe zu Härte, Steifheit, ....

Da kann man schon man ganz gut etwas vergleichen.

[Zod]

Das sind da nur leider auch keine Messwerte, sondern von den Usern angegebene Werte ohne Vergleichsskala. Je mehr Leute Angaben zu einem Holz gemacht haben, umso besser ist die Einordnung sicherlich, aber bei etwas weniger gebräuchlichen Hölzern und neueren Hölzern hilft das nach meinen Erfahrungen auch nur sehr bedingt, wenn man da vielleicht eine Eintragung hat.
Meist sind die Eintragungen auch irgendwo zwischen 4 und 7.
Wenn ein Holz mit Härte 4 angegeben ist und ein anderes mit 5 würde ich daraus nicht schließen, dass das mit 5 härter ist, sondern höchstens, dass beide wohl nicht sehr hart oder weich sind.

Ein Maze Off ist z.B. mit "Steifheit" 5,2 (also absoluter Durchschnitt) angegeben bei nicht wenig Bewertungen. Ist vielleicht nicht so ganz richtig ...

[Mark5]

Für die grobe Orientierung finde ich, reicht die TTDB.
Wenn man so will, sind es eher Anhaltswerte.

Das Spielgefühl in Meßwerte zu "verpacken" ist sowieso eine heikle Angelegenheit.
Und dann kommen noch die Fertigungstoleranzen bei einer Charge dazu, unterschiedliche Qualitäten in der Fertigung über Jahre (siehe alte - neue Hölzer) ....

[pibach]

Man kann aus dem Furnieraufbau, also Holzarten und Furnierstärken, in etwa Anschlaghärte und Biegesteifigkeit ableiten.

[tougel]

Zitat von pibach

(bei tangentialen, beschleunigten Schlägen sind das ca 1-2 cm).

Woher weißt du das???