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WM, EM, World Cup, WTT und ITTF Events, usw. Welt- und Europameisterschaften, World Cup, Olympia, World Table Tennis (WTT), ITTF World Tour und sonstige Großturniere. Hier geht es um die Top-Events unserer Sportart. |
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China: "Nebenfaktoren" gibt es nicht
Als der chinesische Tischtennis-Verband erfuhr, dass fuer die 47. TT-Einzelweltmeisterschaft 2003 in Paris Baelle der Marke Tibhar verwendet werden sollten, wurde er aktiv. Denn die Tibhar-Baelle werden in Werke des chin. Herstellers Double Happiness (DHS) hergestellt, jedoch mit geringfuegig unterschiedlichen Eigenschaften als die Baelle, die DHS unter Eigenmarke verkaufen. Da DHS aber Haupt-Ausruestungspartner der chin. NM ist, sind die Spieler besonders vertraut mit DHS-Baellen, weniger mit Tibhar-Baellen. In Paris kamen Tische und Netze von DHS zum Einsatz, nur der Ball ist nicht ganz das "Uebliche". Da lag eine kleine "Umschmink-Aktion" quasi auf der Hand. Also sprach der chin. Verband mit der Organisationskomitee des Turniers, mit DHS (mit dem man ja eh staendig in Kontakt ist), mit Tibhar, mit allen, die damit zu tun hatten. Am Ende erreichte man tatsaechlich, dass die Baelle, die in Paris gespielt wurde, nicht die handelsueblichen Tibhar-Baelle waren, sondern bis auf den Aufdruck vollkommen identisch mit den DHS-Baellen, die die chin. NM tagtaeglich spielt. Eine kleine Wettbewerbsverzerrung, koennte man meinen, aber voellig legitim, denn der Ball-Lieferant Tibhar ist ja nicht verpflichtet, "Handelsueblichen Baellen" zu liefern (tatsaechlich werden auf beinah allen grossen internationalen Turnieren Baelle aus Sonderanfertigung gespielt, die besonders hochen Qualitaet und eine perfekte Einlagerungszeit haben - meist ca. 6 Monaten), er kann alles liefern, was Regelkonform ist.
Bei der darauf folgenden Mannschaftsweltmeisterschaft dieses Jahr in Doha war DHS wieder Tisch- und Netzlieferant. Die Baelle kamen aber diesmal von Nittaku. Nittaku-Baelle gehoeren zu den wenigsten, die noch eingenstaendig hergestellt werden (ggf. koennten sie die einzigen sein, die noch in Japen hergestellt werden, aber ich lege mich nicht darauf fest), und sie sind von Eigenschaft her die haertesten, die es auf den Markt gibt (daher auch mein persoenlicher Favorit). DHS-Baelle sind dagegen ziemlich weich, spielt sich also bemerkbar anders. Die Baelle eines anderen grossen chin. Herstellers Double Fish sind hart, wenn auch nicht ganz so hart wie Nittaku. Da Double Fish ebenfalls Ausruestungspartner der chin. NM ist, haetten dieser problemlos ein paar tausend extra-harte Baelle zum Angewoehnen liefern koennen, aber die chin. NM ging lieber aufs Nummer sicher. Sie wechselten vollstaendig auf Nittaku-Baelle waehrend ihrer Mannschafts-WM-Vorbereitung. Das war noch nicht genug. Denn Doha galt als ein "verhextes" Ort fuer den chin. TT. In all den Jahren, seit es dort das Pro-Tour-Turnier Qatar Open stattfand, haben chin. Spieler, die sonst desoefteren alles abraeumen, noch nie einen Titel geholt. Da mag Zufall im Spiel sein, oder auch die Tatsache, dass Qatar Open immer am Saisonbeginn stattfand, und die Spieler noch nicht ganz in Fahrt gekommen waren. Wie auch immer, der chin. Spitzentischtennis glaubt nicht an Zufaellen, und "Nebenfaktoren" als solche gibt es einfach nicht. Man kam zur Ueberzeugung, dass das Meeres-Klima in Doha eine wichtige Rolle spielt, zumal das Hauptbasis der chin. NM in Nordchina nahe Peking liegt, wo typisches Landklima herrscht. Also zieht man fuer die WM-Vorbereitung kurzehand nach suedchinesischen Xiamen und schlug dort einen "provisorischen" Trainingsbasis ein. Das Ergebnis? Man kann nicht beweisen, dass es geholfen hat, aber geschadet hat es nicht. Sowohl die Herren als auch die Damen haben ihren Titel in Doha verteidigt. Bei der Eurosport-Uebertragung der Mannschafts-WM erwaehnte unser lieber Kommentator Rene Adler die Akklimatisierungsmassnahmen der chin. NM, wie sie "nichts dem Zufall ueberlassen wollten". Die "Spitzfindigkeit" mit den Baellen wusste er allerdings nicht - bis ich es ihm kuerzlich verriet. Die Zeit vergeht im Fluge, und schon steht Olympia vor der Tuer. Wieder ist man mit dem Klima und das Spielmaterial beschaeftigt. Zuerst ging die NM Anfang des Jahres im Grossaufgebot zur Athen Open, der dieses Jahr in neu gebauter Olympia-Halle stattfand, mit Olympia-Hallenboden, -Tischen, -Baellen. Ein "Probespiel" und eine "Begutachtung" also zugleich fuer die chin. NM. Fazit von Nationalcheftrainer CAI Zhenhua nach dem Turnier, wo die Chinesen wieder alle Titel abraeumten: "Es ist OK. Die Halle ist hier auf einem Huegel ausserhalb von Athen, etwas hoeher gelegen, und die Baelle fliegen dadurch ein Tick schneller und klingt ein bischen Lauter. Das ist aber besonders fuer die Jungs eher eine gute Sache, da sie durch diesen akkustischen Reiz schneller in Stimmung kommen. Die Beleutungen sind sehr intensiv, gut fuer TV-Uebertragung, gewoehnungsbeduerftig fuer die Spieler. Ausserdem zieht die Hallenklimaanlage richtig. Insgesamt ist aber alles im gruenen Bereich." So weit, so gut. Da Athen ebenfalls von Meeresklima gepraegt ist, zog die chin. NM zur Akklimatisierung wieder nach Xiamen (Herren) bzw. unweit gelegene Jinjiang (Damen). Man hat ja gute Erfahrung mit dem "neuen Zuhause" in Suedchina gemacht. Mit dem Ausblick, dass in Zukunft oefters solche klimaorientierte Trainingswochen stattfinden wird, entschloss sich die chin. NM letzten Monat sogar, einen permanenten Basis in Xiamen aufzubauen, sodass sie dann stets zwischen nordchin. Zhengding und suedchin. Xiamen waehlen koennten. Oh ja, das waren noch die Fragen mit den Tischen. In Athen wird mit Joola-Tischen gespielt. Und nun ratet mal, was die chin. NM letzter Monat extra aus Deutschland in Kontainer einfliegen liess? Damit nicht genug. Die absolute "Uebertreibung" kommt noch. An diesem Wochenende beendet die chin. NM ihre Olympia-Vorbereitung Phase 1 (Kondition- und Techniktraining) in Suedchina und kehrt zur Phase 2 (Wettkampfstraining) nach Nordchina zurueck. Waehrend die Truppen im Sueden verweilten, hat der nordchin. Basis einige Aenderungen erlebt. Neben neuen, Olympia-konformen Fussboden gibt es eine neue Beleutungs- und eine neue Klimaanlage. Warum wohl? Wenn man den Glanz der Erfolge des chinesichen Tischtennis bewundert, weiss man oft nicht, wie viel Aufwand dahinter steckt. Geändert von henrypijames (03.07.2004 um 06:37 Uhr) |
#2
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AW: China: "Nebenfaktoren" gibt es nicht
immer wieder interessant deine insider berichte zu lesen
mach weiter so! echt fazinierend wie professionel und aufwendig die grösste tischtennis nation bei der vorbereitung vorgeht
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"Nun, ich habe vor, sie [die Welt] zu erforschen, ohne sie vorher zu definieren! Richard P. Feynman |
#3
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AW: China: "Nebenfaktoren" gibt es nicht
Ich habe immer gesagt, dass Tischtennis in China eine Wissenschaft für sich ist. Vielleicht habe ich mich ein bisschen übertreiben. Aber es wird wirklcih sehr viel für Tischetennis in China gemacht, nicht nur Meterial, auch wissenschaftliche Aufwand, z.B. Wissenschaftler, sogar eigener Koch.
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Holz: Yinhe Spezialfertigung, VH: Milky Way Sun Medium schwarz 1,9mm, RH: Bomb KingRoc 1,7mm Japan (Bomb) rot (Mittellange Noppen) |
#4
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AW: China: "Nebenfaktoren" gibt es nicht
Sehr interessant!
Da ist es ja fast schade, das die Chinesen nicht bei der Europameisterschaft in Courmayeur dabei waren. Wahrscheinlich hätten Sie extra eine Halle auf dem Mount Everest gebaut ... Man stelle sich mal vor, das für Timo Boll extra Sparringspartner ausgebildet werden, die spielen wie Ma Lin. Undenkbar, oder?!
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Das ist der ganze Jammer: Die Dummen sind so sicher und die Gescheiten so voller Zweifel. Bertrand Russell |
#5
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AW: China: "Nebenfaktoren" gibt es nicht
Zitat:
Der Meinung kann ich mich nur anschließen!
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"Eure Mittelmäßigkeit spornt mich zu neuen Mindestleistungen an." (Jochen Lindenau) |
#6
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AW: China: "Nebenfaktoren" gibt es nicht
Zitat:
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Wenn andre klüger sind als wir, das macht uns selten nur Plaisir, doch die Gewissheit, dass sie dümmer, erfreut fast immer. Gedanken sind nicht stets parat, man schreibt auch, wenn man keine hat. (Wilhelm Busch) |
#7
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AW: China: "Nebenfaktoren" gibt es nicht
Zitat:
Bei der jetzigen Olympia-Vorbereitung in Suedchina sieht die Truppe der Herrenmannschaft folgendermassen aus: 28 Spieler, 8 Trainer, 5 Wissenschaftler (angefuehrt von Dr. Zhang Xiaopeng, dem ersten Doktor der Tischtennis-Wissenschaft der Sportuniversitaet Pekinger - ja, dieser Studiengang gibt es wirklich), 3 Aerzte, 2 Ernaehrungsexperte. Das alles nur fuer die Herren, und fuer die Damen nochmals so viele. Geändert von henrypijames (02.07.2004 um 00:11 Uhr) |
#8
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AW: China: "Nebenfaktoren" gibt es nicht
Zitat:
Die Sache mit den "Schattenspielern", sprich hauptberuflichen Sparing-Spielern in der chin. NM, ist einfach ein Thema fuer sich. Ich glaube, dts hat mal darueber berichtet, aber es steckt noch mehr dahinter, als selbst die gut informierte TT-Fans hierzulande kennt. Vielleicht schreibe ich irgendwann mal was darueber, aber dafuer muesste ich einiges an Recherchen anstellen, damit ich nicht nur Geruechte, sondern auch belegbare Fakten erzaehle. Fuers den Moment gebe ich zwei Sachen zum Bedenken: Warum der chin. Spitzen-TT immer so sehr auf Diversitaet bei den Spielerweisen setzt (weil erstens die Spieler dann immer alles kennt, zweitens man bei Mannschaftswettbewerben immer gute Karten fuer das Aufstellungspoker hat) und warum der chin. Spitzen-TT immer betont, "Innovation (bezogen auf Schlagtechnik und anderes) ist der einzige Weg" (weil man dann seinerseits fuer den Gegner stets unbekannt und somit unberechenbar bleibt). Geändert von henrypijames (01.07.2004 um 23:30 Uhr) |
#9
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AW: China: "Nebenfaktoren" gibt es nicht
@ henrypijames
Das sind alles sehr interessante Insiderinformationen! Aber ich stell jetzt mal etwas provozierend die Frage (und ich hab's auch schon anderswo so gepostet), warum die Ueberlegenheit der Chinesen bei dem riesigen Spielerpotenzial und dem Aufwand, der da betrieben wird, nicht viel grösser bzw. bei den Herren überhaupt nicht vorhanden ist?! Irgendwo muss der Hund da ja auch begraben sein, oder? JanMove |
#10
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AW: China: "Nebenfaktoren" gibt es nicht
Zitat:
die selbe frage wäre, warum deutschland mit dem grössten sportverband der welt in der vorrunde ausscheidet, während dänemark, dessen fussbalverband gerade einmal 1/24 so gross ist wie der deutsche, ins viertelfinale kommt... ich denke die professionalität in europa kommt nicht an die chinesische heran, aber sie mittlerweile auf einen sehr hohen nieveau. die überlegenheit wird m.e. dann deutlich, wenn man mal die absolute spitze verlässt. wenn man einmal die zahl der chinesen berücksichtigt, die in europäischen ligen spielen, bzw naturalisiert wurden, dann kommt man schon ins grübeln. es gibt immer eine handvoll europäer, die gegen die asiaten mithalten können. das sind aber oft nur wenige. die chinesen tauschen alle paar jahre ihren kader komplett aus. bestes beispiel ist momentan kong linghui. wäre er europäer, würde er noch 5-6 jahre ganz oben mitspielen. mann muss sich bloss einmal überlegen, wieviele chinesische topspieler waldner in seiner langen karriere überdauert hat. ich glaube diese liste wäre sehr, sehr lang. ausserdem: die ersten drei der weltrangliste, plus den fünften, plus den achten, das ist für mich schon eine deutliche sprache.
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"Nun, ich habe vor, sie [die Welt] zu erforschen, ohne sie vorher zu definieren! Richard P. Feynman |
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