Selbsterfüllende Prophezeiung im Meisterschaftsspiel

[Nöppchenspieler]

Hallo zusammen,

bei unserem ersten Meisterschaftsspiel ist folgendes passiert. Ich bekomme einen Gegner mit einer Spielweise, von der ich weis, daß sie mir garnicht liegt (ich versuche den Gegner erstmal auszugucken und gewinne meine Spiele dann über die Schwächen des Anderen). Dieser Gegner spielt von Anfang an Abwehr mit Störattacken. Einfach zu lesen, aber schwer gegen zu spielen.

Völlig gegen meine Gewohnheit spiele ich 2 Sätze lang kompromißloses Angriffstischtennis und führe rasch mit 2:0 in Sätzen. Meine Mannschaftskollegen sehen das ich das Spiel völlig kontrolliere und gratulieren mir schon beim Seitenwechsel nach dem 2:0 ("weiter so, den hast du sicher im Griff"). Ich trete auf die Euphoriebremse, weil ich weis, daß ich sonst dazu neige zu "Überziehen" (d.h. nur noch "Riesen" zu spielen) und erkläre, daß das 11:5 nicht so deutlich war, wie es aussieht. Dann gehe ich wieder an den Tisch und mir ist sofort klar "jetzt geht es abwärts" und tatsächlich werden die Sätze knapper und es genügen 1 - 2 unglückliche Bälle, um das Spiel noch 2:3 zu verlieren (eine Entwicklung an die nach dem 2ten Satz nichteinmal mein Gegner mehr geglaubt hatte).

Mich würde interessieren, ob ich der einzige Depp bin, dem sowas passiert. Hallo Ihr Sportpsychologen da draussen. Selbsterfüllende Prophezeiung (Self-Fulfilling Prophecy) im Tischtennis ? Kommt sowas öfter vor ?

Was kann man dagegen tun ? (Ich bin mir sicher, wenn ich die Sprüche meiner Mannschaftskollegen ernst genommen hätte, dann wäre das auch "nach hinten losgegangen").

[Dragonspin]

Ja, kommt häufig vor. Nicht nur im TT.

Ändern? Werde Prophet.

[harzentt]

Hallo,

also zu deinem Trost, sowas kommt immer wieder vor. Ich 1. KK spiele gegen einen Ersatzmann aus der 3. Kreisklasse. Die ersten beiden Sätze gewinne ich zu 3 und 4.

Und dann, keine Ahnung ob mir wer die Augen verbunden hat oder ich über ne Ameise gestoplert bin, verliere ich Satz 3 und 4 knapp. Im 5. Satz gehe ich dann komplett unter. Keine Ahnung wieso der weshalb, hat uns dann einen Punkt gekostet und ich war der Depp des Abends.

Ich bin eigentlich keiner der einen Spieler unterschätzt oder sich vor dem Siegpunkt sicher ist gewonnen zu haben. Aber irgendwas muss dann doch "klick" gemacht haben und mich völlig vom Spiel weggetragen haben.

[D!ngs]

das ist immer so ne sache. das spiel ist halt erst gewonnen, wenn der letzte punkt gespielt wurde.
ich muss z.b. in einem wichtigen spiel oft den gedanken unter drücken, wie es wohl sein wird, wenn ich gewinne. ansonsten geht das immer nach hinten los. also immer voll auf das spiel konzentrieren und nihct schon an die "siegerehrung" denken

[profispieler]

naja,da must den fehler schon bei dir selbst suchen,da kann dir keiner helfen,auch kein sportpsychologe.die frage ist doch,wenn du bereits 2:0 sätze führst und dann aber denkst jetzt geht es bergab,dann ist das natürlich psychologisch fatal und schießt damit ein eigentor.

warum denkst du sowas?denken ist im tischtennis nicht grad von vorteil und sowas erst recht nicht.einfach weiter konzentriert spielen und alles andere zeigt sich dann.man kann das spiel natürlich trotz allem immernoch verlieren,aber man kann sich hinterher selbst nicht großartig was vorwerfen wenn man weiter konzentriert,taktisch klug und solide gespielt hat bzw hätte.

[tischtennisguru]

Leicht gesagt, aber wenn es klappt, genau der richtige Weg: der nächste Punkt ist immer der wichtigste, kein vorher und kein nachher bedenken. Wer es schafft, sich so auf den kommenden Ballwechsel stets neu einzustellen, sieht in der Regel gut aus.
Darüber nachzudenken, was sein könnte, wenn, führt stets zur Ablenkung und dadurch Schwächung des eigenen Spiels.

[Florry]

Das ganze kenn ich auch...gerade gegen "alte Haudegen", die nicht mehr fit sind (oder erscheinen ), da kommen einem auf einmal "Eier" entgegen, die man vorher noch nie erlebt hat, man fängt an fahrig zu werden, die KOnzetraiotn leidet etwas (und man trifft die Bälle nicht mehr 100%ig).

und ehe man sich versieht ist ein 2:0 satzvorsprung vom Gegner ausgeglichen.
Da hilft es dann solche Situationen FRÜHZEITIG zu erkennen (d.h. auch dann wenn man 2:0 (oder 2:1) führt aber im dritten (bzw. vierten) Satz noch in Führung liegt) und auch mal ein Time-Out einzulegen, oder sich die Schuhe zuzubinden...zum einen um den "Bann" zu brechen, zum anderen um sich einfach mal neu zu sammeln (Augen zu machen, tief ein- und ausatmenm, 'nen Schluck Wasser trinken).
Oder was auch hilft (mir zumindest, vorausgesetzt das folgende gelingt mir):
Ich versuche von Anfang an ALLES auszublenden, was an äußeren "Reizen" ankommt, was nicht direkt mit dem Spiel zu tun hat: Es gibt nur den Tisch, den Gegner, den Ball und mich. Es wird sich zwar kurz gefreut (wenn überhaupt) wenn ein "toller" Punkt da ist, ich versuche aber dadurch nicht zuviel Spannung zu verlieren, sondern den Druck aufrecht zu erhalten.

In der letzten Saison hatte ich ein Spiel, wo ich den ersten Satz mit 11:5 relativ deutlich gewinnen konnte, im zweiten aber nicht mehr richtig bei der Sache war und 10:12 verlor. Der dritte Satz ging dann mit 11:9 wieder an mich (aber ebenfalls "erzittert"). Den vierten Satz verlor ich (immernoch zittrig) mit 12:14. Vor dem fünften Satz habe ich es dann endlich geschafft das obige "ausblenden" hinzubekommen...ich gewann mit 11:0.

Alles in allem ist es (zumindest bei mir) immer eine Konzentrationssache, wobei eine Einstellung im Sinne von "der nächste Punkt ist der wichtigste" insofern hilft, wenn man dadurch nciht verkrampft.

[Nöppchenspieler]

Zitat von profispieler

naja,da must den fehler schon bei dir selbst suchen,da kann dir keiner helfen,auch kein sportpsychologe.die frage ist doch,wenn du bereits 2:0 sätze führst und dann aber denkst jetzt geht es bergab,dann ist das natürlich psychologisch fatal und schießt damit ein eigentor.

warum denkst du sowas?denken ist im tischtennis nicht grad von vorteil und sowas erst recht nicht.einfach weiter konzentriert spielen und alles andere zeigt sich dann.man kann das spiel natürlich trotz allem immernoch verlieren,aber man kann sich hinterher selbst nicht großartig was vorwerfen wenn man weiter konzentriert,taktisch klug und solide gespielt hat bzw hätte.

Tja, warum denke ich sowas ? Mir war klar, daß ich den zweiten Satz sehr gut gespielt hatte und befürchtete nun, den Level nicht halten zu können. Warum ? Wahrscheinlich, weil sich die ersten Erschöpfungssignale bei mir zeigten. Dennoch hätte ich am Anfang des dritten Satzes eigentlich "Oben auf" sein müssen, denn der Gegner schmiss bereits beim 3:0 für mich seinen Schläger durch die Halle, weil ich nen Kantenball gespielt hatte. Doch anstatt des denkbaren Motivationsschubes, kam mir nur der Gedanke "oh mann, jetzt brauchtst du schon Kantenbälle, um in Führung zu bleiben".

Sportpsychologisch sicher ein übler selbstzerstörerischer Gedanke. Ja, warum denke ich sowas ? Ich kann es mir nicht erklären. Sowas passiert mir sonst auch eher selten. Aber immer mal wieder kommt es vor. Nun suche ich ein Mittel dagegen.

[Nöppchenspieler]

Zitat von Florry

Ich versuche von Anfang an ALLES auszublenden, was an äußeren "Reizen" ankommt, was nicht direkt mit dem Spiel zu tun hat: Es gibt nur den Tisch, den Gegner, den Ball und mich. Es wird sich zwar kurz gefreut (wenn überhaupt) wenn ein "toller" Punkt da ist, ich versuche aber dadurch nicht zuviel Spannung zu verlieren, sondern den Druck aufrecht zu erhalten.

Das ist mal ein Ansatz den ich versuchen sollte. Denn in meinem zweiten Satz war das tatsächlich so. Jetzt muß ich mir nur noch was überlegen, wie man diesen Zustand (der bislang bei mir ja eher zufällig eintritt) bewußt erreichen kann.
Kennt da jemand irgendwelche Konzentrationsübungen ? Oder wie macht Ihr das ?

[Florry]

Einfach nicht auf irgendwelche Jubellaute, aufmunterungen oder was auch immer eingehen...einfach KEINE reaktion zeigen.