Erkennt sich jemand wieder?

[klugscheisser]

Die Torte für den König
Von Bauern, Müllern, Bäckern, Konditoren und Sahnehäubchen-Aufsetzern

Eine philosophistisches Märchen von Reiner Pethold *

Es war einmal ein Bauer, der mit sehr viel Liebe und noch mehr Mühe seiner Arbeit nachging. Eines Tages entdeckte er auf seinem Land eine Ecke besten Bodens. Er sagte zu sich: „Hier baue ich das Getreide für die Geburtstagstorte des Königs an“. Und siehe da, das Getreide war von allerbester Qualität.

Er zeigte es stolz seinem Freund, dem Müller. Dieser war begeistert und sprach: „Daraus mahle ich das Mehl für die Geburtstagstorte unseres Königs“. Und siehe da, das Mehl war das feinste, das die Mühle je verlassen hatte.

Mit diesem Mehl zog der Müller in die Stadt und schenkte es dem bestem Bäcker, den er finden konnte. Dieser nahm es freudig und buk den besten Tortenboden, den es je gegeben hatte, für die Torte des Königs.

Da er erkannte, dass der Tortenboden sehr gut gelungen war, reiste er in die Metropole zu einem berühmten Konditor, damit dieser darauf eine wunderschöne, wohlschmeckende Torte mache und gab ihm hundert Taler, damit er sich selbst übertreffe.

Dem Konditor gelang die beste Torte seines Lebens. Aber irgendetwas fehlte noch. Er ging deshalb zu einem international bekannten Tortenkünstler, der nach eingehender Prüfung noch ein wunderbares Sahnehäubchen aufsetzte.

Am Geburtstag seiner Majestät war der Palast mit Gratulanten und Geschichten-Schreibern gut gefüllt. Der Bauer, der Müller und der Bäcker durften von den nahen Bergen des Odenwalds und des Vogelsbergs dem lustigen Treiben zuschauen. Dem Konditor gelang es sogar, als Hofdiener verkleidet, in den Palast zu gelangen.

Der Tortenkünstler durfte dem König das Meisterstück überbringen und wurde dafür von diesem mit einem goldenen Orden geehrt. Er durfte dann mit dem König auf den Balkon treten und sprach zum Volk: „Habe ich dem König nicht eine wundervolle Torte gemacht?“ und das Volk jubelte ihm und dem König zu.

Der Konditor, der Bäcker, der Müller und der Bauer schauten sich traurig an und gingen wieder nach Hause. Der Konditor machte sich an die Arbeit für eine bescheidene Alltagstorte, der Bäcker buk wieder kleine Brötchen, der Müller fertigte „Standardmehl Type 405“ und der Bauer brachte die Saat aus für das Getreide, das sein Dorf dringend brauchte. Auf dem besonders guten Fleckchen Erde pflanzte er Löwenzahn für seine Hasen.

Im Reich des Königs wollte nun jeder Tortenkünstler werden. Jetzt gab es Sahnehäubchen auf Vollkornbrot, auf Streuselkuchen und salzige Chips.

Und der König verspeiste an seinem nächsten Geburtstag leckeren Zwieback von ILDA.

Der Tortenkünstler aber putzte jeden Abend seinen goldenen Orden und wartete auf die nächste Torte des Konditors, die aber aus unerklärlichen Gründen niemals kam. Und wenn er nicht gestorben ist, wartet er noch heute.


*Pseudonym J

Schöne Geschichte.

Bei der Szene mit dem jubelnden Volk und den Leuten auf dem Balkon habe ich König=Völler und Tortenkünstler=Petra Roth assoziiert. Na sowas!

Gibt es einen (weiteren) aktuellen Anlass für Dein Märchen?

[klugscheisser]

als ich diese Geschichte schrieb, hatte ich in der Tat was spezielles im Sinn. Allerdings habe ich festgestellt, dass jeder was völlig anderes damit verbindet. Diese Freiheit will ich nicht einschränken ...