Stark im Training, schwach im Punktspiel

[Mattis PY]

Moinsen.

Das könnte (im Titel) eine standard-Aussage sein, ich schreibe aber wegen eines Extrem-Falls:

Ein Kollege ist seit Jahren ein häufiger Trainingspartner von mir. Vor 4 Jahren waren wir etwa auf einem Niveau, und das sind wir quasi immernoch, allerdings habe ich inzwischen etwa 300 Punkte mehr, er nicht.
Also während unser beider Niveau (im Training) parallel kontinuierlich stieg setzte sich das bei mir das auch in Punkte um, bei ihm überhaupt nicht.

Das liegt daran, dass er im Spiel komplett anders spielt als im Training. Und das heißt nicht das klassische 'ein bisschen' schlechter, sondern wirklich 'anders'. Die Spielstile sind kaum zu vergleichen. Langsam verzweifelt er, aber auch alle, die mit ihm trainieren und spielen.

TRAINING:
Er ist ein eigentlich unauffälliger Off- -Spieler. Das heißt greift er meist den 2. oder 3. Schupfball sicher an, entweder als spinnigen Top-Spin, wahlweise eher Schuss hart und platziert. Wenn er im offensiv-konter-Spiel ist, ist er auch sicher und spielt nicht übermütig, bestraft aber jede Fahrlässigkeit mit Gegenangriff. Greift man ihn an hat er ein sicheres passiv-Spiel aus der Halbdistanz und man muss ein paar mal ziehen bis er defensiv aufgibt.

PUNKTSPIEL:
Hier ist er ein Def-Spieler mit klassischer Abwehr, das heißt er schupft eigentlich immer und greift grundsätzlich nicht an, und wenn er es mal tut gibt es eigentlich nur Zufallsschüsse. Im Schupf wird er unsicherer, steht undynamisch da nach dem Motte "ich muss ja gar nicht gewinnen, hauptsache ich verliere nicht".
Es ist hart für mich da zuzusehen, wenn er gegen schwache Gegner, die selbst fast nur schupfen einen kompletten Satz nicht ein einziges Mal sich traut anzuziehen. An 90% der Tage sagt er, er sei heute nicht gut drauf und es hätte nichts geklappt, auch wenn er gar nicht (oder nur 1-2 pro Satz) überhaupt versucht hat, die Initiative zu ergreifen.
Und wenn er gewinnt (etwa 50% in der 2. Liga von unten, unteres Paar), freut er sich nicht, geht vom Tisch als hätte er verloren.

Ich kenne es wie wahrscheinlich jeder, dass es mal an einem Tag, gegen einen bestimmten Gegner oder nur in einem Satz nicht klappen will. Aber wenn ich dann 4:9 hinten liege probiere ich es halt erst recht und meist kommen dann doch nochmal 1-2 gute Bälle. Aber wenn man nicht mal dann es schafft, obwohl im das Training völlig normal und sicher geht, kommen wir alle mit unseren Lösungs-Ideen ans Ende.

Danke für das Lesen bis hier hin, vielleicht gibt es ja von euch Lösungsansätze dieses über Jahre verschleppte Problem zu lösen.

[SchwarzeWolke]

Es gibt dazu ja gefühlt eine Million Bücher, ich selber lese gerade "10 Minute Toughness" und das hat mir sehr geholfen.
Finde das Buch gut, weil es nicht um den heißen Brei redet sondern direkt sagt, was man machen muss.

[marcush]

Nicht jeder ist der Wettkampftyp der sich über Satzgewinne und Heldentaten im Punktspiel.
Ist er denn unglücklich mit der Situation wie sie ist ?
wenn er die Lage nicht so einschätzt wie du sondern
alles,ok ist wie es ist , dann wirst du einwn harten Stand haben.

Allerdings muß mandann schon auch die Frage auch mal stellen ,warum er konsequent anders spielt als er trainiert .
Aus dem Statement wird man dann herauslesen können was zu tun ist.
vielleicht will er euch ja mit dem k onventionellen Spiel im Training einen Gefallen tun.....

[Mattis PY]

Er hat mich ermutigt hier mal zu fragen, weil es ihn selbst sehr belastet.

Allerdings muß mandann schon auch die Frage auch mal stellen ,warum er konsequent anders spielt als er trainiert

Jap, das weiß er auch nicht. Aber schon mal danke für den Buchtipp!

[SchwarzeWolke]

Ich kenne das Problem, habe es in abgeschwächter Form auch. Alle, die mich trainieren sehen, schätzen mich ca. 3-4 Ligen höher ein als ich spielen kann. So langsam kann ich aber mehr auch im Punktspiel abrufen.

[Börnie]

Zitat von SchwarzeWolke

Es gibt dazu ja gefühlt eine Million Bücher, ich selber lese gerade "10 Minute Toughness" und das hat mir sehr geholfen.
Finde das Buch gut, weil es nicht um den heißen Brei redet sondern direkt sagt, was man machen muss.

Gibt es was vergleichbar gutes in Deutsch?

Ich kenne das Problem auch und hasse Punktspiele gegen augenscheinlich schlechtere Gegner. Am liebsten Spiele ich (frei von der Seele) im Training gegen Kammeraden aus der Landesliga und freue mich über jeden (fast) gewonnenen Satz.

[ratzinho]

Guten Morgen!

Nur ein paar Gedanken auf dem Weg zu einer Lösungsfindung- kann er vielleicht sein Spiel "nicht aufbauen"? Bedeutet für mich, für das Spiel einen Matchplan zu haben und den erstmal konsequent zu verfolgen, egal was passiert, also aktiv spielen.
Wenn er es im Training, wie ich raus gelesen habe, liebt, gegen stärkere Gegner zu spielen, tut er sich vielleicht schwer, gegen schwächere Gegner das Spiel zu "machen", also selber aktiv zu agieren. Für mich liest es sich so, dass er ein starker "Mitspieler" ist, also jemand, der gut auf Bälle reagieren kann, aber sich schwer tut, selbst zu agieren.

Man trifft tatsächlich oft auf solche Spieler, die gegen höherklassige Gegner gut aussehen, also das Spiel eng und offen mitgehen können, aber gegen viel schwächere Spieler dann nicht in der Lage sind, aktiv zu agieren. Das ist dann oft auch ein ganz anderes Spiel.

Vielleicht fangt ihr im Training gegen ihn mal an, einfach "nichts" zu machen, also selbst nicht aktiv zu spielen.

Denkt er an die Punkte, die er verlieren könnte? Das ist tatsächlich auch immer ein großes mentales Hindernis.

Auf jeden Fall viel Erfolg für deinen Kumpel!
Viele Grüße
Robert

[marcush]

wir tragen leider viel zu viele Päckchen mit uns herum .
es reicht nicht ,ein Buch über Mentaltraining zu lesen ,man muß da schon den ganzen Weg gehen ,um nachhaltig ,dh auf Dauer befreit zu sein.
solche Themen werden in der Kindheit bis zum 12jahr angelegt und gefestigt , und dann wird man quasi in der Situation getriggert auf der emotionalen Ebene.
Mit dem Verstand ist dem nicht beizukommen , deshalb funktionieren Kurse die rein auf Verhaltenstraining abzielen nicht ,weil das Unterbewußtsein Regie führt und dafür sorgt dass man das *Richtige*tut....

[Bautzemann]

Trainiert er fast ausschließlich mit dir? Wechselnde Partnerschaften beim Training sollten ihm da schon mal helfen!

[Frawie]

Zitat von marcush

Mit dem Verstand ist dem nicht beizukommen , deshalb funktionieren Kurse die rein auf Verhaltenstraining abzielen nicht ,weil das Unterbewußtsein Regie führt und dafür sorgt dass man das *Richtige*tut....

Das kann aber auch nicht bedeuten, dass man die mentalen Aspekte ignorieren kann.
Ich finde die Hinweise von Rowden Fullen in seinem Blog "Pro Table Tennis" unter dem Abschnitt "Mental Side" recht hilfreich.