Flow III: Klare Zielsetzung

[martinspin]

Hi Leute

Die Fortsetzung zum Thema Flow folgt. Einige wenige Leute sind interessiert am Thema und viele ignorieren es. Für diejenigen, die nicht sehr viel mit dieser "esoterischen" Seite des Themas zu tun haben wollen, wird es jetz richtig konkret.

Im Buch "Flow im Sport" steht auf S. 94

Roger Bannister, der erste Mensch, die die Meile in einer Zeit unter vier Minuten lief, kommentierte die Macht der Entschlossenenheit folgendermassen:

Der menschliche Geist ist unbezähmbar. Niemand kann dir verbieten, schneller zu lauf oder höher zu springen. Die Zeit wird nie kommen, in der der menschliche Geist nicht in der Lage sein wird, bestehende Weltrekorde zu verbessern.

Die besten Athleten sprechen immer wieder von dieser klaren Zielsetzung, die ihr Handeln bestimmt. Der menschliche Geist jedes einzelnen ist in Lage, das Machbare so quasi in der Voraussicht zu definieren. Das hilft ungemein, sich auf die Arbeit zu konzentrieren und an den wichtigen "Knackpunkten" die richtige Entscheidung zu fällen.

Also, ohne langfristige Ziele läuft es nicht sehr rund und Zweifel begrenzen die eigene Leistungsfähigkeit. Im TT ist es wie im Leben: Es geht auf und ab; Manchmal gewinnt man und manchmal verliert man. Ohne die Leitplanke "Ziel" würde wir in Zeiten, wo's nicht rund läuft, resignieren. Unser Ziel motiviert uns, trotz allem weiter zu trainieren und plötzlich geht's dann auch wieder aufwärts.

Also, was meint ihr zum Thema "Klare Zielsetzung"?


Gruss
Martin

[pilatius2]

Meine Zielsetzung ist es einmal die Nr.1 des Vereins zu werden! Bis zu unserer Nr.4 der 1. Herrenmannschaft habe ich alle unsere "Alten Herren" bereits ein- oder mehrmals besiegt! Zu den ersten drei Spielern klafft jedoch noch eine gewaltige Lücke, aber ich bin ja noch jung und die Zeit spielt für mich und gegen unsere TOP 3, die haben nämlich alle auch bereits schon das 40 Lebensjahr überschritten oder zumindest bereits angekratzt.

[martinspin]

Hi zusammen

Ich bin über meine eigene Formulierung gestolpert: "Ohne langfristige Ziel ...".
Was ist den mit den kurzfristigen Zielen z.B den nächsten Match zu gewinnen.

Ich frage mich schon seit 2 Jahren, ob es bei einer Partie gegen einen stärkeren Gegner Sinn macht, an den Tisch zu gehen mit der klaren Absicht, zu gewinnen .

Was meint ihr dazu?

Ich komme langsam zum Schluss, dass es sogar äusserst wichtig ist, sich eine solche mentale Stärke aufzubauen. Die Partie hätte ja gar keinen Sinn, wenn ich im Vornherein schon davon ausgehe, dass ich verlieren werde, weil der Gegner einfach zu stark ist.

Die "richtige" mentale Einstellung ist doch die, den Match 3:0 nach Hause zu bringen, egal wie stark der Gegner ist. Verliert man den ersten Satz, dann geht man davon aus, den Match 3:1 zu gewinnen. Verliert man auch den zweiten Satz, ist davon auszugehen, den Match 3:2 zu gewinnen. War halt Pech, dass über fünf Sätze gespielt werden muss. Verliert man den dritten Satz auch noch in Folge, war der Gegner an diesem Tag einfach besser. So what! Das nächste Mal schlage ich den gleichen Gegner 3:0.

Zugegeben, das tönt zwar recht arrogant, ist aber, wie ich vermute erfolgreicher, den die Zweifel am Sieg sind doch oft der Grund für eine Niederlage bei einem Gegner, der in Reichweite liegt.

Nun habe ich für mich den Kreis geschlossen und gehe mal davon aus, dass es langfristige und kurzfristige Ziele braucht, um erfolgreich und mit "Flow" zu spielen.

Gruss
Martin

[Stoney]

Selbstverständlich habe ich, wenn ich an den Tisch gehe, das Ziel, das Spiel zu gewinnen. Das bedeutet aber nicht, dass ich davon ausgehe, das Spiel zu gewinnen oder sogar 3:0 zu gewinnen.
Ich stelle mir in der Regel gar nicht die Frage, welchen Spielausgang ich erwarte. Gut, letzte Saison, als wir noch eine Klasse tiefer spielten und den meisten Gegnern deutlich überlegen waren, habe ich natürlich in vielen Fällen einen Sieg erwartet.
Aber im Allgemeinen, wenn ich die Stärke des Gegners nicht kenne oder gerade um seine Stärke weiß, überlege ich nicht, wie das Spiel ausgehen wird. Ich sage nicht: "Ich werde gewinnen", sondern: "Ich will gewinnen".

Dabei ist es auch wichtig, sich Teilziele zu setzen. Ich will den nächsten Satz gewinnen. Ich will den nächsten Ballwechsel gewinnen.

[martinspin]

Hallo Stoney

Zitat von Stoney

Aber im Allgemeinen, wenn ich die Stärke des Gegners nicht kenne oder gerade um seine Stärke weiß, überlege ich nicht, wie das Spiel ausgehen wird. Ich sage nicht: "Ich werde gewinnen", sondern: "Ich will gewinnen".

Gewinnen "wollen" die meisten, darum ist das auch oft so eine verkrampfte Geschichte. Ich meine schon mehr die innere Gewissheit, den Gegner schlagen zu können. Das ist ein entscheidender Faktor bei JO Waldners Spiel. Er geht ganz locker an den Tisch, weil er diese Gewissheit hat, dass er auch noch mit seinen 38 Jahren jeden auf der Welt schlagen kann. Tatsächlich schlägt er dann die ehemalige Nr. 1 Ma Lin. Das ist doch kein Zufall und hat meiner Ansicht nach System.

Recht geben muss ich dir bei den Teilzielen. Letzlich zählt jeder Ballwechsel und darum ist die Zeit zwischen den Ballwechseln auf so wichtig.

Für mich ist es aktuell wichtig, die Sätze zu gewinnen. Habe in der letzten Saison immer wieder Sätze gehabt, die wie im Film einfach an mir vorbeizogen, ohne dass ich irgend was hätte ändern können. Das sind die Sätze, die recht schnell vorbeigehen und ich nicht wirklich im Spiel drin war. Vielleicht war ich zu müde, zu unkonzentriert, zu abgelenkt usw.

Es gibt schon diese vielen Ebenen von Zielen angefangen beim Ballwechsel bis hin zum Höhepunkt der ganzen TT-Karriere.

Gruss
Martin

[Uli-Noppe]

Die gewissheit gewinnen zu können und wirklich zu gewinnen sind aber immer noch 2 Sachen.
Wenn ich vorher weiß das ich gewinn ist das doch etwas überheblich. So können auch die entscheidenden % fehlen, da ich mich nicht richtig anstreg, da ich ja eh gewinne.

Aber etwas ist schon dran!

Ich hab über Jahre mit der inneren Ruhe gespielt: Ich bin fit für alle Spiele im letzten Satz auch für eine lange Verlängerung. In der entscheidenden Phase mach ich die Punkte!
Was soll ich sagen, in der Zeit kam ich zu meinem Ruf auf Fuchs König! Ich habe sehr oft in der Verlängerung dann Netz oder Kantenpunkte gemacht und fast alle Spiele in der Verlägerung gewonnen.
Irgendwann verlohr ich diese innere Gewissheit und ich hatte dann einige Jahre eher etwas Pech und verlohr auch einige Spiele in der Verlägerung oder mit Pech.
Jetzt hab ich meine alte Einstellung wieder gefunden und es läuft! 31:1 Spiel im letzten Jahr und in der RR auch nur 1 Doppel verlohren.
Es gibt immer mal wieder Spieler gegen die man einfach nicht durch kommt und viel besser sein muß, doch bei den restlichen Spielern mancht der Siegeswille und die innere Ruhe eine Menge aus!
Ich spiele LN und wenn dann der Gegenspieler in der Verlängerung anfängt zu überlegen hab ich doch schon fast gewonnen! Ich kann da in aller Ruhe meinen Stiefel weiterspielen!

Uli

[Aramis23]

Zitat von martinspin

Ich frage mich schon seit 2 Jahren, ob es bei einer Partie gegen einen stärkeren Gegner Sinn macht, an den Tisch zu gehen mit der klaren Absicht, zu gewinnen .
Was meint ihr dazu?

Ich habe sogar bei 6:10 noch die Absicht zu gewinnen. Es werden soviele Spiele gedreht, aus einem 0:2 ein 3:2, aus einem 2:6 ein 8:8 usw.
Das schafft man nur indem man einfach Gas gibt und niemals aufgibt. Ich denke beim Spielen nicht nach, mich juckt es nicht ob es 10:0 oder 0:10 steht, ich spiele immer konzentriert so gut wie ich kann.
Wenn er mir einen Schmetterball um die Ohren haut und sich laut freut regt mich das nicht auf, ich hole den Ball, gehe in Aufschlagposition und lass ihn erstmal 5 Sekunden warten , weil mir das so passt.
Wichtig ist das nicht verkrampft zu sehen. Gerade gegen den stärkeren Gegner kann man cool, locker im flow spielen. Du hast doch nix zu verlieren!

[martinspin]

Hallo Uli-Noppe

Zitat von Uli-Noppe

Die gewissheit gewinnen zu können und wirklich zu gewinnen sind aber immer noch 2 Sachen.
Wenn ich vorher weiß das ich gewinn ist das doch etwas überheblich. So können auch die entscheidenden % fehlen, da ich mich nicht richtig anstreg, da ich ja eh gewinne.

Ich gehe mal davon aus, dass mit der inneren Sicherheit, gewinnen zu können, einfach besser gespielt wird. Ob man dann verliert ist eine andere Sache. Die Niederlage kann man ja auch wunderbar analysieren und daraus etwas lernen. Insofern, kann mann immer gewinnen entweder den Match oder die Erfahrung.

Gruss
Martin

[Uli-Noppe]

Es geht ja nicht darum zu wissen gewinnen zu können, sondern zu meinen man hat schon gewonnen!

Den Unterschied wollte ich nur kurz ansprechen!

Ich denke immer das ich gewinnen kann. Doch auch in spielen wo meine Mannschaftskollegen sagen: "den schlägst du locker", geh ich konzentriet an die Platte, denn alle Spiele wollen erst mal gespielt und gewonnen werden!

Uli

[martinspin]

Hallo Uli-Noppe

Zitat von Uli-Noppe

Es geht ja nicht darum zu wissen gewinnen zu können, sondern zu meinen man hat schon gewonnen!

Aus meiner Sicht wäre es sogar ein schlimmer Fehler, nach einem Vorsprung anzunehmen, man hätte schon gewonnen. Ich finde auch wie du, dass erst beim letzten Punkt der Satz zu Ende ist.

Nicht gut ist anzunehmen, dass ein Spiel gegen

1. einen schwächeren Gegner schon gewonnen ist.
2. einen Gegner, den man schon einmal besiegt hat, schon gewonnen ist.
3. einen stärkeren Gegner schon verloren ist.
4. einen Gegner, von dem man schon einmal besiegt wurde, schon verloren ist.

Wenn du auch davon ausgehst, dass du jeden Gegner schlagen kannst, ist das sicher erfolgsfördernd. Vielleicht hat ein sehr starker Gegner mal einen schlechten Tag. Würde man annehmen, dass es unmöglich ist, den sehr starken Gegner zu schlagen, käme wahrscheinlich auch nicht viel mehr wie eine Niederlage raus.

Gruss
Martin