Teilweise fragwürdiges Bejubeln der Punkte im Tischtennis

[Furious Forehand]

Hallo,

ich schreibe mal einen kurzen Beitrag zu der Art, in der Punkte im Tischtennis bejubelt werden.

Ich habe dadurch, dass ich seit 8 Jahren schon nicht mehr Tischtennis spiele eine grosse Distanz zu dem Sport, und kann ihn deswegen von aussen betrachten.

Neulich habe ich mir Bilder der Danish Open angeschaut, und fand es sehr unschön wie einige Spieler, z.B. Ma Long, gewonnene Punkte bejubeln. Es sind 3 Phasen des Jubelns: Erst ein Tschoo/Tzuuu etc etc... direkt nach dem Punktgewinn, dann kurz später während dem ballholen nochmal ein Tscho, und abschliessend, wenn beide Spieler sich längst auf den nächsten Punkt am Tisch vorbereiten nochmal ein Ausruf.

Das gleiche habe ich schon bei vielen anderen Spielern gesehen, meistens bei Asiaten.

Für mich als "neutralen" Beobachter ist nur der erste Jubel natürlich und verständlich. Der Rest ist reine Kriegsführung auf psychologischer Ebene, die leider meines Erachtens lächerlich rüberkommt und anderen neutralen Zuschauern schwer zu vermitteln ist.
Gerade, weil es dabei nicht um aufkochende Emotionen in einem "Hass-Spiel" geht (was geil sein kann und gute Show bietet), sondern um einen programmatischen Ablauf.

Nun, Gestern habe ich mir Videos eines WJC in Frankreich von Ende 2008 angeschaut und mich dadurch wieder für Tischtennis begeistern lassen; deswegen auch meine Neuanmeldung hier.
Jedenfalls war dort das gleiche zu sehen. Gauzy (wow, er ist "something else"), Lorentz und auch die schwedischen Jungs machen das alle, und haben es sich vermutlich bei Ma Long & Ma Lin abgeschaut.

Zumindest die "3. Phase des Jubelns", wenn beide Spieler den nächsten Punkt starten wollen, finde ich absolut unmöglich.
Ich kann mich auch nicht daran erinnern, dass es das gab, als ich gespielt habe. Oder habe ich in diesem Fall nur ein sehr schlechtes Gedächtnis?

Meiner Meinung nach ist das eine schlechte Entwicklung. Für das jubeln/schreien vor dem nächsten Punkt würde ich eine Verwarnung aussprechen/die gelbe Karte zeigen, da es nicht um echte Freude und Emotion geht, sondern nur um das Stören oder Einschüchtern des Gegners geht.

Eure Meinung?

[Obachecka]

Ich gebe dir recht. Mir ist es auch verstärkt in letzter Zeit bei Ma Long aufgefallen, dass er wirklich vollkommen zusammhangslos vor den Ballwechseln "tschoaht". Bei anderen (bzw. europäischen Spielern) ist mir das noch nicht aufgefallen und da bin ich auch ganz froh drüber.

Einmal "Tschoah" ist okay, ein Ausdruck der Freude und damit pusht man sich auf. Auch beim Ballholen noch einmal "Weiter geht's!", "Komm!" ist okay.
Aber dieses reine Provozieren des Gegners, teilweise sogar während dieser sich schon in der Konzentrationsphase auf den Aufschlag befindet, ist einfach nur nervend, lächerlich und dem Sport nicht zuträglich.

Was übrigens auch nervt, ist, wie einige Profis regelrecht "abfeiern", wenn der Gegner 'nen Fehlaufschlag produktziert....aber gut, das ist nunmal so.

[DarkNight]

Ganz meiner Meinung:
Ich finde, den ersten Jubelschrei ist völlig in Ordnung. Jedoch finde ich es dann auch dumm, wenn man jubelt, obwohl man eig. nicht den Punkt aktiv gewonnen hat, sondern der Gegner einfach einen leichtsinnigen Fehler gemacht hat.
Eine gelbe Karte würde ich auch, wie du sie nennst bei der 3 Phase aussprechen, einfach unsinnig.
Mfg

[aleol]

Ich finde, man kann auch alles über-reglementieren - soll man tatsächlich zwischen "gutem" Jubel und "schlechtem" Jubel unterscheiden ?

Wenn es klar gegen den Gegner geht, wird ja teilweise schon eingeschritten. Wie damals bei Struse (man erinnere sich: demonstratives Faust-Zeigen Richtung Gegner)

Bei den Spitzenspielern baut sich vermutlich ein wahnsinniger mentaler Druck auf - TT ist nunmal v.a. auch Kopfsache. Der muss dann eben auch mal durch einen zweiten oder dritten Ruf raus.
Außerdem gehört irgendwelche Äußerungen vor dem nächsten Ball bei vielen Spielern dazu, um sich selber zu pushen.
Wenn das in unseren unteren Ligen jemand wirlich sehr extrem macht, dann denke ich mir auch manchmal: "was für ein Idiot"
Aber soll es wirklich Regeln geben, bei denen dann der arme Schiri, der ja nunmal aus einer der beiden Mannschaften kommt, dann nach eigenem Ermessen entscheiden soll, ob das nun übertrieben ist ? Ich glaube, dann gäbe es regelmäßig "Mord und Todschlag" ...

Im Spitzenbereich kann ich nicht beurteilen, ob sich die Gegner dadurch manchmal übermäßig gestört fühlen, kann mir aber vorstellen, dass viele Gegner das gar nicht so dramatisch sehen.

Glaube im übrigen auch nicht, dass sich andere Spieler das unbedingt von Ma Long oder Ma Lin abgeschaut haben. Ich denke schon, dass so ein Verhalten sogar relativ natürlich ist (je nach Naturell).

[cloud 9]

Zitat von aleol

Glaube im übrigen auch nicht, dass sich andere Spieler das unbedingt von Ma Long oder Ma Lin abgeschaut haben. Ich denke schon, dass so ein Verhalten sogar relativ natürlich ist (je nach Naturell).

Bin richtig voll derselben Meinung!
Das ist schon so ungeheuer natürlich, dass man es selbst bei den Gorillas im Zoo ständig beobachten kann...
Hoffentlich können sich die Ma Lins und Ma Longs dieser Welt sonst (zB bei Besuchen im Zoo) besser beherrschen als an der Platte.
Ein Gorilla-Männchen in freier Wildbahn hätte wahrscheinlich auf so was immer eine optimale Entgegnung bzw. einen geeigneten "Rückschlag" auf Lager!

[TT-Observer]

Muß zunächst gestehen, daß mir die geschilderte, sicherlich überzogene Selbstanfeuerung noch nicht derart aufgefallen ist - auch nicht beim EuropeTop12, das ich an beiden Tagen des letzten Wochenendes live erlebt habe.
Vielleicht handelt es sich bislang wirklich überwiegend um eine sehr individuelle oder aber asiatische Verhaltensweise - will daher spätestens bei den German Open in Bremen mal näher darauf achten.

Darüberhinaus haben die Schiedsrichter (und bei internationalen Veranstaltungen werden ja wohl überwiegend erfahrene Vertreter ihrer Zunft eingesetzt) im Rahmen ihrer Wahrnehmung und Regelauslegung sicherlich die Möglichkeit, derart überzogenes und provokantes Verhalten als "Unsportlichkeit" zu sanktionieren.

[trendyandy]

Ob natürlich oder nicht, dass "Problem" ist, dass mittlerweile nicht selten im (Kader-)Training den Kindern ganz bewußt dieses Verhalten beigebracht wird.
Dass eine Selbstmotivation und das Pushen in diesem Sinne "trainiert" wird ist ja eigentlich ok, nur teils hat eben schon das Vorgemachte oder eben die Form in der es im Training eingebaut wird meiner Meinung nach übertriebene Formen und dann wird es natürlich im Spiel so übernommen....
Daher auch deine Beobachtung, dass es bei Jugend/Schüler-Veranstaltungen sehr verbreitet ist und ich denke das wird sich in den nächsten Jahren eher noch verstärken...

[HSV]

Interessantes Thema!

Dinge, die in Richtung "eigenes Pushen" gehen, sind meines Erachtens vollkommen in Ordnung. Die beiden ersten Phasen sind also auch in meinen Augen o.K..

Die sogenannte 3. Phase ist grenzwertig. Grenzwertig deshalb, weil auch diese der eigenen Vorbereitung dienen kann. Vorbereitung im Sinne der von einem selbst eingeforderten Konzentration auf den kommenden Ballwechsel. Bin schon mehrfach damit konfrontiert worden und fühlte mich anfänglich provoziert. Allerdings wurde mir schnell klar, dass es ihm dienen sollte und nicht mir bzw. meiner Vorbereitung schaden sollte. Das Problem hierbei ist die Art und Weise der Wahrnehmung durch den Gegner. Ist dieser leicht empfänglich für Beeinflussungen dieser Art, kann es schnell zu Diskussionen kommen. Gerade auch, weil solch' ein Verhalten eher unüblich ist. Ich mach' es zur Zeit im Einzel noch nicht. Aber im Doppel bspw. kann es nochmal unmittelbar für den Partner ein positives Zeichen sein. Getreu dem Motto: "Aldder, geht ab jetzt"...

Für mich bedeutet es, dass ich mich daran gewöhnen muss und das derzeit noch in Abhängigkeit zu meinem Gegner sehe. Ist er ansonsten ein netter Kerl, ist das in Ordnung. Wenn ich aber System dahinter erkenne, dass er mich bewusst stören will, ist das nicht in Ordnung. Und dann kommt ein Spruch von mir. Tatsächlich ist dieser Spruch ja schon wieder System von mir...Unbewusst, aber irgendwo doch. Zeit, um das eigene Verhalten zu hinterfragen...

Ist also wie bei allen "neuen Dingen". Würden es immer mehr Leute machen, würde es keinen Spieler mehr interessieren. Trotzdem ist mir inzwischen klar, dass auch diese 3. Phase durchaus "pro ihm" sein kann und keinesfalls automatisch "contra mir".

Bin nur froh, dass inzwischen die ersten beiden Phasen allgemein anerkannt sind. Bin da nämlich auch eher solch ein Extrovertierter. Und zwar IMMER "pro mir". Diese ersten beiden Phasen waren noch vor wenigen Jahren auch eher Ausnahmen und hatten auch noch Diskussionen zur Folge. Inzwischen regen sich nur noch ewig Gestrige darüber auf. Denen ist dann aber ohnehin nicht mehr zu helfen...

[spinball]

Kann ich voll bestätigen...
HSV ist mental eine absolute Macht!
(Aber immer auch mit einem Schuss Humor und Witz, und dabei nie richtig bösartig!)
@HSV:

[Vorhandwrack]

Ich finde das 2. und 3. Tschoo auch etwas lächerlich, aber ich finde es fast genauso lächerlich, wenn Weit- oder Hochspringer sich (und das Publikum sogar noch dazu) vor ihrem nächsten Sprung hochpushen. Vielleicht ist das 3. Tschooo ja etwas ähnliches, also nicht auf den Gegner bezogen (somit keine psychologische Kriegsführung), sondern auf sich selbst um sich zu pushen.