Jugend Europameisterschaften 2002 (12.07. - 21.07.2002, Moskau, RUS)

[D.G.]

Die Reife, die den Erfolg auch bei Jugend ausmacht
Von Klaus Apitz
Montagabend im Neckarsulmer "Hitzfelder". Müde nimmt Tischtennis-Spielerin Fulya Özler die Gratulationen entgegen. Mit einer Bronzemedaille ist sie von den Jugend-Europameisterschaften aus Moskau zurückgekehrt, und dies hatte nicht einmal sie selbst für möglich gehalten.
Es waren zwölf Tischtennis-Tage, die viel Kraft kosteten und in denen die 15-Jährige so einiges mitmachte. Schlaflose Nächte im 30. Stock eines nicht mehr ganz taufrischen Hotelkastens, weil es so heiß war. Monotone Kost, meist Rindfleisch in allen denkbaren Härtegraden mit Reis. Und das nervige, stundenlange Warten auf den nächsten Einsatz.

Fulya Özler hatte sich vorgenommen " richtig gut zu spielen", dann würde sich der Erfolg schon einstellen. Doch es kam zunächst anders, denn im Mannschaftswettbewerb schaffte sie in sechs Spielen nur einen Sieg, den allerdings beim Ausscheiden gegen die Russen im Duell mit der da noch amtierenden Europameisterin Maria Zelenova.

Vielleicht war es ja ganz gut, dass ihr die Trainer in den beiden unbedeutenden Platzierungsspielen eine Pause verordneten, denn diese beiden Tage nützte Fulya Özler zur Regeneration.

Selbst die Möglichkeit, sich einmal Moskau anzuschauen, reizte nicht: " Ich wollte mich ausruhen." Was mancher schwer verstehen mag, was aber viel über den Reifegrad dieses Teenager sagt. Nicht Sightseeing zählte, sondern die Konzentration auf die EM. Nur ein Beispiel, das zeigt, dass sie intellektuell deutlich weiter ist als Gleichaltrige. "Man kann mit ihr sprechen wie mit einem Erwachsenen", sagt ihr Verbandstrainer Martin Ostermann. Und wer mental weiter ist, der hat halt auch Vorteile an der Platte. "Sie ergibt sich nicht dem Frust und kann in Stress-Situationen sogar noch eine Schippe drauflegen", so Ostermann. Ansonsten punktet sie, weil sie den beidseitigen Topspin schon recht gut beherrscht.

Die Pause in Moskau jedenfalls hatte ihr gut getan, denn im Schülerinnen-Einzelturnier schlug sie erst Zelenova, dann im Viertelfinale ( "das war der Knackpunkt") die Spanierin Ramirez. Und das war die Medaille. "Ich hatte mir keinen Druck gemacht", sagt Fulya Özler. "Weiterkämpfen, weiterspielen" , so habe sie sich durchgebissen. Wobei gerade der Biss mit Bronze im Rücken danach gegen die Rumänin Dodean gefehlt habe.

Jetzt, so ist sie entschlossen, will die Backnangerin erst einmal in der Türkei die Schulferien genießen, zusammen mit Vater und Mutter (" ohne ihre Unterstützung hätte ich es nicht geschafft), mit Schwester Senem und Bruder Berkan, die auch beide bei der Sportvereinigung Neckarsulm spielen.