Problem: Gegner ändert im Spiel seine Taktik und ich verliere den Faden

[mg60]

Hallo Forum,

ich habe Ende letzten Jahres nach über 20 Jahren wieder mit TT angefangen und bin nun in der Vorbereitung der neuen Saison, in der ich wieder in einer Mannschaft spielen werde.

In den letzten 6 Wochen habe ich viele Trainingsspiele gegen Gegner gemacht, mit denen ich spielerisch mehr oder weniger auf Augenhöhe bin. Dabei fällt mir zunehmend auf, dass ich oft in den ersten beiden Sätze gut mithalte (und auch Sätze gewinne) und dann hinten raus untergehe, weil der Gegner seine Taktik ändert (z. B. variiert er seine Aufschläge plötzlich, was er vorher nicht gemacht hat; oder er zieht weiche Topspins statt harte; oder er spielt mich anders an). Ich habe dann einfach keine passende Antwort darauf, weil ich in dem Moment gar nicht realisiere, was gerade abgeht. Dann kommen einige Bälle nicht, ich werde unsicher und passiv und am Ende verliere ich klar. Hinterher wird mir dann oft klar, was passiert ist.

Kann man eine passende Gegenreaktion trainieren oder ist das alles eine Sache der Erfahrung? Wie geht ihr mit solchen Situationen um?

Momentan habe ich ein wenig Bedenken, ob mir das in der Meisterschaft auch passieren wird und ich dann eine dementsprechend schlechte Bilanz spielen werde.

Danke für Antworten,
mg60

[pibach]

Da hlft wohl nur mehr Ligaerfahrung, Turniere, allgemein unter Druck die Leistung abrufbar zu machen, das muss man üben.

[markx]

Ich würde auch sagen dass das eine Erfahrungs- und Spielpraxis-Sache ist.
Du spielst ja grade mal ein halbes Jahr wieder, und da hat man natürlich genug damit zu tun, sein eigenes Spiel auf die Reihe zu kriegen. Wer mit beiden Beinen fest im Spielbetrieb steht, ruft erstmal sein bewährtes Programm ab und hat nebenher dann mehr Ressourcen frei, darauf zu achten, wie denn der Gegner auf bestimmte Sachen reagiert, um die ein oder andere Schwachstelle zu entdecken (von denen es vermutlich bei dir auch tendenziell mehr gibt als beim Gegner) und dann auszunutzen.

Das wird dir sicher im Ligabetrieb am Anfang auch passieren - wahrscheinlich sogar vermehrt, weil die Drucksituation dazu kommt. Aber je mehr du spielst, desto stabiler wird dein Spiel werden (Bewegungsabläufe, Antizipation, Spielsicherheit...), und dann hast du auch mehr Möglichkeiten, diese Abläufe zu erkennen und etwas dagegen zu unternehmen, zB. selber die Schwachstellen des Gegners aufdecken oder eigene vermeiden (zB. durch Umlaufen, Platzierung o.ä.).
Viel Erfolg und hab etwas Geduld mit dir!

[Normi2013]

Ich habe das vor 12 Jahren auch schon mal durchgemacht und habe damals nach ca. 6 Jahren Pause wieder angefangen und nach einer Saison wieder aufgehört und vor 4 Wochen wieder angefangen.
Damals lief es erst in der Rückrunde einigermaßen rund. Im letzten Spiel ging es um den Aufstieg von der Bezirksklasse in Bezirksliga, da habe ich aber dann nichts anbrennen lassen

Davor war ich im Training relativ gut und im Wettkampf erreichte ich nur selten die Trainingsleistungen. Dazu kam noch, daß ich damals frischgeklebt (dazu mit neuem Material und mit unterschiedlichen Belägen experimentiert) habe.

Ich kann dir nur den Tipp geben im Training dein Spiel durchzuziehen auch wenn Du in manchen Sätzen keinen Ball triffst. Ansonsten trainieren, trainieren und nochmals trainieren. Im Wettkampf wird es garantiert noch schlimmer, so z.B. bei 10:10 im 5. Satz, da wird der Arm richtig schwer.

Ich mache momentan 1x Systemtraining und 1x freies Training i.d.Woche. Aktuell habe ich noch kein Match (bei weniger als 10 Matches) gewonnen. Gegner waren von Kreisliga A (Vorne) bis Verbandsliga. Am Anfang ging gar nichts, außer Vh/Vh oder Rh/Rh beim Einspielen.

Bei mir liegt momentan der Schwerpunkt im Training auf Technik und Beinarbeit. Dazu nach jedem Systemtraining Aufschlagtraining mit Balleimer.

Ich trainiere jetzt auch erstmal bis zur Rückrunde und steige dann wettkampfmäßig ein. Aber auch da rechne ich mit keiner guten Bilanz. Da muß man halt durch.

[mg60]

Erst einmal danke für die Aufmunterung. Womöglich mache ich mir tatsächlich jetzt schon zu viel Druck. Das kommt vielleicht auch dadurch, dass ich zu meinem Spiel viel positives Feedback von den Vereinskollegen bekomme, um dann trotzdem gegen diese unterzugehen...

Ich werde also weiter daran arbeiten, mir durch Spielpraxis entsprechende Routine aufzubauen. Und an einigen Schwächen arbeiten, insbesondere bei Aufschlag- Rückschlag loose ich im Trainingsspiel oft ab.

Was mich noch positiv stimmt, ist, dass ich in einer niedrigen Klasse unten anfange, wo hoffentlich der ein oder andere machbare Gegner dabei ist, so dass ich zumindest einige Spiele gewinnen werde.

Weitere Meinungen und Tipps sind natürlich willkommen.

P. S. was mir auch auffällt ist, dass die allermeisten Vereinskollegen praktisch bereits "ihr Leben lang" Tischtennis spielen. Zwar sind diese unterschiedlich aktiv, aber da hat sich offenbar eine unglaubliche Routine entwickelt.

[Posttt]

Locker rangehen und ordentlich trainieren ist wohl das einzige Rezept..., auch wenn das einfacher gesagt als getan ist.

Ich selber habe auch mal pausiert, allerdings nur ca. 4 Jahre, und habe zu Anfang gespielt wie ne Graupe.
Aber, nach und nach wurde es wieder besser, und ich prophezeie, das wird bei Dir auch so sein...

[Tansincos]

Ergänzend zu dem bisher gesagten möchte ich auch noch einwerfen, dass "spielerisch auf Augenhöhe sein" nicht bedeutet, dass man mit den Leuten auch leistungstechnisch auf Augenhöhe ist. Dazu zwei Punkte:
a) Es kann sein, dass du mit den Leuten gut mitspielen kannst (weshalb sie dich auch loben), aber diese ab einem gewissen Zeitpunkt einfach noch eine Schippe drauflegen können und dich dann relativ klar im Griff haben. Sprich: Während du am Limit spielst, haben deine Gegner noch ein paar Varianten, Aufschläge oder einfach Reserven, auf die sie zurückgreifen können. Ich erlebe das in Spiel und Training sehr häufig. Das kannst du aber mit Training gut dran arbeiten, weil mit zunehmender Praxis ja auch dein Niveau und die Zahl deiner Spielvarianten steigen.
b) Möglicherweise ist es auch einfach ein taktisches Ding. Wenn es drauf ankommt, können deine Gegner deine Schwächen anspielen, während du ihre noch nicht siehst. Das kann man auch mit Matchpraxis in den Griff bekommen. Alternativ kannst du auch versuchen, mal bewusst mit deinen Mitspielern über Taktikvarianten zu reden (wir coachen uns teilweise im Training gegenseitig, was wirklich viel bringt) oder dir einfach mal in den Pausen die Spiele anderer unter taktischen Gesichtspunkten anzuschauen.

[mg60]

@ Tansincos: auch Dir danke für Deinen Kommentar.

Zitat von Tansincos

Ergänzend zu dem bisher gesagten möchte ich auch noch einwerfen, dass "spielerisch auf Augenhöhe sein" nicht bedeutet, dass man mit den Leuten auch leistungstechnisch auf Augenhöhe ist.

Volle Zustimmung. Wollte auch nicht anmaßend erscheinen

Zitat von Tansincos

Dazu zwei Punkte:
a) Es kann sein, dass du mit den Leuten gut mitspielen kannst (weshalb sie dich auch loben), aber diese ab einem gewissen Zeitpunkt einfach noch eine Schippe drauflegen können und dich dann relativ klar im Griff haben. Sprich: Während du am Limit spielst, haben deine Gegner noch ein paar Varianten, Aufschläge oder einfach Reserven, auf die sie zurückgreifen können. Ich erlebe das in Spiel und Training sehr häufig. Das kannst du aber mit Training gut dran arbeiten, weil mit zunehmender Praxis ja auch dein Niveau und die Zahl deiner Spielvarianten steigen.

Ja, das kann schon sein. Die sind halt tatsächlich noch ein bißchen besser, weil sie mehr Varianten haben, die sie sich über die Zeit erarbeitet haben. Okay.

Zitat von Tansincos

b) Möglicherweise ist es auch einfach ein taktisches Ding. Wenn es drauf ankommt, können deine Gegner deine Schwächen anspielen, während du ihre noch nicht siehst. Das kann man auch mit Matchpraxis in den Griff bekommen.

Ist das nicht mehr oder weniger der gleiche Punkt wie oben? Wir alle haben ein gewisses Schlagrepertoire (das meine ich mit "spielerisch auf Augenhöhe"). Dieses aber auch im entscheidenden Moment abrufen zu können und damit die Schwachstellen des Gegners auszunutzen, ist wiederum eine andere Sache (nämlich das höhere Leistungsvermögen).

Egal, ich glaube, dass wir durchaus das gleiche meinen.

Zitat von Tansincos

Alternativ kannst du auch versuchen, mal bewusst mit deinen Mitspielern über Taktikvarianten zu reden (wir coachen uns teilweise im Training gegenseitig, was wirklich viel bringt) oder dir einfach mal in den Pausen die Spiele anderer unter taktischen Gesichtspunkten anzuschauen.

Genau das versuche ich auch. Der eine sagt mir freimütig, dass er halt ab dem dritten Satz immer mit Aufschlagvarianten gespielt hat, womit ich dann nicht mehr klar kam. Der andere sagt mit einem Augenzwinkern "das musst Du schon selbst herausfinden" (bezogen auf seine Taktik und Schwächen; ich bin mir sicher, dass er mir im Meisterschaftsspiel auch helfen würde).

Das sind übrigens genau die alten Hasen, die schon "ewig" TT spielen (> 30,40 Jahre). Die wenigen jüngeren Trainingspartner in meiner Leistungsklasse spielen eher ihren Stiefel durch und da kann ich tendenziell besser mithalten, obwohl die nach TTR tendenziell höher angesiedelt sind.

Schon interessant. Ich habe auf jeden Fall gehörigen Respekt vor meiner ersten Saison. Wird bestimmt einiges Lehrgeld zu zahlen sein...

[markx]

Zitat von mg60

Schon interessant. Ich habe auf jeden Fall gehörigen Respekt vor meiner ersten Saison. Wird bestimmt einiges Lehrgeld zu zahlen sein...

Das ist gut, wenn du dich da schonmal drauf einstellst.
Vor allem werden die Trainingsergebnisse nicht auf die Punktspiele übertragbar sein. Wie schon gesagt kommt erstens für dich der Druck hinzu, zweitens dass die neuen Gegner ggf. noch ganz andere Spielsysteme/Schlagvarianten haben als das, was du jetzt aus dem Training kennst, und drittens werden die Gegner einfach gnadenlos auf Sieg spielen (ich vermute mal, dass die jüngeren Trainingsgegner ihr Spiel eher nicht auf deine Schwächen umstellen/umstellen wollen und du deshalb besser mitspielen kannst; sei es, weil sie es nicht sehen/können, sei es, weil sie im Training lieber einen Partner haben, der einigermassen in den Ballwechseln mithalten kann).

[aleol]

Vieles, was gesagt wurde, sehe ich ähnlich, Du scheinst ja auch die richtige Einstellung mitzubringen, das auch akzeptieren zu können.

Manche Wiedereinsteiger kommen ja oft nicht damit klar, dass sie eben nicht gleich gegen durchgängig spielende Aktive gewinnen, obwohl diese ihnen technisch nicht besser vorkommen. aber mal ehrlich - irgendwas würde doch ganz schief laufen, wenn es keinen Vorteil brächte, durchgespielt, und nicht jahrelang pausiert zu haben.